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ADB:Rahewin

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Artikel „Rahewin“ von Wilhelm Wattenbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 166–167, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rahewin&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:34 Uhr UTC)
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Rahewin: Geschichtschreiber, Propst von St. Veit in Freising, starb gegen das Jahr 1177. Der Name wird in Handschriften und Urkunden verschieden geschrieben, Ragewin, Radewin u. s. w., aber die früher durch die erste Ausgabe [167] üblich gewordene Schreibart Radewicus scheint nur auf einem Lesefehler zu beruhen. Er bezeichnet einmal Freising als seine Heimath, doch ist es nicht ganz sicher, ob er auch von dort gebürtig war. Da er den Bischof Otto von Freising seinen nutritor nennt, so muß er frühzeitig in Verbindung mit diesem gekommen sein, vielleicht schon in Paris, denn die ausgezeichnete philosophische Ausbildung Rahewin’s läßt es als wahrscheinlich erscheinen, daß auch er, wie das damals bei strebsamen Clerikern üblich war, in Paris seine Studien vollendet habe. In künstlich gereimten Hexametern bearbeitete er die Sage von Theophilus; ein anderes Werk über verschiedene Gegenstände aus der biblischen Geschichte ist theils in demselben Maaße, theils rhythmisch verfaßt, und dem Propst Ha. gewidmet, den wir nicht kennen. Am Schlusse klagt er bitterlich über die Bedrängnisse und Belästigungen des Hofdienstes, und verspricht bessere Dichtungen, wenn ihm Muße gewährt werde. Aber diese wurde ihm nicht zu Theil; wir finden ihn 1144 als Archivar (cartularius) der Freisinger Kirche, und von 1147 an als Capellan und Notar des Bischofs Otto, welchen er fortwährend begleitete, und dessen Geschichte Friedrichs I. er nach dessen Dictat aufschrieb, vielleicht auch zu bearbeiten behülflich war. Er geleitete ihn auch 1158 nach Morimund, wo er starb, und erhielt von ihm den Auftrag, sein Geschichtswerk fortzusetzen; zunächst begab er sich darauf wieder an des Kaisers Hof und verweilte dort längere Zeit. Der Kanzler Ulrich und der Protonotar Heinrich theilten ihm Nachrichten und Actenstücke mit; andere erhielt er von befreundeten Bischöfen. So war es ihm möglich, weitere zwei Bücher (1158–1160) hinzuzufügen, in welchen neben den kriegerischen Ereignissen der immer heftiger ausbrechende Kirchenstreit in den Vordergrund tritt. Vorsichtig vermeidet R. es, eine eigene Meinung auszusprechen, er legt lieber die von beiden Seiten ausgegangenen Actenstücke vor und überläßt dem Leser die Entscheidung. Seine Darstellung ist klar und einfach, ohne die philosophischen Betrachtungen, welche Otto liebte, und wir verdanken ihm einen sehr werthvollen Bericht über diese inhaltvollen Jahre; nur durch ihn sind uns genaue Nachrichten über den Reichstag von Roncalia 1158 zugekommen. Es wird auch die Glaubwürdigkeit seiner Nachrichten nicht dadurch beeinträchtigt, daß R. in merkwürdiger Weise die lateinische Bearbeitung des Josephus und andere Autoren für seine Darstellung ausgebeutet, und umfangreiche Stellen entlehnt hat, indem er doch die nöthigen Aenderungen nie versäumte. Die Handschriften bieten an manchen Stellen erhebliche Verschiedenheiten; er selbst scheint eine neue Bearbeitung unternommen, manche Actenstücke erst nachträglich eingefügt zu haben, doch sind auch Aenderungen von fremder Hand zu erkennen. Mit vier Büchern, nach der Vierzahl der Evangelien, sollte das Werk abgeschlossen sein, doch findet sich eine ganz kurze Uebersicht der Jahre 1160–1170, welche vielleicht noch von ihm herrührt, aber zur Ausarbeitung ist er nicht mehr gekommen. In den Jahren 1168 und 1170 wird er als Propst von St. Veit in Freising erwähnt, aber 1177 findet sich ein anderer Name.

Wilh. Meyer, Radewins Gedicht über Theophilus, Sitz. Ber. d. Münch. Akad. d. W. 1873. – Ottonis et Rahewini Gesta Frid. I. rec. G. Waitz. 1884. Uebers. v. Horst Kohl, Leipzig 1886. – Wattenbach, Geschichtsqu. (5. Aufl.) II, 241–254.