ADB:Oraeus, Heinrich
[409] nach Hanau, wo man ihm die Inspection über sämmtliche Kirchen und Schulen dieser Grafschaft übertrug, welche er mit geschickter Hand bis an sein Ende führte. Seine Schriften hat Strieder angeführt. Wir heben aus denselben die bedeutendsten hervor: „Speculum vitae christianae s. vita J. Christi, carmine iambico“, Francof. 1605. Auch mehrere lateinische Gelegenheitsgedichte hat O. gefertigt. Historisch werthvoll ist sein „Nomenclator praecipuorum inde a nato Christo ecclesiae doctorum, scriptorum professorum archiepiscoporum, cardinalium; accesserunt series Rom. Pontificum et Imperatorum et Catalogus praecipuorum consiliorum et synodorum“, Hanov. 1619. Demselben ließ er bald nachfolgen: „Nomenclator praecipuorum a nato Christo Haereticorum“, Hanov. 1619. Von theologischem Werthe sind seine ausgezeichneten Leichenpredigten, welche er verschiedenen hanauischen Grafen und hochstehenden Personen gehalten. Als ein strenger Reformirter polemisirte O. auch gegen das Oberhaupt der römischen Kirche in: „Der Fall Babylons, darinnen das Himmel hohe Gebäud des antichristlichen Pabst von Grund aus umgeleert und manniglichen mit unwiderleglichem grund göttlichen worts mit reinem gewissen vor die Augen gestellet wird“, Frankf. 1634. S. 88 dieses Buches gedenkt er, wie er 1603 in Rom vor dem Papste auf die Knie gefallen, „Ich hab’s aber in unwissenheit gethan und verhoff dessen längst gnädige Vergebung zu haben“. Seine Schriften durchzieht vielfach der wehmüthige Klang seiner Zeit, welcher in apokalyptischen Deutungen derselben seinen Trost sucht.
Oraeus: Heinrich O., theologischer Schriftsteller und Mitarbeiter am Theatrum Europaeum, geb. am 4. Mai 1584 zu Assenheim in der Wetterau, † zu Hanau am 19. Juli 1646. Seine Vorbildung empfing er in der Schule zu Laubach, worauf er in Straßburg und Frankfurt studirte und fremde Länder bereiste. Zurückgekehrt wurde er in dem hanau-münzenbergischen Dorfe Dorheim 1606 Schulmeister, wo er sich unter manchen Zurücksetzungen litterarisch hervorzuthun suchte. Von da wurde er 1610 zum Prediger nach Roßdorf, 1612 nach Kesselstadt, 1616 nach Bruchköbel und 1617 nach Nauheim berufen, wo er über 20 Jahre nach seinem Geständniß aus späterer Zeit „in äußerster Gefahr Leibes und Lebens gesessen“, die schrecklichsten Drangsale jenes großen deutschen Krieges durchgemacht, welche hernach von ihm im dritten Bande des Theatrum Europaeum, die Jahre 1633 bis 1639 umfassend, beschrieben wurden. Der Ruf seiner großen Gelehrsamkeit und ausgezeichneten Kanzelberedsamkeit zog ihn 1639- F. W. Strieder, Hessische Gelehrtengeschichte, Artikel Oraeus. – J. A. Bernhard, Hanauische Kirchengeschichte, Msc. – Jöcher, Gelehrtenlexikon III, S. 1058. – Handschriftliche Nachrichten.