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ADB:Reicherstorffer, Georg

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Artikel „Reicherstorffer, Georg“ von Friedrich Teutsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 678–679, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reicherstorffer,_Georg&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:59 Uhr UTC)
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Reicherstorffer: Georg R., geb. in Hermannstadt, – das Geschlecht stammte aus dem sächsischen Ort Reichesdorf – doch läßt das Jahr der Geburt sich nicht feststellen. In den Jahren 1522–25 war er Hermannstädter Rathsschreiber und trat 1525 in den Dienst der Königin Maria von Ungarn. Als ihr Gemahl, König Ludwig II. 1526 bei Mohatsch das Leben verloren, ging er in den Dienst Ferdinand’s über, der auf Grund von Erbverträgen, die der ungarische Reichstag anerkannt hatte, die ungarische Krone in Anspruch nahm. Im J. 1527 zum königl. Secretär und Rath erhoben, sandte Ferdinand 1528 ihn nach Siebenbürgen, zu dem Zweck, in dem Bürgerkrieg, der durch Joh. Zapolya’s Königswahl ausgebrochen, für Ferdinand Stimmung zu machen und insbesondere die Sachsen in der Treue gegen Ferdinand zu befestigen. Außerordentlich rührig hat er in Wort und Schrift und selbst mit bewaffneter Hand im Sinn jenes Auftrags gearbeitet und es gelang ihm, insbesondere Kronstadt für Ferdinand zu gewinnen, dem dann auch das übrige Sachsenland folgte. Doch war das Land nicht zu halten, Zapolya wurde nach langem Thronkampf als König anerkannt. In den Jahren 1530 und 1531 lebte R. in Olmütz, fortwährend Berather Ferdinand’s in den siebenbürgischen Angelegenheiten, zugleich bemüht, für die großen Opfer, die er im Dienst Ferdinand’s gebracht, eine Entschädigung zu erlangen. Im J. 1534 sandte Ferdinand ihn in die Moldau, zum Zweck eines Bündnißabschlusses mit dem Woiwoden Peter. Dieser wurde in der That bewogen, das Bündniß eingehen zu wollen, doch ließ dann Ferdinand selbst den Gedanken fallen, um nicht mit der Pforte in neuen Zwist zu gerathen. Die nächsten Jahre in Ofen und Olmütz zu Hause, überraschte ihn 1543 die [679] Nachricht, daß er aus seinem Staatsdienst (er hatte bei der Kammer eine Stellung erhalten) entlassen sei. Tiefgekränkt beschwert er sich bei Ferdinand: es sei kränkend für ihn, er sei arm, die ihm in Siebenbürgen geschenkten Güter habe er verloren; solle er seinen Dienst verlieren, so möge doch nicht eine Form gewählt werden, die ihn als vom Hof verwiesen erscheinen lasse; zugleich bitte er um Auszahlung dessen, was man ihm schuldig sei. Im J. 1550 lebte er noch in Wien; wo und wann er gestorben, ist unbekannt. Im Zusammenhang mit der politischen Thätigkeit Reicherstorffer’s steht seine schriftstellerische Arbeit. Es sind eine ganze Anzahl Berichte von ihm erhalten über die erstere. Sie sind als historische Quellen nur sehr vorsichtig zu gebrauchen. Aus dem Bestreben, sich in den Vordergrund zu stellen, seine Arbeit als erfolgreich erscheinen zu lassen, fließen allerlei Unrichtigkeiten. Bedeutender ist seine Chorographie der Moldau und Siebenbürgens. Die erste erschien 1541 in Wien bei Singrenius, die andere 1550 in Wien bei Egidius Aquila. Auf eigner Kenntniß beruhend, ist die letztere insbesondere ein außerordentlich werthvolles Werk, welches sowohl die humanistische Gedankenwelt des Schreibers wie die politische Lage des Landes und die Ziele Ferdinand’s erkennen läßt. Die 2. Ausgabe (Köln 1595) hat auch eine Karte Siebenbürgens, wahrscheinlich die des Sambucus. Die Chorographie Siebenbürgens von R. hat Jahrhunderte lang spätern Geographen als Quelle gedient: Ortelius kennt sie, Mercator ist in Bezug auf Siebenbürgen zum Theil auf R. aufgebaut.

Trausch, Schriftstellerlexikon III S. 86. – J. K. Schuller, G. Reicherstorffer und seine Zeit (Archiv f. Kunde österr. Geschichtsquellen XXI. Band). – Fr. Teutsch: Drei sächsische Geographen des 16. Jahrhunderts (Arch. des Ver. f. siebenb. Landeskunde XV, 613 f.)