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ADB:Reccard, Christian

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Artikel „Reccard, Christian“ von Ernst Wilhelm Förstemann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 490–492, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reccard,_Christian&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:38 Uhr UTC)
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Reccard: Gotthilf Christian R. wurde zu Wernigerode, wo sein Vater Johann Philipp R. damals Diaconus war, am 13. März 1735 geboren. Bis zum siebzehnten Jahre besuchte er das Lyceum seiner Vaterstadt, welches von dem hochverdienten strengen Rector H. K. Schütze geleitet wurde. Im Jahre 1752 siedelte er auf das Pädagogium zu Kloster Bergen bei Magdeburg über. Unter den dortigen Lehrern hat namentlich Joh. Jesaias Silberschlag auf ihn Einfluß gewonnen und ihm seine eigene, die Theologie mit der Naturwissenschaft apologetisch verbindende Richtung gegeben; merkwürdigerweise war [491] auch das spätere Lebensschicksal beider ein ähnliches, indem der Lehrer in zwei Aemter einrückte, die der Schüler bereits vor ihm bekleidet hatte. Da er sich für die theologische Laufbahn entschieden hatte, so war für R. die Wahl der Universität, wie damals die Verhältnisse lagen, fast selbstverständlich; er studirte zu Halle von 1754 bis 1758. Da schon hier seine geistige Bedeutung von einflußreichen Personen erkannt worden war, so brauchte er nach vollendetem Studium nicht in die Heimath zurückzukehren, sondern konnte sofort einen ehrenvollen Ruf an die Realschule zu Berlin annehmen, wo ihm auch die Aufsicht über die Bibliothek und, seinen naturhistorischen Neigungen entsprechend, die über das Naturalien- und Kunstcabinet, sowie über die Sammlung von Maschinen und Modellen übertragen wurde. Im Jahre 1762 wurde er Prediger an der Dreifaltigkeitskirche und zweiter Inspector der Realschule. Bald darauf machte er aus Gesundheitsrücksichten und zu seiner weiteren wissenschaftlichen Ausbildung eine zweimonatliche Reise durch Sachsen und Franken, auf welcher er namentlich die Bergwerke des Harzes besuchte. Da der Berliner Realschule von Seiten des Publicisten J. G. Groß, Redacteurs der Erlanger Zeitung, eine große Schenkung zugefallen war, wurde er im Jahre 1765 zur Erledigung der damit zusammenhängenden Geschäfte nach Erlangen und Nürnberg geschickt und knüpfte daran eine litterarische Reise nach Frankreich, England und Holland, wobei er sich namentlich in Straßburg, Paris, London, Amsterdam und Leyden aufhielt. Kaum nach Berlin zurückgekehrt, erhielt er wiederum einen Ruf und zwar als ordentlicher Professor der Theologie an die Universität zu Königsberg und zugleich als Pfarrer der Sackheimischen Gemeinde daselbst. Im Jahre 1766 wurde er, 31 Jahre alt, Doctor der Theologie, 1767 Oberpfarrer, 1772 Consistorialrath und endlich 1775 Director des einen der Königsberger Gymnasien, des Collegium Fridericianum. Dieser Anstalt hat er dann noch in rüstigem Wirken 23 Jahre lang vorgestanden, bis er am 3. October 1798 starb. Unter seinen Schriften ist die allgemeinste und am meisten anerkannte sein „Lehrbuch, darin ein kurzgefaßter Unterricht aus verschiedenen philosophischen und mathematischen Wissenschaften, der Historie und Geographie gegeben wird“; dieses Werk erschien zuerst zu Berlin 1765, in sechster Auflage ebenda 1782; auch der gleichzeitig aus diesem Lehrbuche veranstaltete und für Landschulen bestimmte Auszug erlebte im Jahre 1783 die vierte Auflage. Seine rein theologischen Schriften beschränken sich im Wesentlichen auf eine Anzahl Predigten, die hier nicht im Einzelnen erwähnt werden können; außerdem ist etwa zu nennen sein „Programma de evangelio in universo terrarum orbe divulgando“, Regiomonti 1776. Andere Abhandlungen zeigen seine Neigung, seine astronomischen Kenntnisse auf theologischem Gebiete zu verwerthen. Dahin gehören folgende: „Programma de stella, quae Magis nato Christo apparuit“, Regiom. 1766; „Dissertatio I et II de notione immensitatis Dei contemplatione magnitudinis mundi“, ebendaselbst in demselben Jahre; „Programma in rationes et limites incertitudinis circa tempus nativitatis Christi inquirens“, ebendaselbst 1768; „De noviluniis“, ebendaselbst 1772; „De fuga infantis Jesu in Aegyptum“, ebendaselbst 1780; „De neomenia Judaeorum paschali“ etc. Rein astronomischen Inhalts sind dagegen: „Abhandlung von der Entdeckung eines Trabanten der Venus, aus dem Französischen übersetzt mit Anmerkungen“, Berlin 1761; „Abhandlung von der großen Sonnenfinsterniß, die sich im Jahre 1764 ereignen wird“, Berlin 1763; zweite, sehr vermehrte Ausgabe nebst einem Anhange, „darin neun Mondfinsternisse und alle sichtbaren Finsternisse der Jupitertrabanten desselben Jahres, desgleichen alle künftigen Sonnen- und Mondfinsternisse dieses Jahrhunderts berechnet werden“, Berlin 1764; „Beobachtungen der Sonnenfinsterniß des 1. April 1764, ingleichen der Mondfinsterniß den 17. März dieses Jahres, [492] nebst den daraus hergeleiteten Schlüssen“, Berlin 1764. Außerdem veröffentlichte er mehrere astronomische Wahrnehmungen in den Leipziger „actis eruditorum“, sowie verschiedene Abhandlungen in deutschen und französischen Zeitschriften. Für seinen Charakter spricht es, daß er, nachdem sein Bruder Johann Friedrich R. 1763 als praktischer Arzt in Wernigerode gestorben war, eine „Nachricht vom Leben und Tode“ desselben zu Berlin 1764 herausgab.

Goldbeck, litterarische Nachrichten von Preußen, Berlin 1781, S. 101–104. – Denina, la Prusse littéraire sous Fréderic II. Berlin 1791. – Keßlin, Nachrichten von Schriftstellern und Künstlern der Grafschaft Wernigerode. Magdeburg 1856.