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ADB:Maltzan, Hermann Friedrich Freiherr von

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Artikel „Maltzan, Hermann Friedrich Freiherr von“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 165–167, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maltzan,_Hermann_Friedrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:47 Uhr UTC)
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Maltzan: Hermann Friedrich Joachim von M., Freiherr zu Wartenberg und Penzlin, Naturforscher und Dichter, entstammte einem ausgebreiteten [166] mecklenburgischen Adelsgeschlechte, das zu den ältesten und angesehensten in ganz Norddeutschland zählt. Er wurde am 18. December 1843 als jüngster Sohn eines Landraths auf dem väterlichen Gute Rothenmoor bei Waren in Mecklenburg geboren. Schon von früher Jugend an entwickelte sich bei ihm eine ausgesprochenes Interesse für die kleinen Lebewesen der ihn umgebenden Natur, sowie auch eine bemerkenswerthe poetische Begabung. Unter verständiger Anleitung beobachtete er die Entwicklung der Pflanzen und Thiere und sammelte Steine, Muscheln und Käfer. Bis zu seinem 16. Jahre wurde er durch Hauslehrer unterrichtet, dann aber besuchte er bis Ostern 1863 das Gymnasium zu Neubrandenburg. Den folgenden Sommer verlebte er zur Erholung in Frankreich, namentlich in dem Seebade Trouville. Hier erregten die am Strande umherliegenden Schalthiere in so hohem Maaße seine Aufmerksamkeit, daß er beschloß, sich in Zukunft speciell dem Studium dieser noch lange nicht genügend erforschten Thiergattung zu widmen. Seine Eltern aber wünschten, daß er sich dem väterlichen Berufe zuwenden sollte. Er bezog deshalb im Herbst 1863 die Universität Rostock, um einige juristische Vorlesungen zu hören. Aber die Rechtswissenschaft vermochte ihn auf die Dauer nicht zu fesseln. Deshalb trat er bereits im October 1864 eine längere Sammelreise durch Südfrankreich, Spanien, Italien und Aegypten an. Unterstützt durch reichliche Geldmittel brachte er Tausende von Naturgegenständen zusammen und erweiterte seine malakozoologischen Kenntnisse derart, daß er allmählich die Anerkennung der Specialisten auf diesem Gebiete gewann. Nachdem er im Sommer 1865 in die Heimath zurückgekehrt war, übernahm er die Bewirthschaftung seiner Familiengüter Federow und Schwarzenhof bei Waren. Im Frühjahr 1867 verheirathete er sich mit Eva v. Korckwitz und Kuschdorf, doch wurde diese Ehe 1876 wieder geschieden. Einen großen Theil seiner Zeit verbrachte er mit der Ordnung und Aufstellung seiner reichen Sammlungen, die er im Laufe der Jahre durch Kauf und Tausch zu einem bedeutenden Museum erweiterte. In einigen Abtheilungen, namentlich in Conchylien, wurde er nur von wenigen anderen Sammlern übertroffen, und so gelangte sein Haus schließlich zu europäischer Berühmtheit und sah manchen namhaften ausländischen Forscher in seinen Räumen. Da er aber auf die Dauer ohne Schädigung seiner Gesundheit naturwissenschaftliche Studien und angestrengte landwirthschaftliche Thätigkeit nicht gleichzeitig betreiben konnte, entschloß er sich 1877, seine Güter zu verkaufen und nach Berlin überzusiedeln, dessen großartige Museen ihn anzogen. Hier ging er im November eine zweite Ehe mit Agnes verw. Coppel geb. Vidal ein. Aber bereits im folgenden Jahre verlegte er, um der Senckenberg’schen Naturhistorischen Gesellschaft und ihren bedeutenden Sammlungen nahe zu sein, seinen Wohnsitz nach Frankfurt am Main. Die Jahre 1879 bis 1883 verbrachte er hauptsächlich mit zoologischen Forschungsreisen, auf denen ihn seine Gattin begleitete und durch ihre Sachkenntniß erfolgreich unterstützte. Zunächst durchstreifte er Portugal, namentlich die hinsichtlich ihrer Thierwelt noch wenig bekannte Südprovinz Algarve. Nach der Rückkehr schilderte er seine Erlebnisse in einem Büchlein „Zum Cap S. Vincent. Reise durch das Königreich Algarve“ (Frankfurt 1880). Dann besuchte er Westafrika, besonders das französische Senegambien, weiterhin Griechenland und Kreta, endlich die asiatische Türkei. Die reiche Ausbeute, die er von diesen Reisen mit heimbrachte, erweiterten die Bestände seines Naturaliencabinets derartig, daß er sich entschloß, es in Waren in einem eigenen, nur für diese Zwecke eingerichteten Hause aufzustellen. Hier ist es unter dem Namen „von Maltzan’sches Naturhistorisches Museum für Mecklenburg“ noch gegenwärtig vorhanden und [167] der Oeffentlichkeit zugänglich. Seit 1883 lebte M. wieder vorwiegend in Deutschland, obwol ihm das Klima nicht zusagte, zunächst in Darmstadt, dann seit 1885 in Berlin. Ohne seine zoologischen Studien zu vernachlässigen, begann er sich allmählich immer mehr der schönen Litteratur zuzuwenden. Unterstützt durch seine poetische Veranlagung und eine gute Dosis natürlichen Humors schuf er in rascher Folge eine Anzahl Lustspiele, die meist ohne den wahren Namen ihres Verfassers hier und da aufgeführt und auch beifällig aufgenommen wurden, aber sich doch nicht dauernd zu halten vermochten. Zu nennen sind: „Die Artenstein“ (1883), „Der Adelscalender“, „Ein berühmter Mann“, „Die Kunstmegäre“ (sämmtlich 1884) und „Freudenreich“ (1885). Der Berliner Periode gehören an das Zeitbild „Der Verein“ und das Drama „Melidoni“ (beide 1885). Eine Unterbrechung in der dichterischen Production brachte eine längere Forschungsreise durch Corsica, Sardinien und Sicilien. Nach der Rückkehr beschäftigte er sich lebhaft mit dem Problem einer für die breitesten Schichten bestimmten Volksbühne, das damals in den Berliner Litteratenkreisen unter dem Einflusse der neu aufkommenden realistischen Richtung im Vordergrunde des Interesses stand. Er griff in den Ideenaustausch durch zwei Broschüren „Volk und Schauspiel“ (1888) und „Die Errichtung deutscher Volksbühnen, eine nationale Aufgabe“ (1889) ein, ohne indessen allgemeine Zustimmung zu finden. Auch ein Volksschauspiel „Der Lohnkampf“ (1890), in dem er seine Theorien praktisch durchführen wollte, vermochte keine durchschlagende Wirkung zu erzielen. Mitten aus dieser vielseitigen Thätigkeit raffte ihn noch im kräftigsten Mannesalter am 19. Februar 1891 zu Berlin ein rascher Tod hinweg. Eine Tochter und ein Sohn aus erster Ehe überlebten ihn. Aus seinem Nachlasse wurde noch „Der Messias der Juden“ (1892), ein Roman aus der Geschichte des Orients im 17. Jahrhundert herausgegeben. Außer den genannten selbständigen Werken hat er überdies eine große Zahl von kleineren Aufsätzen theils zoologischen, theils belletristischen Inhalts verfaßt, die in zahlreichen fachwissenschaftlichen und populären Zeitschriften zerstreut sind.

F. Brümmer, Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten des 19. Jahrhunderts, 5. Ausgabe, III, S. 11 f.