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ADB:Mauser, Wilhelm

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Artikel „Mauser, Wilhelm“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 712–713, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mauser,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:50 Uhr UTC)
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Mauser: Wilhelm M., Gewehrfabrikant, geb. den 2. Mai 1834 zu Oberndorf am Neckar, † daselbst am 13. Janr. 1882, war der Sohn eines Arbeiters an der k. württembergischen Gewehrfabrik in seiner Vaterstadt. Er erlernte, wie noch ein jüngerer Bruder von ihm, Paul M., in dieser Fabrik die Büchsenmacherei. Beide blieben auch als Arbeiter in derselben. Versuche zur Herstellung von Hinterladungsgewehren, welche dort gemacht wurden, weckten den Erfindungsgeist der jungen Männer. Schon vom J. 1863 an gingen sie auf Verbesserung des Zündnadelgewehres aus und brachten bis zum Frühjahr 1866 ein Modell zu Stande, welches als eine wesentliche und in mancher Hinsicht eigenartige Vervollkommnung des Infanteriegewehres gelten konnte. Sie suchten ihre Erfindung zunächst in Württemberg zur Verwerthung zu bringen, als aber dort nach dem Kriege von 1866 das preußische Zündnadelgewehr (vgl. Bd. V, S. 109[WS 1]) eingeführt wurde, boten sie dieselbe der österreichischen Regierung an; allein auch in Wien hatte man sich schon für ein anderes System entschieden. Die beiden Brüder gingen nun nach Lüttich, bekanntlich einem Hauptplatze der Waffenfabrikation. Dort fanden sie zwar vom Anfang des [713] Jahres 1867 bis Mitte 1869 Beschäftigung, aber keine Abnehmer für ihre eigenen Erfindungen und gingen deßhalb wieder nach Oberndorf zurück. Als aber der von ihnen nach seiner waffentechnischen Seite mit großer Spannung verfolgte Krieg von 1870/71 das lebhafte Bedürfniß nach einem besseren Gewehr für die deutsche Armee hervorrief, da das französische Chassepot-Gewehr sich dem Dreyse’schen Zündnadelgewehr entschieden überlegen gezeigt hatte, war endlich ihr Tag gekommen. Nachdem sie schon vorher mit der preußischen Militärschießschule in Spandau wegen Umänderung des Zündnadelgewehres für Metallpatronen in Verbindung gekommen waren, wurde Wilhelm M. im Nov. 1871 von dem Kriegsminister, Graf von Roon, nach Berlin berufen, um Schießversuchen beizuwohnen, welche damals zum Zwecke der Wahl eines neuen deutschen Infanteriegewehres in Spandau angestellt wurden. Das hiebei von ihm vorgelegte Modell wurde allen anderen vorgezogen und nach einigen kleineren Abänderungen als „Infanteriegewehr M 71“ im deutschen Reichsheere außer Baiern (im J. 1877 auch dort) eingeführt und erhielt im Volksmunde den Namen „Mausergewehr“. Wilhelm M., welcher als der ältere und geschäftsgewandtere die Sache der Brüder nach außen hin vertrat, obwohl ihm Paul an erfinderischem Trieb und Geschick mindestens gleichkam, wurde vom Kaiser Wilhelm durch einen preußischen und von seinem Landesherrn durch einen württembergischen Orden ausgezeichnet. Eine von Preußen gewährte Dotation bot den Brüdern auch die Möglichkeit, an der Ausnützung ihrer Erfindung im Großen sich selbst zu betheiligen. Die königl. Gewehrfabrik zu Oberndorf ging im Jahr 1874 durch Kauf in ihre Hände über und wurde, da es ihnen auch sonst an finanziellem Beistand nicht fehlte, unter der Firma „Gebr. Mauser und Co.“ mit bedeutenden Erweiterungen von ihnen fortgeführt. Zu der Bestellung von 100 000 Gewehren für Württemberg, welche dem neuen Geschäft beim Kaufvertrag sozusagen in die Wiege gelegt wurde, kamen größere Aufträge auf Waffenbestandtheile des Reichsgewehres aus Preußen und Baiern und (1881) eine Lieferung von 120 000 Gewehren für Serbien. Unermüdlich in ihrem Erfindungsdrange erfanden die Brüder noch eine der deutschen Reiterei zugedachte Hinterlader-Pistole, einen Revolver und ein Repetir-Gewehr. Auf der württembergischen Landesgewerbe-Ausstellung zu Stuttgart im Sommer 1881 stellten sie die Erzeugnisse ihrer Fabrik in geschmackvoller Anordnung aus und erhielten die goldene Medaille, wie sie mit denselben schon im Jahre 1879 in Sidney und 1880 in Melbourne erste Preise errungen hatten. Wilhelm M. aber, welcher schon länger an einem inneren Leiden erkrankt war, sollte diese Freude nicht lange überleben. Als er im Anfange des Jahres 1882 zu Oberndorf starb, folgten sechshundert Arbeiter dem Sarge ihres um die Wehrhaftigkeit seines Vaterlandes hochverdienten Fabrikherrn.

Vgl. den Nekrolog in der Beil. zur (Augsb.) Allgemeinen Zeitung, Jahrg. 1882, Nr. 35, S. 513 ff. und den Art. „Mausergewehr“ in Poten, Handwörterbuch d. ges. Militärwissensch. Bd. 5, S. 355 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hier wird - mit falscher Seitenzahl (109 statt 409) - wohl auf den Artikel ADB:Dreyse, Nikolaus von (Erfinder des Zündnadelgewehrs) Bezug genommen, eventuell auch auf das unten angeführte Handwörterbuch von Poten; vgl. Google.