ADB:Rambach, Johann Jakob (lutherischer Theologe)
lutherischer Schulmann und Geistlicher, Sohn von Friedrich Eberhard R. I († 1775 als Oberconsistorialrath zu Breslau), wurde am 28. (nach andern am 27.) März 1737 zu Teupitz in der Mittelmark geboren, wo sein Vater damals Pastor war. Seine Vornamen erhielt er nach seinem zwei Jahre vor seiner Geburt verstorbenen berühmten Verwandten (s. o. S. 196). Nach kurzem Aufenthalt in Halle a./S. kam sein Vater im J. 1745 nach Magdeburg, und hier besuchte unser R. seit 1749 das Pädagogium U. L. Frauen, bis er im J. 1754, erst 17 Jahre alt, die Universität Halle zum Studium der Theologie bezog. Dort schloß er sich namentlich Siegmund Jakob Baumgarten (s. A. D. B. II, 161) an; außer diesem waren besonders Christian Benedict Michaelis (s. A. D. B. XXI, 676 f.) und Johann Salomo Semler († 1791) seine Lehrer. Im J. 1759 ward er Lehrer am Pädagogium U. L. Frauen zu Magdeburg, 1760 ebenda Rector, 1765 Rector des Gymnasiums in Quedlinburg, 1774 (? 1773) Oberprediger zu St. Nicolai daselbst und am 21. Mai 1780 ward er zum Hauptpastor zu St. Michaelis in Hamburg erwählt, als Nachfolger von Georg Ludwig Herrnschmid (s. A. D. B. XII, 222), in welcher Stellung er bis zu seinem Tode im J. 1818 verblieb. Mehrere andere Berufungen, wie z. B. die in die Stelle eines Generalsuperintendenten und Professors der Theologie nach Königsberg, hat er abgelehnt. R. hat sich sowohl im Schulamt als im Pfarramt als ein Mann von ausnehmender Tüchtigkeit und Festigkeit bewährt. Namentlich als Rector in Quedlinburg, welche Stellung er als 28jähriger erhielt, hat er sich große Verdienste erworben; es gelang ihm, eine völlig verfallene Schule in Hinsicht auf Disciplin und Leistungen schnell umzuwandeln, wobei der Erfolg ausdrücklich dem Zauber seiner Persönlichkeit zugeschrieben wird. Auch als Prediger hatte er großen Ruf; nur diesem hatte er, der in Hamburg völlig unbekannt war, die Berufung in die dortige Stellung, die damals als besonders ehrenvoll galt, zu verdanken; das Zeugniß, das ihm von Quedlinburg aus auf Anfrage aus Hamburg ertheilt wurde, rühmt neben äußeren Gaben für die Kanzel vorzüglich seine Rechtschaffenheit und Lauterkeit. R. war aber außerdem ein gründlicher Gelehrter; sowohl in der Theologie als auf den Gebieten der Philosophie, Geschichte und Litteraturgeschichte besaß er ungewöhnliche Kenntnisse. Seine kirchliche Stellung war in allem Wesentlichen und soweit es zu seiner Zeit möglich war, die der lutherischen orthodoxen Lehre, so daß er sich [202] in bewußtem Gegensatze zu den meisten seiner Zeitgenossen befand. In seinem hohen Alter bereitete es ihm eine ganz rührende Freude, als er einmal wieder einen Candidaten (es war Joh. Wilh. Rautenberg, vgl. unten den Artikel) sprach, der sich aus voller, freudiger Seele zum Glauben an Jesum Christum bekannte. – Am 10. April 1801 ward R. Senior des hamburgischen Ministerii und in Folge davon ernannte ihn am 21. Mai desselben Jahres die theologische Facultät in Halle zum Doctor der Theologie. In den folgenden Kriegsjahren, namentlich während der Belagerung Hamburgs, hatte auch er viel zu leiden; nach der zweiten Besetzung Hamburgs durch die Franzosen im J. 1813 ließ er sich von seinen Freunden sehr gegen seinen Willen dazu bewegen, um sich den Verfolgungen zu entziehen, denen er als ein hervorragender Patriot ausgesetzt war, die Stadt zu verlassen; doch kehrte er schon nach wenigen Tagen wieder zurück. Im J. 1814 konnte er das Fest der Befreiung Hamburgs feiern; er hat dann noch an der weitern Entwicklung der Dinge Antheil genommen, aber nur mit schon gebrochenen Kräften. Auch sein Landaufenthalt in Ottensen brachte ihm nur auf kurze Zeit Erholung; doch hatte er noch die Freude, am 18. October 1817 in seiner Kirche die neuen Fahnen für das hamburger Bürgermilitär einweihen zu können. Er starb zu Ottensen am 6. August 1818. – R. war zweimal verheirathet gewesen; seine zweite Frau, welche die Schwester der ersten war (sie waren Töchter des Oberhofpredigers Boysen in Quedlinburg), soll die Verfasserin der anonym erschienenen Schrift „Betrachtungen über Erziehung der Söhne und Töchter“, Halle 1779, Gebauer, sein. Aus beiden Ehen hatte R. Kinder; vgl. oben Friedrich Eberhard R. II und August Jakob R.
Rambach: Johann Jakob R. II.,- August Jakob Rambach, Johann Jakob Rambach … nach seinem Leben, Charakter und Verdienst geschildert. Hamburg 1818. – Rotermund zum Jöcher VI, Sp. 1293 ff. – Lexikon der hamb. Schriftsteller VI. S. 151 ff. (Rotermund und das Lexikon führen R.’s gedruckte Schriften an.) – Hansen, die Familie Rambach, Gotha 1875, S. 206 ff. – Geffcken, die große St. Michaeliskirche in Hamburg, 2. Aufl., Hamburg 1862, S. 92 ff. – Ueber die schriftstellerische Thätigkeit seiner Frau vgl.: Hamburg und Altona, eine Zeitschrift u. s. f., 2. Jahrgang, 3. Band, Hamburg 1803, S. 374 f.