ADB:Riccio, Theodor
Georg Friedrich von Brandenburg in Ansbach an seinen [409] Hof berufen habe, um seiner Musikcapelle als Capellmeister vorzustehen, und daß dies die ersten Gesänge seien, die er in Deutschland componirt habe. Markgraf Georg Friedrich war bekanntlich zum Vormund seines geistesschwachen Vetters Albrecht Friedrich von Preußen erwählt worden, und erhielt 1577 von König Stephan von Polen die vormundschaftliche Regierung Preußens nebst dem Herzogstitel; 1578 erfolgte in Warschau die Belehnung mit Preußen. R. folgte nun mit der Capelle seinem Herrn nach Königsberg in Preußen und zwar können wir dies erst im J. 1579 documentarisch nachweisen, während er 1586 wieder in Ansbach lebte und nach 1590 auch dort gestorben zu sein scheint, denn sein letztes Werk ist in Ansbach 1590 datirt. Noch besitzen wir zwei Documente über ihn, die im königl. geh. Archive in Königsberg aufbewahrt werden. Das eine stammt vom 30. Juli 1585, in welchem ihm der Herzog eine Bestallung auf Lebenszeit mit jährlich 360 Gulden, freier Wohnung und zwei Kleidern ausstellt und das zweite betrifft seine zweite Verheirathung am 14. November 1585 mit „Barbara, Bartholomei Schultzen seligen Mitbürgern in der Altenstadt (Königsberg) nachgelassenen Frau“. Aus dem ersteren Document (mitgetheilt Monatsh. f. Musikgesch. Bd. XII, S. 137) erfahren wir noch, daß R. zur protestantischen Kirche übergetreten ist und daß dies den Herzog ganz besonders dazu bewogen hat, ihn an sich zu fesseln, denn er schreibt „fürnemlichen aber aus folgenden bewegenden Ursachen, daß er, Capellmeister Theodor Riccio, aus Geher (Begehren) Göttliches Worts und Anregung des hlg. Geistes von dem abgöttischen antichristischen Irrthum zur unserer christlichen, reinen, wahren, heiligen evangelischen Lehre augsburgischer Confession gewendet und vermittelst Göttlicher Verleihung dabei christlich, beständig zu leben und zu sterben mit Mund und Hertz zugesagt habe“. Dieser Uebertritt kann nicht lange vor 1585 stattgefunden haben, denn obiges Schreiben ruft den Eindruck eines eben Geschehenen hervor. Am 30. Juli erhielt R. das Schreiben und am 14. November verheirathete er sich in Königsberg, sodaß der Religionswechsel wol theilweise zu Liebe seiner künftigen Frau erfolgt ist. Der Herzog suchte seinem Capellmeister aber auch in anderer Weise das Leben zu erleichtern, indem er ihm 1581 den bekannten und später berühmten Johann Eccard zum Untercapellmeister gab, der wol den Knabenunterricht und manches andere lästige Geschäft übernahm. Riccio’s Compositionen sind noch wenig bekannt und kann ich nur aus etwa sechs Motetten, die mir in Partitur vorliegen, einen Schluß auf seine Leistungen machen. Diese Motetten sind aber so schön, die wirklich feierliche Stimmung ist so vortrefflich getroffen, und das Anschwellen und Verklingen der Stimmen so meisterlich, daß man seine Compositionen zum Schönsten rechnen muß, was die alte Zeit leistete.
Riccio: Theodor R., ein bedeutender Componist des 16. Jahrhunderts, der den schönen Süden mit dem rauhen Norden vertauscht hat, um seiner Kunst so recht zu dienen. Sein Lebensgang ist in den Musiklexicis ganz irrig dargestellt und es ist hier nicht der Ort, die nochmaligen Beweise anzutreten, nachdem sie in den Monatsheften für Musikgeschichte Bd. XII und Bd. XIV klar dargelegt sind. Demnach war er in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Brescia in Italien geboren, wie sich aus der Beifügung der Worte „Bresciano Italiano“ zu seinem Namen schließen läßt und bekleidete 1567 den Capellmeisterposten an der Kirche Santo Nazaro in seinem Geburtsorte. Hier gab er in dem genannten Jahre sein erstes Werk heraus, eine Sammlung fünfstimmiger Madrigale, die er dem „Comiti Alfonso Capreolo“ widmete, denen in demselben Jahre noch eine Sammlung Madrigale zu sechs Stimmen folgte. Beide Drucke finden sich in der königl. Staatsbibliothek in München, doch vom letzteren nur die Baßstimme. Die nächste Nachricht über ihn erhalten wir erst neun Jahre später, nachdem seine Uebersiedelung nach Deutschland stattgefunden hat; wir erfahren aus der Dedicationsschrift des 1576 in Nürnberg erschienenen Motettenwerkes, daß ihn der Markgraf