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ADB:Riedel, Joseph Gottfried von

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Artikel „Riedel, Joseph Gottfried Ritter von“ von Melchior Josef Bandorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 525–526, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riedel,_Joseph_Gottfried_von&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:23 Uhr UTC)
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Riedel: Joseph Gottfried Ritter v. R., Irrenarzt, geboren am 17. Januar 1803 zu Friedland in Böhmen, † am 7. November 1870 zu Wien. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, sein Vater war Tuchmacher, mußte er sich seinen Unterhalt auf der Prager Hochschule, welche er 1822 nach Absolvirung des dortigen Kleinseiter Gymnasiums bezogen hatte, zum größten Theil selbst erwerben, indem er neben dem Studium der Medicin sich mit Unterrichtgeben beschäftigte. 1828 kam er als Secundärarzt an die Landesirrenanstalt und im folgenden Jahre als Assistent zum Ophthalmologen Fischer. Als er 1830 die Doctorwürde erlangte, verwerthete er in seiner Inauguraldissertation (Prags Irrenanstalt und ihre Leistungen in den Jahren 1827, 1828 und 1829, nebst den Anzeigen zur Einsendung in die öffentliche Anstalt, den Bedingungen zur Aufnahme in dieselbe, der Art der Transportirung und der Behandlung der genesenen Geisteskranken) die Beobachtungen und Erfahrungen, welche er in seiner Stellung als Secundärarzt gesammelt hatte. Der Ausbruch der Cholera in Galizien und deren spätere Ausbreitung nach Böhmen nahm seine Thätigkeit zunächst in anderer Richtung in Anspruch, zuerst als Chefarzt des größten Lazareths in Lemberg, dann als technischer Commissär bei der Errichtung von Contumazanstalten in Böhmen und bei Einleitung der sanitätspolizeilichen Maßregeln daselbst. Nach dem Erlöschen der Epidemie, über welche er die in Galizien gemachten Beobachtungen in einer Monographie („Die asiatische Brechruhr nach [526] den in Galizien gemachten Erfahrungen und Beobachtungen“, Prag 1832) veröffentlicht hatte, fungirte er weiter als Kreisarzt, bis er 1837 als Primararzt an die Prager Irrenanstalt berufen wurde. Unter seiner Direction und seinem wesentlichen Eingreifen vollzog sich die Trennung dieser Anstalt von dem allgemeinen Krankenhause, sowie die Erbauung der neuen und die Umgestaltung der alten Anstalt. Im J. 1851 nach Wien berufen, leitete er auch den Neubau und die Einrichtung der 1853 eröffneten Landesirrenanstalt. Gleichzeitig wurde er mit dem Referate über Irrenangelegenheiten in der zum Ministerium des Innern ressortirenden Organsisirungs-, später ständigen Medicinalcommission betraut, in welcher Eigenschaft er maßgebenden Einfluß auf die Erbauung einer großen Reihe von österreichischen Anstalten ausübte. Mit dieser äußeren Umgestaltung des österreichischen Irrenwesens ging auch die innere Reform in den Anstalten nach den Grundsätzen der Humanität und Wissenschaft Hand in Hand. Die Einführung praktischer Vorträge über Psychiatrie verdankt Oesterreich ebenfalls R., so daß er mit Recht als Reformator des Irrenwesens daselbst bezeichnet werden darf. Auch außerhalb Oesterreichs wurde er wiederholt zur Begutachtung von Neubauten beigezogen. Neben anderen reichlichen Anerkennungen seines verdienstvollen Wirkens wurde er 1868 durch die Erhebung in den erbländischen Ritterstand ausgezeichnet.

Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, 26. Theil S. 95.