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ADB:Rotenbucher, Erasmus

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Artikel „Rotenbucher, Erasmus“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 297, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rotenbucher,_Erasmus&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:24 Uhr UTC)
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Rotenbucher. Erasmus R., aus Baiern gebürtig und Mitverweser der Schule St. Egidien in Nürnberg, in der Mitte des 16. Jahrhunderts lebend,[WS 1] muß ein großer Musikliebhaber und Kenner gewesen sein, denn er gab zwei große Sammelwerke heraus, das eine mit geistlichen, das andere mit weltlichen Gesängen. Die Sammelwerke müssen wohl aus Anlaß von geselligen Zusammenkünften entstanden sein, sonst wären sie nicht beide auf die Anzahl von zwei Stimmen beschränkt, also für Tenor- und Baßsänger. Die Sammlung geistlicher Gesänge trägt den Titel: „Diphona amoena et florida; selectore Erasmo Rotenbuchero, Boiaro“ und erschien in der Nürnberger Buchhandlung und Notendruckerei von Joh. Berg und Ulrich Neuber 1549. (Exemplare in Zwickau, München und Göttingen.) Sie besteht aus zweistimmigen Messentheilen, Motettensätzen, Magnificatsätzen u. a. von den bedeutendsten Componisten der Vorzeit und Gegenwart, wie Senfl, Bruck, Obrecht, Isaac, Okeghem, Brumel, Larue u. a. Die zweite Sammlung besteht aus weltlichen deutschen Liedern ernsten und heiteren Charakters, französischen Liebesliedern und Kirchenliedern, betitelt: Bergkreyen: Auf zwo stimmen componirt, sampt etlichen dergleichen Franckreichischen gesenglein, allen Edlen Musikliebhabern in druck geordnet. 1551 bei denselben Verlegern herausgegeben. (Exp. in Heilbronn, Zwickau und Augsburg.) Unter Bergkreyen (Bergreihen) verstand man einstmals Tanzlieder, doch zur Zeit Rotenbucher’s muß der eigentliche Sinn der Bezeichnung schon unbekannt gewesen sein, denn man bezeichnete damals, wie der oben verzeichnete Inhalt beweist, die verschiedensten Lieder mit geistlichen und weltlichen Texten damit. Die meisten Lieder tragen keinen Autor, nur wenige sind mit den Componistennamen Erich, Fortius, Heller, Rephun, Schwartz und Stoltzer gezeichnet. Der zweistimmige Satz, in dem beide Liederbücher stehen, unterscheidet sich von der heute gebräuchlichen Art wesentlich. Während man jetzt die zweite Stimme nur begleitend behandelt und meist in Consonanzen mit der Oberstimme gehen läßt, stehen im alten Tonsatze die beiden Stimmen sich ebenbürtig gegenüber; selbst wenn die eine Stimme, gewöhnlich die tiefere, eine Volksweise singt, so tritt die andere nicht nur nachahmend hinzu, sondern entwickelt selbständig einen melodischen Gesang, der ebenso gut als eine Melodie für sich gelten könnte. Daß man sich einst in geselligen Kreisen an solchen kleinen Kunstschätzen erbauen und sie zum Vergnügen absingen konnte, beweist einen hohen Grad von musikalischer Bildung und musikalischem Kunstverständniß. Wie tief ist dagegen heute in unseren geselligen Kreisen die musikalische Bildung gesunken, die sich kaum zur gewöhnlichsten modernen Zweistimmigkeit erheben kann.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Erasmus Rotenbucher, auch Rothenpucher, Rottenbücher (eigentlich Haunreuter, Hannreither, Haureuther), geboren um 1525 in Braunau am Inn (damals zu Bayern gehörig); gestorben 13. (?, begraben 15.) Juli 1586 in Nürnberg