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ADB:Otto I. (Herzog von Pommern-Stettin)

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Artikel „Otto I. (Herzog von Pommern-Stettin)“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 719–722, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Otto_I._(Herzog_von_Pommern-Stettin)&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 08:36 Uhr UTC)
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Otto I., Herzog von Pommern-Stettin seit 27. Juni 1295, geb. 1279, gest. 30./31. Dec. 1344, jüngster Sohn Herzogs Barnim I. und dessen dritter Gemahlin Mechtilde von Brandenburg. Seine Jugend fällt in die für die Entwickelung der deutschen Ostseeländer wichtige Zeit des Aufstrebens der städtischen Gewalt, die Zeit der Landfrieden, jener Bündnisse, die sich dadurch auszeichnen, daß sie ohne Bezugnahme auf Kaiser und Reich, aus selbständiger Macht der Contrahenten abgeschlossen und aufrecht erhalten wurden. Für Otto und seinen Bruder Barnim II. führte der ältere Stiefbruder Herzog Bogislav IV. (oben Band III S. 42 als Bogislav III. besprochen) anfänglich die Regierung; nach Barnim’s angeblicher, durch einen nicht nachweisbaren Lehnsmann Vidante [720] von Muckerwitz ausgeführter Ermordung fand am 27. Juni 1295 durch den Vertrag von Stettin unter Vermittelung der Stände die Theilung des Landes in die beiden „Orte“ Stettin und Wolgast statt. Eine Trennung dieser beiden Landestheile sollte dadurch weder jetzt noch für die Zukunft ausgesprochen werden, auch behielten beide Fürsten die Gesammthand, wonach die Lehnmuthung der Ritterschaft und die Huldigung der Städte fortan in beiden Orten von den Fürsten gemeinschaftlich empfangen werden sollte. Bei Feststellung der Theilungslinie, die mit der Peene beginnend in der Richtung von Westen nach Osten sich vollzog, machte sich der Einfluß der Städte dadurch geltend, daß ohne Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse die Städte lübschen Rechtes als „Ort Wolgast“ in einer Hand vereinigt wurden, während die Städte magdeburgischen Rechtes dem andern Fürsten als „Ort Stettin“ zufielen. Beide Herzoge gelobten durch Handschlag die Haltung des Vertrages, die Vasallen und Städte aber verbürgten sich, im Falle eines Vertragsbruches den Widerstrebenden zu seiner Pflicht zurückzuführen. O. erhielt den „Ort Stettin“ und wurde am 12. Juli feierlich in sein Herzogthum eingewiesen. War nun auch durch diesen Vertrag der drohende Ausbruch eines Bruderkrieges verhindert, so fanden die Bemühungen Bogislavs IV., in Hinterpommern den Ansprüchen der Markgrafen von Brandenburg entgegenzutreten, doch Otto’s Unterstützung nicht; derselbe trat vielmehr in persönlichen Verkehr mit Markgraf Albrecht von Brandenburg, befand sich zu Pfingsten 1298 mit andern Fürsten am Hofe Albrechts in Soldin und nahm in demselben Jahr an dessen Kriegszug nach Mecklenburg Theil, der mit einer starken Geldzahlung der Stadt Rostock für ihren Fürsten, Nicolaus das Kind, Herzog Bogislavs IV. Schwiegersohn, endete. Erst als die Lage in Hinterpommern immer kritischer wurde, indem die Machterweiterung Brandenburgs durch König Wenzel von Böhmen Beförderung fand und Bogislav IV. das Land jenseit der Persante aufgeben mußte, führte die Noth zur Eintracht, die auch nach Bogislavs Tode (19., nicht 24. Febr. 1309) nicht gestört wurde. Die Verhältnisse zwischen Pommern und Scandinavien wurden bedingt durch die Macht, welche König Erich Menved von Dänemark über die norddeutschen Hansestädte gewonnen hatte. Zu dem Erbvergleich zwischen dem Könige und dem Fürsten Wizlav von Rügen kam gegen Uebernahme einer alten Geldforderung von 510 Mk. Silber durch Erich das Gelöbniß Otto’s (15. Dec. 1310), dem Könige mit 50 Gewappneten Heerfolge zu