ADB:Nendorf, Johann
Nic. Risleben (Magdeburg 1586), der seinerseits von den 1400 Versen Ackermann’s über 1000 wörtlich in sein Stück herübernahm, aber geschickt Motive aus Macropedius und Stymmel und der Hecastusgruppe verwerthete. N. hat Risleben, wie schon die zahlreichen Personennamen zeigen, unzweifelhaft genau gekannt, aber wirklich einzig und allein den angeführten Satz der Vorrede wortgetreu entlehnt. Er fußt allerdings direct auf Ackermann, von dem er namentlich in den „mittelsten Actibus etwa 500 Verse wörtlich borgt. Dagegen scheinen fast alle Motive, die bei Ackermann fehlen, auf Benützung Risleben’s zurückzugeben, obwol er auch Macropedius und Gnapheus gekannt haben dürfte. Der erste, blos exponirende Act zeigt des Asotus Verführung durch Teufel und allegorische Figuren (Voluptas). In den folgenden Acten nimmt die Handlung den gewöhnlichen Verlauf, doch viel klarer und plastischer als bei den meisten Vorgängern. Die Parasitenfiguren sind zum Theil trefflich individualisirt; besonders Pseudologus, ein vielgewandter grotesker Lügenheld. Bescheidener ist die Rolle Johann Clants, eines zaghaften, ziemlich farblosen Gesellen, der vor dem Teufel Reißaus nimmt und in plattdeutscher Mundart, meist sogar moralisirend, wie Rislebens Morio auftritt. Neu ist die Figur des Vastelabends, der sich monologisch einführt (III. 6) und antipapistisch seine lange Lebensgeschichte erzählt. Gegen Ende die aus Risleben bekannten allegorischen Scenen, nur detaillirter: Fides und Pietas kämpfen siegreich gegen die Abgesandten der Hölle. Bauernscenen im üblichen Dialekte, grob, carikirend, fehlen auch bei N. nicht. Sprache und Vers des nicht unbegabten Verfassers sind glatt und gewandt. Das Drama ist wiederholt zur Aufführung gekommen. Der „Verlorene Sohn“ der englischen Komödianten, ein Stück von zweifellos deutscher Herkunft, knüpft vielleicht direct an diesen „Asotus“ an.
Nendorf: Johann N., Dramatiker, wurde geb. 1575 zu Verden, studirte in Helmstädt und wirkte hierauf als Magister und Rector der lateinischen Schule in Goslar bis zu seinem Tode 1647. Von Interesse ist nur eine Komödie, die in der langen Reihe der Prodigusdramen einen heworragenden Platz einnimmt: „Asotvs Das ist COMOEDIA Vom Verlohrnen Sohn, Auß dem 15. Capitel S. Lucae“ – folgt eine lange Moralisation – „vnd sonsten.“ Goslar 1608. (12 u. 71 Bl. 8°. Wolfenbüttel.) Die litterarische Tradition des Stückes war nicht leicht zu entwirren. Der Verfasser selbst gesteht in der Vorrede „bisweilen, da sichs schicken wollen, etwas auß der Comedien Johannis agricolae von eben diesem argument, sonderlich aber in den mittelsten actibus behalten“ zu haben: obwol ihm der moralische Zweck der Komödie bewußt gewesen, habe er doch zuweilen „ettliche parerga vnd leichtfertige personen“ der Ergötzung halber hinzugefügt, und sich dabei des Horazischen Wortes erinnert: omne tulit punctum qui miscuit utile dulci. Die angezogenen Stellen finden sich wortgetreu wieder in der Vorrede zu dem gleichnamigen Stücke von- J. M. Heineccius, Antiquitates Goslarienses, Frankfurt 1707, S. 487 ff. – H. Holstein, Das Drama vom verlorenen Sohn, Halle 1880, S. 36 f. Näheres in meiner vorbereiteten Monographie über diese große und weitverzweigte Dramenmasse.