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ADB:Ruprecht von der Pfalz (Pfalzgraf bei Rhein)

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Artikel „Ruprecht, Pfalzgraf“ von Eduard Heyck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 743–746, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ruprecht_von_der_Pfalz_(Pfalzgraf_bei_Rhein)&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 11:04 Uhr UTC)
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Ruprecht, Pfalzgraf, genannt der Cavalier, 18. December 1619 bis 29. November 1682. Geboren zu Prag wenige Wochen nach der Krönung seines Vaters, Friedrich’s V. von der Pfalz, zum König der Böhmen, und von letzteren freudig als Thronerbe begrüßt, wuchs R. in den Niederlanden heran – wo die Mutter, Elisabeth von England, auch nach dem frühen Tode ihres Gemahls, des „Winterkönigs“ (1632), ihren Wohnsitz behielt – und studirte zu Leyden, wobei er daneben mit besonderem Eifer Kriegswissenschaften und soldatische Vorbereitung trieb. In die Leibgarde seines Großoheims, Friedrich Heinrich’s von Oranien, eingetreten, machte er mit Auszeichnung den Spanierfeldzug von 1635 mit; in demselben Jahre noch begleitete er dann seinen älteren Bruder Karl Ludwig, den nachmaligen Kurfürsten, auf seiner für die Interessen des pfälzischen Hauses unternommenen Reise nach England an den Hof des Oheims, Karl’s I., wo der junge R. rasch besondere Sympathien fand, so daß, während Oxford ihn zum master of arts promovirte, der Erzbischof Laud ihn mit einem englischen Bisthum ausgestattet wissen, Lord Arundell ihm sogar die madagassische Expedition (die dann 1644 ausgeführt ward und völlig verunglückte) unterstellen wollte; Projecte, die leicht am Widerspruche Elisabeth’s [744] oder, ebenso wie auch der Gedanke einer Vermählung mit Margarethe v. Rohan, der Tochter des Hugenottenhauptes, am Widerstand des Prinzen selbst scheiterten. 1637 ungern aus England scheidend, nahm R. an der Belagerung von Breda theil und begab sich nach dessen Einnahme zu Karl Ludwig, der ein eigenes Corps von 1700 Mann geworben hatte und dem Bruder den Befehl über ein Cavallerieregiment übergab. Die durch schwedische Truppen auf 5000 Mann verstärkte pfalzgräfliche Schar begann die Feindseligkeiten gegen die von Kaiserlichen besetzten Plätze mit einer vergeblichen Wendung gegen Meppen und zog darauf vor Lemgo, das durch Ruprecht’s ungestüme Tapferkeit unmittelbar bei der Ankunft fast erobert worden wäre; als dann jedoch die Belagerung begann, mußten sich die Pfalzgrafen vor dem zum Entsatz heranziehenden Hatzfeld trotz mehrmaliger glücklicher Gefechte Ruprecht’s zurückziehen und wurden am 17. September bei Gohfeld völlig geschlagen, wobei R., bei der Unthätigkeit Karl Ludwig’s und der schwedischen Befehlshaber (Königsmarck, King) mit seinen Reitern der eigentliche Kämpfer, am Schlusse gefangen ward. Auf Befehl des Kaisers wurde er auf die Festung Linz gebracht, wo er, „jesuitenfest“, wie er auf der damals ersten reformirten Hochschule, zu Leyden, geworden war (anders wie später zwei seiner Geschwister) allen von Wien aus eingeleiteten Lockungen zum Katholicismus und zum kaiserlichen Dienst widerstand. Erst das Jahr 1641 brachte ihm Befreiung, woran neben anderen politischen Erwägungen Kaiser Ferdinand’s hauptsächlich Bemühungen des englischen Königs Antheil hatten, der sich für den bevorstehenden Kampf mit dem Parlament die Tüchtigkeit und den Arm