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ADB:Ruppius, Otto

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Artikel „Ruppius, Otto“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 715–716, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ruppius,_Otto&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:28 Uhr UTC)
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Band 29 (1889), S. 715–716 (Quelle).
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Ruppius: Otto R. wurde am 6. Februar[1] 1819 zu Glauchau als der Sohn eines Beamten geboren, der nach einigen Jahren nach Langensalza übersiedelte. Hier besuchte der Sohn die Schule und trat nach Beendigung der Schulzeit bei einem Kaufmann zu Erfurt in die Lehre. Er fand in seinem Berufe nicht die erhoffte Befriedigung, und als Vater und Principal ihn zwingen wollten, seine auf das Schöngeistige gerichteten privaten Beschäftigungen gänzlich aufzugeben, verließ er den Ladentisch und ging 1838 unter die Soldaten. Bald rückte er zum Regimentsschreiber auf. In dieser Stellung zeichnete er sich nicht nur durch Pünktlichkeit und Pflichttreue, sondern auch dadurch aus, daß er die Leitung aller festlichen Arrangements in die Hand nahm und mit dem ihm eigenen geselligen Talent stets zu allseitiger Zufriedenheit durchführte. Daneben durfte er ungehindert seiner alten Neigung zur Schriftstellerei huldigen, und so entstand sein „Taschenbuch für den preußischen Infanteristen“ (1841). Aber auch das Soldatenleben befriedigte ihn auf die Dauer nicht. Er ging nach Beendigung seiner Dienstzeit nach Langensalza zurück, wurde Buchhändler und siedelte, nachdem er genügende Kenntnisse in seinem Fache gesammelt, 1845 nach Berlin über, wo er noch in demselben Jahre den „Norddeutschen Volksschriftenverein“ gründete und ein Jahr später sich verheirathete. Nach dem Ausbruch der Revolution 1848 erschien in seinem Verlage und von ihm redigirt „Die Bürger- und Bauernzeitung“. Infolge eines Artikels, den dieses Blatt über die Auflösung der preußischen Nationalversammlung (November 1848) gebracht, ward R. zu neunmonatlicher Festungshaft verurtheilt, der er sich aber durch schleunige Flucht nach Amerika entzog (1849). Die Musik, die er von Jugend auf mit Dilettantenwärme getrieben, mußte ihm hier zunächst eine Quelle des Erwerbes werden: er ließ sich als „Professor der Musik“ in Nashville (St. Tenessee) nieder, das er aber des ihm nicht zusagenden Klimas wegen kurz nach der Wiedervereinigung mit seiner Familie 1851 mit Louisville (St. Kentucky) vertauschte. Hier gelang es ihm, sich großen Ruf als Musiklehrer, als Concertgeber, ja selbst als Orchesterdirigent zu erwerben und sich zu einigem Wohlstande emporzuschwingen. Da vernichtet eine Feuersbrunst sein Besitzthum und macht ihn wieder zum armen Manne. Er wandte sich 1853 nach Milwaukee (St. Wisconsin) und betrat nun wieder die schriftstellerische Laufbahn. Gleich sein erstes Erzeugniß, „Waldspinne. Ein Genrebild aus dem Südwesten“ (1856) machte ihn so vortheilhaft bekannt, daß er in die Redaction der „New-Yorker Staatszeitung“ berufen ward. Doch kehrte er schon 1855 nach Milwaukee zurück und gründete hier das Unterhaltungsblatt „Westliche Blätter“, das er 1859 nach St. Louis (St. Missouri) verlegte. Inzwischen waren seine beiden Romane „Der Pedlar“ (1857) und dessen Fortsetzung „Das Vermächtniß des Pedlars (1859) erschienen, die wohl seine bedeutendsten Leistungen genannt werden müssen. In ihnen schildert R. in spannender Weise „die Schicksale eines jungen Deutschen in Amerika; beide Romane sind durch die glücklich erdachten Motive und die ebenso glückliche Lösung der als unlösbar erscheinenden Verwickelungen von der höchsten Wirkung“. Der amerikanische Bürgerkrieg drohte die Existenz Ruppius’ aufs neue zu gefährden. Da aber inzwischen in Preußen die Amnestie [716] erfolgt war, so verließ R. mit seiner Familie den amerikanischen Boden und steuerte der Heimath zu. In Leipzig fand er als Mitarbeiter der „Gartenlaube“ eine lohnende Beschäftigung, da dieses Blatt eine Reihe seiner Erzählungen, Lebens- und Genrebilder aufnahm. Aber bald siedelte er nach Berlin über, trat mit Franz Duncker in Verbindung und gründete als litterarisches Beiblatt zu dessen „Volkszeitung“ das noch jetzt erscheinende „Sonntagsblatt für Jedermann aus dem Volke“. Damit hatte er sich eine gesicherte Existenz geschaffen. Nur sollte er sie nicht lange genießen, da ein früher Tod ihn schon am 25. Januar[2] 1864 von hinnen rief: in selten rastender Thätigkeit hatte er seine Kräfte erschöpft. Die Früchte dieser Thätigkeit waren in der That erstaunlich, da wir derselben noch folgende Werke verdanken: „Geld und Geist. Roman“ (1860) – „Der Prairie-Teufel. Roman“ (1861) – „Genrebilder aus dem amerikanischen Leben“ (1861) – „Im Westen. Erzählungen aus dem amerikanischen Leben“ (II, 1862) – „Aus dem deutschen Volksleben“ (II, 1862) – „Ein Deutscher. Roman aus der amerikanischen Gesellschaft“ (1862) – „Südwest. Erzählungen aus dem deutsch-amerikanischen Leben“ (1863) – „Zwei Welten. Roman“ (1863). Alle diese Arbeiten, die vorwiegend amerikanische Verhältnisse schildern, zeugen von einer reichen Erfindungs- und gewandten Darstellungsgabe. Die landschaftlichen Gemälde sind nicht nur mit lebhafter Phantasie, sondern auch mit kundiger Hand entworfen, die Charaktere und Thatsachen geschickt gruppirt; und wäre es R. vergönnt gewesen, noch einige Jahrzehnte schaffen zu können: er hätte sich für immer einen Platz in unserer Litteratur gesichert. Eine Ausgabe seiner „Gesammelten Werke“ erschien 1874 in 6 Bänden und enthält noch verschiedene, früher hier und da zum Abdruck gelangte Erzählungen.

Sonntagsblatt für Jedermann aus dem Volke. Jahrg. 1864, S. 228.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 715. Z. 9 v. o. l.: „1. (statt 6.) Februar“. [Bd. 33, S. 798]
  2. S. 716. Z. 8 v. o. l.: „25. Juni“ (statt Januar). [Bd. 33, S. 798]