ADB:Mayer, Andreas Ulrich
Sterzinger wegen seiner Rede gegen den Hexenwahn von dem Münchener Augustiner-Eremiten Agnellus März angegriffen wurde, war M. der erste oder doch unter den ersten, die als litterarische Bundesgenossen Sterzinger’s in diesen „bairischen Hexenkrieg“ eingriffen. Unter dem Pseudonym F. N. Blocksberger, Benefiziat zu T., veöffentlichte er zu Straubing 1767 „Sendschreiben (6 an der Zahl) an den [274] P. Agnellus März über seine Vertheidigung wider die schwulstige Vertheidigung (sic) der betrügenden Zauberey und Hexerey“. Mayer’s Autorschaft kann nach dem Zeugnisse seines Freundes Clemens Alois Baader und nach dem handschriftlichen Eintrag in einem Exemplar der gesammelten Schriften dieses bairischen Hexenkriegs (Münchener Staatsbibliothek, Bavar. 1681 in 4°) nicht bezweifelt werden. Die Streitschrift schlägt mit Glück öfter den satyrischen Ton an, den der Gegenstand geradezu herausfordert, und erklärt (S. 66): „Je mehr man Hexen verbrennt, desto mehr finden sich vor, welche Wahrheit auch diejenigen mit Händen greifen, die dem Hexenwahn das Wort führen“, und (S. 71): „Die Meinung, die die Thätigkeit der Hex- und Zauberkunst leugnet, verschafft der Religion und dem Staat den größten Nutzen.“ Mayer’s Schrift war eine mannhafte That, denn noch galt in Baiern Kreittmayr’s Strafproceß, der Hexerei mit dem Tode bestraft. Daß aber die große Masse der Hexen unschuldig hingerichtet, ihre Geständnisse durch die vom Richter suggerirten Fragen gewiesen und durch die Folter erpreßt worden seien, kam auch M. noch nicht in den Sinn, vielmehr suchte er die Ursache der Geständnisse in der Einbildungskraft und fand, daß der Aberglaube mit Recht bestraft werde. Als der Scheirer Benedictiner Angelus März eine Vertheidigung der Hex- und Zauberei gegen Sterzinger erscheinen ließ, ergriff M. unter dem Pseudonym Blocksberger nochmal das Wort, indem er (Straubing 1767) ein „Glückwunschschreiben an den hochwürdigen P. Angelus März“ veröffentlichte. Fürstbischof Fugger berief dann M. als Hofcaplan und Consistorialsecretär nach Regensburg, nahm ihn wiederholt auf Reisen mit sich und verlieh ihm die Pfarrei Pondorf in der Oberpfalz. In diesem Amte wirkte er jedoch nur zwei Jahre, da ihn der Bischof – nun als wirklichen geistlichen Rath – abermals an sein Consistorium nach Regensburg berief. In Regensburg entfaltete M. eine ausgedehnte litterarische Thätigkeit, meist in Schriften, die in staatskirchenrechtliche Zeitfragen eingreifen und einen polemischen Charakter tragen. Hervorgehoben seien: „Das unjustifizirliche Betragen des Herrn Zoglio, Nuntius in München“ und „Die vertheidigten Gerechtsamen der Bischöfe in Bemerkungen über die Gerechtsame des Regenten nach dem Bedürfnisse des Staats eigene Landesbischöfe zu ernennen“. Beide Schriften sind 1788, die letztere unter dem Pseudonym: Kilian Schwarzbart, d. b. R. L. veröffentlicht. (In Wirklichkeit war M. Licentiat der Theologie, nicht des bürgerlichen Rechts.) Die Schrift vertheidigt das Recht der Bischöfe gegenüber dem behaupteten jus regium in ecclesiasticis, „das nur die dii minorum gentium Lori, Sterzinger, Mederer und Westenrieder in ihren Geschichten aus dem Schutt und den Trümmern der alten bairischen Geschichte wieder aufgestellt hätten“. Ein Ausfall, der deutlich zeigt, daß die Widmung der Schrift an den wirklichen geistlichen Rath Lorenz Westenrieder ironisch aufzufassen ist. Außer der Behauptung, daß der Regent nach den Bedürfnissen seines Staates Landesbischöfe ernennen könne, wird auch der Plan, einen Münchener Hofbischof aufzustellen, ein zum ersten Mal schon unter H. Wilhelm V. aufgetauchtes Project, bekämpft. 1791–93 ließ M. in Regensburg ein dreibändiges kirchenrechtsgeschichtliches Werk erscheinen: „Thesaurus novus juris ecclesiastici potissimum Germaniae seu Codex statutor. ineditor. ecclesiar. cathedral. et collegiatar. in Germania notis illustratus atque dissertationibus“ … adauctus. Unter diesen beigegebenen Abhandlungen rührt von dem Herausgeber eine (III, 77) über namhafte Kanoniker der Regensburger Kirche. M. starb am 14. November 1802. Sein Freund Clemens Alois Baader rühmt seinen offenen, leutseligen, heiteren Charakter. Sein Urtheil, daß M. in seinen letzten Lebensjahren mit dem Zeitgeist nicht mehr Schritt [275] halten wollte, trifft auch auf Westenrieder und die Mehrzahl des bairischen Clerus an der Schwelle des 19. Jahrhunderts zu und besagt nur, was beinahe selbstverständlich ist.
Mayer: Andreas Ulrich (auch Johann Andrä) M., war am 4. Juli 1732 in dem Städtchen Vilseck, einer bambergischen Enklave in der Oberpfalz, als Sohn eines Bürgers und Rathsverwandten geboren. Nachdem sich zwei Oheime, die Pfarrer waren, um seine Erziehung angenommen hatten, besuchte er das Gymnasium in Amberg und studirte dort auch Philosophie. Zu Bamberg trieb er dann theologische und kirchenrechtliche Studien, und ebendort trat er in den Weltpriesterstand. Seine erste Stelle als Hofmeister und Schloßcaplan zu Treffelstein in der Oberpfalz bot ihm reichliche Muße zu seiner Fortbildung. Als der Münchener Theatiner- Westenrieder, Gesch. d. b. Ak. d. Wiss. II, 493. – Cl. Al. Baader, Lexikon verstorbener bairischer Schriftsteller I, 2, S. 8 f., wo auch die sämmtlichen Schriften Mayer’s und weitere Quellen verzeichnet sind. – Joh. Friedr. Schulte, Gesch. d. Quellen u. Literatur d. Canonischen Rechts III, 338. – Riezler, Gesch. d. Hexenprocesse in Baiern, S. 305 f., 309.