Ruprecht’s sichern wollte. In England angelangt, erhielt R., nachdem er von Dover aus die Königin nach dem Continent geleitet, wo sie Kriegsmittel sammeln wollte, den Befehl über die Cavaliere, die berittenen Adlichen im königlichen Heere und ward nun in den Jahren bis zu Karl’s Unterliegen das eigentliche lebendige und treibende Element, die unbestreitbar bedeutendste Persönlichkeit in diesen Kämpfen: stets mit besonnenen Vorschlägen dem Könige zur Seite, bald rathend zu Kampf und schnellem Zuge, bald abmahnend von gefährlichen oder nutzlosen Unternehmungen, aber nur selten mit seinem Rath durchdringend (weil gegen ihn in seiner tapferen und unbekümmerten Art eine Hofclique zunächst die Königin gewann und auch des Königs Vertrauen ihm oft entfremdete); vom Parlament zum Verräther erklärt und in Flugschriften angefeindet; der Schrecken der Puritaner überall, wohin ihn und seine Reiter die unablässigen raschen und verwegenen Streifzüge führen; im Auflegen von Kriegscontributionen von Scrupellosigkeit oder Großmuth, je nach Befund, in buntem Wechsel geleitet; die feindlichen Lager als sein eigener Kundschafter in lustiger Verkleidung durchstreifend; in der Feldschlacht der unwiderstehliche Kämpfer, der jedesmal den Feind vor sich besiegt, aber gerade bei den wichtigsten Kämpfen (Edgehills oder Keinton; Marston-Moor; Naseby) zu spät von der Verfolgung des geschlagenen Theils zurückkehrt, um den Gesammtsieg der Königlichen noch zu ermöglichen. Erstaunlich ist es, wie eng die Tagesdaten seiner wichtigeren Unternehmungen in buntester Fülle sich aneinander reihen. Sein glänzendstes Jahr ist 1643, wo er Circencester einnimmt und so die Verbindung mit Wales herstellt, am 7. April Birmingham, am 16. April Lichfield (dieses mit erstmaliger Anwendung von Sprengminen auf englischem Boden) erobert, anfangs Juli die in Nordengland gelandete Königin unter größten Schwierigkeiten seitens des Parlamentsheeres unter Essex zu Karl geleitet (bei welcher Gelegenheit die Königin und er Shakespeare’s Haus zu Stratford am Avon besuchen), und dann im 27. Juli Bristol einnimmt. – Im J. 1645 am 12. September war R. in der Lage, Bristol an Fairfax und Cromwell übergeben zu müssen, was sein Verhältniß zum Könige, trotzdem letzterer das freisprechende kriegsgerichtliche Erkenntniß [745] bestätigte, zu einem sehr peinlichen machte; nichtsdestoweniger wollte R. des Königs Begleiter sein, als Karl sich den Schotten zu überliefern beschloß, und ging erst nach Karl’s Ablehnung nach Frankreich, in dessen Armee er dann den niederländischen Feldzug von 1647 mitmachte. Von dem jüngeren Karl, dem Prinzen von Wales, zum Admiral seiner Flotte ernannt, unternahm R., nach einem vergeblichen Versuche, die Flucht Karl’s I. von der Insel Wight zu ermöglichen, eine Expedition nach dem irischen Canal, dabei bedrängt von der Parlamentsflotte Blake’s, und begann sodann seine abenteuerlichen Corsarenzüge, die ihn nach Portugal und von da, wieder verfolgt von Blake, ins Mittelmeer nach Toulon und weiter an die Westküste Afrikas und nach Westindien führten und dazu dienten, aus dem Prisenerlös Karl (II.) die Mittel zur Fortsetzung des Kampfes zu liefern und die Fahne der Stuart’s auf den englischen Antillen zu vertreten. Nach schweren Unglücksfällen, die ihm auch seinen steten treuen Begleiter, seinen Bruder Moritz, raubten, gab R. 1653 diese Fahrten auf, begann, nach kürzerem Aufenthalte in Paris, wo er ostentativ gefeiert ward, ein Wanderleben an den europäischen Höfen, widerum im Interesse der Stuart’s, und ließ sich schließlich in Mainz nieder, nachdem ein Heirathsplan an der Weigerung Karl Ludwig’s – mit welchem er nie in herzlicherem Verhältniß gestanden – ihm ein pfälzisches Amt (Kaiserslautern) zu überlassen, gescheitert war, so daß der Prinz unvermählt blieb und nach Karl Ludwig’s Tode die Pfalz an die katholischen Neuburger kam. Im Winter 1659/60 nahm er im – oftmals früher abgelehnten – kaiserlichen Dienst am nordischen Kriege theil und leitete die Wegnahme der Schwedenschanze bei Warnemünde (10. März 1660). Die Restauration führte ihn wieder nach England, wo er, abgesehen von einigen diplomatischen Missionen für Karl II. nach Wien, als Gouverneur von Windsor im runden Thurme des Schlosses seinen technischen Lieblingsbeschäftigungen lebte. Als Erfindungen Ruprecht’s, der seit 1663 auch Mitglied der Royal Society war, werden u. a. bezeichnet: eine neue Mischung des Schießpulvers, eine Art Repetirgeschütz, Verbesserungen an hydraulischen Kraftmaschinen und im Gebrauch der Schiffsquadranten, sowie das nach ihm benannte Prinzenmetall. Auch Blätter in Mezzotintomanier, deren Erfindung ihm zugeschrieben wird, haben sich von R. erhalten. Die holländischen Seekriege führten ihn wieder unter die Waffen; er befehligte 1665 ein Geschwader in der siegreichen Schlacht gegen Wassenaar auf der Höhe von Lovestoff[WS 1], rettete im nächsten Jahre durch sein hülfreiches Erscheinen am dritten Tage Monk in der großen Seeschlacht[WS 2] vom 1. bis 4. Juni vor der Niederlage durch de Ruyter, van Tromp und Evertson, brachte am 25. Juli gemeinsam mit Monk de Ruyter auf der Höhe von New-Foreland zum Rückzuge, trieb 1667 vom Lande aus die Holländer aus der Themse- und Medwaymündung und lieferte 1673 in seinem letzten Commando als Oberbefehlshaber gegen die Holländer denselben die beiden unentschiedenen Schlachten dieses Jahres. Inzwischen hatte das von Grosseling ausgehende Hudsoncolonialproject erst durch Ruprecht’s Betheiligung seine bedeutsame und zukunftsreiche Ausgestaltung empfangen. Sonst lebte R. wieder in der Stille seinen Beschäftigungen mit Schwarzkunst, Mechanik, Chemie, correspondirte lebhaft mit seiner Schwester Sophie, der Gemahlin Ernst August’s von Braunschweig-Hannover und starb an der Brustfellentzündung am 29. November 1682. In Westminster wurde er begraben. Ein Sohn, den ihm die Tochter Lord Bellamont’s, Francisca, geboren hatte, Dudlay Bard nach dem mütterlichen Großvater genannt, und eine Tochter der Schauspielerin Hughes, mit Namen Ruperta, überlebten ihn; der erstere fiel 1686 im kaiserlichen Dienst gegen die Türken bei Ofen.

Vgl. Eliot Warburton, Memoirs of prince Ruprecht and the cavaliers. 3 Bde. London 1849 (andere (englische) Ausgabe in 1 Bd. Paris 1849), [746] eine die kurz zuvor zum Vorschein gekommenen umfänglichen Briefschaften und Tagebücher Ruprecht’s wiedergebende und durch darstellenden Text verbindende Publication, auf der alle weiteren Biographien Ruprecht’s beruhen, nämlich Coindet, Histoire du prince Rupert. Genf u. Paris 1851; A. v. Treskow, Leb. d. Prinzen Ruprecht von der Pfalz. Berlin 1854. Zweite Aufl. 1857, und K. v. Spruner, Pfalzgraf Rupert der Cavalier. (Festrede in der k. b. Akad. d. W.) München 1854.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. vergleiche: Wikipedia Seeschlacht bei Lowestoft
  2. vergleiche: Wikipedia Viertageschlacht