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ADB:Montag, Eugen

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Artikel „Montag, Eugen“ von Theodor Henner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 174–176, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Montag,_Eugen&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 22:00 Uhr UTC)
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Montag: Eugen M., letzter Abt der Cistercienserabtei Ebrach in Ostfranken. Er war geboren zu Ebrach am 5. März 1741 als Sohn eines Rechtsconsulenten der altberühmten reichen Abtei, in deren Convent er schon in sehr jugendlichen Jahren, am 16. November 1760, Aufnahme fand, um sodann hier den größten Theil seines Lebens zu verbringen. Seine Gelehrsamkeit und Geschäftsgewandtheit verschaffte ihm weiterhin das wichtige Amt eines Canzleidirectors, womit er an die Spitze der weltlichen Regierung seiner Abtei trat, und lenkte schließlich am 21. Februar 1791 auch die Wahl zum Abt auf seine Person. Diese Würde bekleidete er bis zur Auflösung seines Klosters durch die Säcularisation, in, soweit dies die immer trüber und unruhiger sich gestaltende Zeitlage zuließ, eifriger und rühmlicher Weise. Den Schwerpunkt seiner Thätigkeit haben wir indessen auf dem wissenschaftlichen Gebiete zu suchen. Es war das Gebiet der Geschichte, ganz besonders aber der deutschen Verfassungs- und Rechtsgeschichte, auf welchem M. forschte und arbeitete, mit ebensoviel Scharfsinn als umfassender gründlicher Gelehrsamkeit, so daß wir ihn ohne Bedenken den namhaftesten zeitgenössischen Forschern in diesem Fache, einem J. Möser, St. Pütter u. A. als ebenbürtig anreihen dürfen. Die eigenthümliche rechtliche Stellung seines Klosters ist es gewesen, welche die Richtung seiner Studien zum guten Theil beeinflußt und bestimmt hat. Die Abtei beanspruchte nämlich den Charakter der Reichsunmittelbarkeit, was dagegen von Seite des Hochstiftes Würzburg die lebhafteste Anfechtung erfuhr, indem letzteres die Landeshoheit über Ebrach, und zwar nicht ohne Erfolg, zu behaupten suchte. Dieser Jahrhunderte hindurch zum Theil mit großer Erbitterung geführte Streit hat eine stattliche Litteratur von beiden Seiten hervorgerufen, au welcher sich auch M. unmittelbar wie mittelbar in hervorragender Weise betheiligte. Ein besonderer Vorfall – man hatte in Würzburg das Buch eines Ebracher Conventualen, der auf dem Titelblatt sich Mitglied der „unmittelbaren Reichsabtei“ Ebrach genannt, öffentlich zerrissen – veranlaßte ihn zur Abfassung des 1786 anonym erschienenen Werkes: „Ob der Abtei Ebrach das Prädicat reichsunmittelbar rechtmäßig gebühre etc.“, mit vielen Urkundenbeilagen versehen, eine Arbeit, die den würdigen Abschluß der vorhin angedeuteten Litteratur bildet. Weiterhin zeigte sich aber M. sichtlich bestrebt, weniger in polemischer Weise, als vielmehr auf dem Wege streng historischer Begründung den Charakter der beiderseitigen staatsrechtlichen Stellung nachzuweisen und dadurch mittelbar zur Klärung jener Streitfragen beizutragen. Dahin ist einmal eine große Arbeit über die Anfänge des Klosters Ebrach und die Regierung des ersten Abtes Adam zu rechnen: „Historiae diplomaticae Ebracensis monasterii seculi I. epocha I. ab anno MCXXVI–MCLXVI sive de rebus gestis sub Adamo abbate I“; beigefügt sind drei große Excurse über den Zustand des deutschen Reiches in jenem Zeitraume, über das damalige Münzwesen und über den Briefwechsel des Abtes Adam mit der heiligen Hildegard. Vollendet wurde diese Arbeit in den Jahren [175] 1794–1795. Das einzige davon erhaltene Manuscript – jetzt zu den Beständen des kgl. Kreisarchivs zu Würzburg gehörig – enthält auf dem Titelblatte den Beisatz: „numquam typis cudendum“. M. hatte also sein Werk lediglich für den Gebrauch innerhalb des Klosters bestimmt, gewissermaßen als ein auf festestem urkundlichem Untergrund ruhendes Fundament für die ganze weitere Geschichte Ebrachs; bis auf den heutigen Tag ist dasselbe ungedruckt geblieben. Nach der anderen Seite hin sollte dagegen die staatsrechtliche Stellung der Bischöfe von Würzburg kritisch beleuchtet und festgestellt werden. Dabei gerieth M. zugleich auf ein anderes vielumstrittenes Gebiet, nämlich die Würzburger Ducatsfrage, d. h. Berechtigung und Umfang der von jenen Bischöfen beanspruchten Herzogsgewalt in Ostfranken. Erst kurz zuvor war diese Streitfrage in zwei Abhandlungen von Gonne und Drümel von ganz entgegengesetzten Standpunkten aus beleuchtet worden. In einer unter dem Pseudonym „Bargildus Franco“ im J. 1778 veröffentlichten Schrift: „Disquisitio de ducatu et judicio provinciali episcopatus Wirceburgensis“ sucht M. einen mehr vermittelnder Standpunkt einzunehmen; er gesteht jener herzoglichen Gewalt ihre Berechtigung zu, allein nur für den Umfang der Stiftslande, nicht für ganz Ostfranken. Trotz mancher Irrthümer gehört diese Schrift mit zu dem Besten, was über den fraglichen Gegenstand geschrieben worden ist. Nebenbei mag hier erwähnt werden, daß jener von Ebrach aus so zäh verfochtene Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit M. doch nicht hinderte, auch die Rechte des Abtes als Mitglied der Landstände des Hochstifts Würzburg – der Abt von Ebrach galt sogar als ständiger Primas derselben – ebenso nachdrücklich zu wahren. Trotzdem nämlich die genannten Landstände wiederholt mit Geldforderungen angegangen wurden, hatte man sie doch seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr zu den althergebrachten Versammlungen zusammenberufen. Dem gegenüber glaubte nun M. noch kurz vor der großen Katastrophe des J. 1803 in einer sehr freimüthig gehaltenen Vorstellung an den Fürstbischof Georg Karl von Fechenbach vom 2. August 1802 jene Rechte nachdrücklich wahren zu sollen; „die angeborenen Gerechtsame der Landstände gehen verloren“, schreibt er, „und mit diesen die Freiheit des Landes“. Es erfolgte in der That schon wenige Tage darauf eine sehr entgegenkommende Antwort des Fürstbischofs. Ueberhaupt lebte in M. unverkennbar ein starker Zug, der dahin ging, für althergebrachte Rechte und Freiheiten mit dem ganzen Gewichte seiner umfassenden Gelehrsamkeit, mit streng historischem Aufbau der Argumente einzutreten, und so sind denn einige weitere Arbeiten solchen Untersuchungen über die Geschichte der rechtlichen Stellung der einzelnen Stände gewidmet. Dahin darf in einem gewissen weiteren Sinne seine Schrift: „De milite nobili et ingenuo saec. XI et XII“, Nürnberg 1794, gerechnet werden, besonders aber jenes größere Werk, welches den Abschluß und zugleich die Krone seiner ganzen wissenschaftlichen Thätigkeit bildete, seine „Geschichte der deutschen staatsbürgerlichen Freyheit, oder die Rechte des gemeinen Freyen, des Adels und der Kirchen Deutschlands“. 2 Bände. Würzburg und Bamberg 1812 und 1814. Als im J. 1803 auch Ebrach das Schicksal der anderen geistlichen Herrschaften theilen mußte, zog sich M. auf den ehemaligen Amtshof seiner Abtei zu Oberschwappach zurück, um nach jenem Ereigniß, welches, wie er in der Vorrede zu jenem Werke sagt, den tiefsten Eindruck auf ihn gemacht, in dem Stillleben ruhiger Beschaulichkeit und weiteren wissenschaftlichen Forschens die gestörte Fassung und Sammlung des Gemüthes wiederzugewinnen. Die Frucht dieser Muße ist das vorgenannte Werk, das wir als einen originellen, trefflichen Versuch zu einer deutschen Staats- und Rechtsgeschichte bis zur Mitte der staufischen Zeit betrachten dürfen. Alle Vorzüge des Autors treten uns hier noch einmal und zwar in gesteigerter, geklärter [176] Weise entgegen: wohldurchdachte Auffassung und Eintheilung des Stoffes, klare präcise Darstellung, ein oft überraschend scharfer, gesunder Blick und vor Allem eine durchaus solide quellenmäßige Grundlage. Es verdient wol beachtet zu werden, daß M. gegenüber einer mehr absolutistischen Anschauungsweise so mancher zeitgenössischen Staatsrechtslehrer und Publicisten mit besonderem Nachdruck die ursprüngliche Freiheit des gemeinen Mannes klarzustellen sucht; J. Möser’s Osnabrück’sche Geschichte und andererseits J. v. Müller und seine Geschichte der Eidgenossenschaft scheinen nicht ohne Einfluß auf ihn zu sein. Die Mängel und Schwächen des Werkes sind vielfach mehr dem damaligen Stande der Quellenforschung und Publication überhaupt, als dem Autor zuzurechnen. Noch einmal behandelt M. hier eingehend in einem eigenen Abschnitt die Würzburger Ducatsfrage, in einer seine früheren Aeußerungen mitunter etwas modificirenden Weise. – Nur noch die Anfänge der Drucklegung dieses seines Hauptwerkes hat M. erlebt. Er starb am 5. März 1811, dem nämlichen Tage, an welchem er das 70. Lebensjahr vollendet hatte. Seinem Wunsche gemäß wurde er in der Kirche seiner Abtei Ebrach beigesetzt, mit deren Schicksalen sein Lebensgang von der Wiege bis zum Grabe aufs engste verbunden war. In ihm und seinem großen Zeitgenossen Fürstbischof Franz Ludwig v. Erthal hat die geistliche Herrschaft in Ostfranken kurz vor ihrem Aufhören noch einmal die würdigste Vertretung gefunden.

Vergl. P. W. Weigand, Geschichte der fränkischen Cistercienser-Abtei Ebrach. Landshut 1834. – Wegele, Monumenta Eberacensia. Nördlingen 1863.