leisten, in Folge dessen O. 1311 an Erichs Zug gegen Rostock Theil nahm, während er zu dem Verhältniß des Königs gegen Rügen sich mehr vermittelnd hielt. An dem großen Bunde wider die brandenburgischen Markgrafen betheiligte sich O. dagegen nicht, sondern stand, seiner Tradition treu bleibend auf märkischer Seite, vielleicht in der Hoffnung, das auf urkundlich nicht sicher nachweisbarem Weg an die Herren von Werle gekommene Land Stavenhagen auf diese Weise wieder zu gewinnen; doch entsagte er bereits 1317 bei der Vermählung seiner Tochter Mechtilde mit dem Fürsten Johann von Werle endgültig allen Ansprüchen an diese Landschaft. Für die ihm durch O. gehaltene Treue trat Markgraf Waldemar demselben im Vertrage von Twenraden am 14. Nov. 1315 nicht nur das Land Bernstein gegen 7000 Mk. ab, die durch Verkauf von Gütern an das reiche Kloster Colbatz beschafft wurden, sondern auch diejenigen Theile von Hinterpommern, welche Waldemar bei seinem früheren Verkauf pommerellischer Landschaften an den deutschen Orden sich vorbehalten hatte, kamen nunmehr an das Greifengeschlecht. Die Güter des 1312 aufgehobenen Templerordens gingen zum großen Theil an den Johanniterorden über und bildeten von dessen in der Neumark belegenen Hauptsitz aus mit den Landschaften Dramburg und Schivelbein einen weit in pommersches Gebiet hineinreichenden Keil. Die Einigkeit [721] zwischen den Fürsten beider pommerschen Landestheile wurde bald darauf durch einen Zwist Otto’s mit einigen seiner Städte gestört, welche mit anderen Unzufriedenen unter Berufung auf den Stettiner Vertrag von 1295 den Herzog Wartislav IV. von Wolgast, Sohn Herzogs Bogislav IV., um seine Hilfe angingen und auf der Zusammenkunft zu Stormerswerder, einer Insel im Haff, am 22. Juni 1319 sich ganz unter dessen Schutz stellten. Die Bedrängten hatten aber wenig Vortheil davon; O. erzwang bereits am 2. August die Unterwerfung der durch ihn und Markgraf Waldemar belagerten Stadt Garz an der Oder, die 3000 Mark Kriegskosten und eine jährliche Abgabe von 40 Mark als Sühne zahlen mußte. Mit dem noch in demselben Jahre (1319) erfolgenden Tode Waldemars begann indeß ein ganz neuer Abschnitt in der Entwickelung Pommerns, der zunächst die Aussöhnung Otto’s mit seinem Neffen Wartislav IV. nach der kurzen Entfremdung zur Folge hatte. Da ferner das Verhältniß zu Brandenburg pommerscherseits als ein rein persönliches zu Waldemar aufgefaßt wurde, das mit dessen Tode erlosch, so hofften die Herzoge jetzt auch die alten pommerschen Gebiete in Hinterpommern, der Neumark, Uckermark etc. wieder zurück zu gewinnen und thaten dazu geeignete Schritte. Herzog Wartislav IV., zum Vormund von Waldemars jungem Sohne Heinrich ernannt, traf alsbald kluge Anstalten zur Wahrung seiner Rechte gegen die Ansprüche fremder Fürsten, O. aber sicherte durch die Annahme seines einzigen Sohnes Barnim (s. A. D. B. II, 74 ff.) zum Mitregenten der pommerschen Sache eine bedeutende militärische Kraft, hinter der seine eigene Thätigkeit von nun an mehr zurücktritt. – Um die königliche Macht im Norden zu stärken, hatte nach der siegreichen Schlacht bei Mühldorf König Ludwig der Baier, eine bereits am 6. Januar 1320 dem Herzog Wartislav IV. wegen der unmittelbaren Reichslehnbarkeit Pommerns gemachte Zusage nicht achtend, am Johannistage 1324 die pommerschen Herzogthümer als angeblich heimgefallene Lehne seinem jungen Sohne Markgraf Ludwig übertragen und nöthigte dadurch Otto und Wartislav IV., da König Christof von Dänemark und Herzog Heinrich der Löwe von Mecklenburg auf die gegnerische Seite getreten waren, zu einem Bündniß mit Polen, das am 18. Juni 1325 zu Nakel geschlossen wurde. Zum eigentlichen Kriege kam es pommerscherseits zwar jetzt nicht, da König Ludwig anderweit in Anspruch genommen war, und