ADB:Muralt, Johann von
Erscheinungsbild
[WS 1] u. a.) erschienen sind, hat er eine Reihe anatomischer und vergleichend anatomischer Artikel in den Acten der Leopoldinischen Akademie, deren Mitglied er war, und „Schriften von der Wundarzney“ (1691 u. 1711), ein Compendium der Chirurgie und eine große Zahl chirurgischer Beobachtungen [54] enthaltend, veröffentlicht. – Eine Schattenseite in dem Charakter dieses würdigen Mannes, für die man allerdings auch seine Zeit verantwortlich machen muß, liegt in seinem Aberglauben; der Teufel spielte in seinen Anschauungen keine kleine Rolle, und auch an Hexenprocessen ist er nicht ganz unbetheiligt gewesen.
Muralt: Johann v. M., Arzt, einer vornehmen italienischen Familie (de Muralto) entsprossen, welche von Mailand nach der Schweiz übergesiedelt war, ist 1645 in Zürich geboren. Er hatte zuerst in Basel, später in Leyden Medicin studirt, sich hier vorzugsweise Sylvius angeschlossen und unter dem Präsidium desselben 1668 seine Dissertation „De inflammatione et ulcere vesicae“ vertheidigt; dann hatte er sich nach Oxford, später nach Paris gewandt, um hier des anatomischen und geburtshilflichen Unterrichtes von Gayant und Mauriceau theilhaftig zu werden; 1671 war er nach Basel zurückgekehrt, war hier nach Vertheidigung seiner Inauguraldissertation „De morbis parturientium et accidentibus, quae partum insequuntur“ promovirt worden und siedelte dann nach seiner Vaterstadt über, wo er sich als Arzt, Chirurg und Geburtshelfer habilitirte, gleichzeitig aber auch streng wissenschaftlichen Bestrebungen nachging und die medicinische Bildung in seiner Vaterstadt nach Kräften zu fördern bemüht war, namentlich auf eine bessere Ausbildung der Chirurgen drang und gegen die Trennung der inneren Medicin von der Chirurgie eiferte, indem er erklärte, daß jeder Chirurg auch ein gebildeter Arzt sein müsse. Seine Bemühungen, den praktischen anatomischen Unterricht in Zürich einzuführen, scheiterten an dem Verbote der Behörden, menschliche Leichen für anatomische Zwecke zu benutzen, er war daher lediglich auf zootomische Untersuchungen angewiesen, und als die Behörden ihm 1677 die Erlaubniß ertheilt hatten, Sectionen an Leichen von Malefikanten und Personen, die mit merkwürdigen Krankheiten behaftet gewesen waren anzustellen, wurde ihm nicht gestattet, seine Schüler zu diesen Sectionen zuzuziehen, so daß er gezwungen war, nur theoretische Vorlesungen über Anatomie zu halten, an welchen sich übrigens später auch die Chirurgen betheiligten, nachdem sie den hohen Werth anatomischer Kenntnisse für ihre Kunst erkannt und sich mit den Angriffen, denen sie früher von M. ausgesetzt gewesen waren, ausgesöhnt hatten. Seine praktischen Leistungen hatten ihm schnell das Vertrauen seiner Mitbürger erworben und schließlich ließen auch die Behörden ihm alle Gerechtigkeit widerfahren; 1688 wurde er zum Stadtarzte und Chorherrn an dem Stifte zum großen Münster, und endlich auch zum Professor der Physik ernannt. Er ist im September 1732 in einem Alter von 87 Jahren gestorben. – Seine litterarischen Arbeiten betreffen vorzugsweise die Anatomie und Chirurgie; außer einem „Vademecum anatomicum“ (1677 und 1685) und einigen kleineren anatomischen Arbeiten (exercitationes), die in Form von Dissertationen („De chylo et lacte“ – „De lympha et saliva“ – „De bile et excrementis biliosis“- Ueber sein Leben und seine Schriften vgl. Haller, Biblioth. anat. I, 573 und Biblioth. chirurg. I, 383. – Meyer-Ahrens, Schweizerische Zeitschr. f. Heilkunde 1862 II, 268. 423. 1863 III, 25.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Schließendes Anführungszeichen fehlt