ADB:Rüdiger, Christian Friedrich
Reiske als Rector vorstand. R. kam 1779 von der Schule an die Universität und entschloß sich, obwol er von Hause aus zum Juristen bestimmt war, zum Studium der exacten Wissenschaften, worin er Bortz, Hindenburg und Gehler zu Lehrern hatte. Am 17. Juli 1785 erhielt er gleichzeitig die akadedemischen Würden des Baccalaureates und Magisteriums, und schon im nächsten Frühling promovirte er mit der Dissertation „Specimen analyticum de lineis curvis secundi ordinis“, zu welcher Professor Hindenburg eine Vorrede lieferte. Nahe gleichzeitig kam seine populäre „Anleitung zur Kenntnis des gestirnten Himmels für jede Klasse von Lesern“ heraus, welche eine sehr beifällige Aufnahme fand. Im J. 1790 habilitirte sich R. mittelst einer Abhandlung über die Coordinatentransformation aus dem Systeme des Aequators in dasjenige der Ekliptik als Privatdocent und las von da ab theils elementare Mathematik nach Karsten, theils astronomische Collegien, welche er mit astrognostischen Uebungen verband. Mittlerweile war die auf dem Thurme der Pleißenburg eingerichtete Universitätssternwarte fertig geworden, und R. erhielt 1791 die Observatorstelle an derselben unter gleichzeitiger Ernennung zum außerordentlichen Professor der Mathematik. Seinen neuen Pflichten widmete er sich mit Hingebung, obwol sein Einkommen ein sehr mageres war und kaum zur Ernährung seiner 1799 gegründeten Familie hinreichte. Er beobachtete fleißig mit den beiden ihm zugetheilten Assistenten Meißner und Wechsler und dehnte seine Vorlesungen über das ganze Gebiet der reinen und angewandten Mathematik aus, wie er denn sogar einmal über Laplace’s „Exposition du système du monde“ las. Auch veröffentlichte er eine stattliche Reihe gelehrter Arbeiten.
Rüdiger: Christian Friedrich R., Astronom, geboren am 4. August 1760 zu Leipzig, † ebenda am 5. Juni 1809. Der Vater Rüdiger’s, ein braver Lohgerber, konnte für dessen geistige Bildung nur wenig thun, durch die Verwandtschaft der Mutter aber wurde es möglich, den strebsamen Knaben in das Nikolaigymnasium seiner Vaterstadt zu bringen, welchem damals der berühmteDie älteren Schriften (Ueberarbeitung von Schröders „Anleitung zum Rechnen“, Leipzig 1786; Uebersetzung von De Bicquilley’s Wahrscheinlichkeitsrechnung, ibid. 1788; Immerwährender Kalender für die Jahre 1700 bis 2000, ibid. 1789) sind allerdings mehr Zeugnisse von Fleiß, als von eigener Gedankenarbeit. Weit höher stehen dagegen das Programm „De effectu refractionis in ortum et occasum stellarum computando“ (Leipzig 1784) und die „Darstellung der neuen Methode des Herrn Du Sejour, Sonnen- und Mondfinsternisse für einen gegebenen Ort analytisch zu berechnen“ (ibid. 1794), an welch letztere Schrift sich die „Praktische Anweisung zur Berechnung und Verzeichnung der Sonnen- und Mondfinsterniße“ (ibid. 1796) anreihte. Seine Beobachtungen der großen Sonnenfinsterniß von 1804 veröffentlichte R. in einem im gleichen Jahre herausgegebenen Schriftchen. Ein wirkliches Verdienst um den jungen astronomischen Nachwuchs erwarb sich aber derselbe durch sein großes „Handbuch der rechnenden Astronomie“ (1. und 2. Band, Leipzig 1802, 3. Band mit einem Separattitel ebenda 1802). Mit Bruhns müssen wir die sorgfältige Auswahl der Uebungsbeispiele und die dem Selbstunterrichte so förderliche Durchrechnung derselben bis ins Detail als Vorzug dieses Buches anerkennen, im dritten Band wird die Ortsbestimmung mit Hülfe des Spiegelsextanten ebenfalls sehr gründlich vorgetragen. Wahrscheinlich war R. zur Ausarbeitung dieses Theiles durch v. Zach angeregt worden, was ihm um so höher anzurechnen ist, als jener hie und da etwas selbstbewußt und gewaltthätig auftretende Mann [467] das ihm gewährte Gastrecht bei einem Besuche auf der Pleißenburg verletzt hatte und in R. sonst gerade nicht seinen Freund erblicken durfte. Letzterer war Mitglied der ökonomischen Societät in Leipzig und Correspondent der königl. großbritannischen Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen.
- Bruhns, Die Astronomen auf der Pleißenburg, Leipziger Decanatsprogramm 1878 (in dem uns hier berührenden Abschnitte großentheils nach Mittheilungen eines damals noch lebenden Sohnes von R. gearbeitet).