O. und Barnim III. durch das Aussterben des rügischen Fürstenhauses (Wizlav III. starb im November 1325) und durch den Tod Herzogs Wartislav IV. von Wolgast im eigenen Lande Verwicklungen erwuchsen; aber auch die wiederholt eingeleiteten Sühneversuche konnten keinen rechten Erfolg haben, da die Herzöge in diesem Streit um ihre und ihres Landes Existenz die Unabhängigkeit von Brandenburg in erster Linie anerkannt wissen wollten. Als jedoch nach seiner Krönung zum deutschen Kaiser Ludwig der Baier seinen Sohn zum zweiten Mal (1328) mit Pommern belehnte, kam es infolge directer Aufforderung vom päpstlichen Stuhl zum Ausbruch eines verheerenden Grenzkrieges, zu dem sich O. die Mittel durch Verpfändung der Landschaft Stolp um 6000 Mark an den deutschen Orden verschaffte und zu weiterer Stärkung sein Land dem Papst zu Lehn auftrug. Die hervorragendste Waffenthat in diesem Kampfe ist der von pommerschen Chronisten stets hoch gefeierte, von Barthold (Gesch. von Pommern, Bd. III, S. 237 etc.) zu Unrecht bestrittene, durch die Colbatzer Annalen (vgl. Balt. Stud. 25, S. 161) unwiderleglich nachgewiesene Sieg Herzog Barnims über die Märker am Cremmer Damm, 1. August 1332, dem am 28. Juni 1333 der Landfriede von Lippehne, und am 13. Aug. 1338 endlich die so heiß erstrittene Zulegung der pommerschen Herzogthümer zum Reiche als unmittelbarer Reichslehen folgte. Zur Entschädigung des Markgrafen [722] Ludwig mußten allerdings O. und Barnim im Fall des Erlöschens ihres Stammes den Heimfall ihrer Länder an Brandenburg zugestehen, was alsbald Unfriede zwischen den beiden Häusern Stettin und Wolgast stiftete. Die meisten Städte des „Orts“ Stettin huldigten unter Führung der Stadt Stettin den wolgaster herzoglichen Brüdern, doch kam es nicht zu ernstlicher Fehde, nur Stettin büßte sein Vorgehen mit dem Verlust wichtiger Rechte. In den letzten Jahren seines Lebens weilte O. fern von weltlichen Geschäften im Kloster Colbatz, dem er sich freigebig erwies und wo er nach seinem am 30./31. Dec. 1344 erfolgten Tode auch sein Grab fand. Er war zweimal verheirathet, zuerst seit 25. März 1296 in kinderloser Ehe mit Katharina, Tochter Gerhards des Blinden von Holstein, † im Mai 1300, dann mit Elisabeth, Tochter des Grafen Nicolaus von Schwerin, welche am 20. Juli 1320 starb und ihm außer dem vorgenannten Sohne und Nachfolger Barnim III. noch eine Tochter Mechtild gebar, die sich am 20. Januar 1317 mit Johann von Werle vermählte und 1352 starb. Bei dem wechselvollen Leben Otto’s in politisch bewegter Zeit ist es schwer, sein Bild in kurzen Zügen zu entwerfen und namentlich seiner Thätigkeit für die innere Entwickelung des Landes gerecht zu werden. Und doch hat er nach dieser Seite hin viel gethan und das Aufblühen des städtischen Handels durch Ertheilung von Freiheiten befördert. Handel und Schiffahrt auf der Oder wurden durch Vergünstigungen gehoben, die namentlich den Städten Garz und Greifenhagen zu Gute kamen (1320), erstere war schon im Anfang des Jahrhunderts dadurch im Vortheil, daß die große Handelsstraße aus der Mark nach Stettin nach Garz verlegt wurde. Um dieselbe Zeit (1320) erhielt auch Pasewalk, das bei dem Einfall Herzogs Heinrich des Löwen von Mecklenburg in die Uckermark treu auf pommerscher Seite geblieben war, das Recht der freien Kornausfuhr, das oberste Gericht etc. zum Lohn. Viele andere Städte wurden in gleicher Weise bedacht, da die kriegerischen Verhältnisse den Herzog nöthigten, nach neuen Erwerbsquellen sich umzusehen. Dahin gehört freilich auch, daß 1321 O. und Barnim das Land Belgard vom Bisthum Camin zu Lehn nahmen und in demselben Jahr Stadt und Land Camin dem Bischof für 8000 Mark wiederlöslich verkauften.

Barthold, Gesch. von Pommern und Rügen. – Urkunden des Staatsarchivs zu Stettin.