ADB:Müller, Johann Georg (Bischof von Münster)
Kaspar Max Freiherrn v. Droste-Vischering, dessen Nachfolger auf dem Stuhle des heiligen Ludgerus er werden sollte, in Köln die Priesterweihe. Der apostolische Vicar für den rechtsrheinischen Theil der Diöcese Trier, Joseph v. Hommer, muß zeitig auf die hervorragende Begabung des jungen Priesters aufmerksam geworden sein, denn er machte ihn zu seinem Cooperator, veranlaßte ihn, eine Lehrerstelle am Gymnasium zu Coblenz zu übernehmen und regte ihn, nachdem er 1824 Bischof von Trier geworden war, wie so viele andere Geistliche seiner Diöcese, zur Vertiefung und Erweiterung seiner wissenschaftlichen Ausbildung an, indem er ihn nach Wien und München reisen ließ; in München promovirte M. 1827 zum Doctor der Theologie, nachdem er außerdem noch umfassende Rechtsstudien getrieben hatte. Dann aber ermöglichte der Bischof dem kunstbegeisterten jungen Manne eine Reise nach Italien. M. verweilte dort – vorwiegend in Rom – vom October 1827 bis zum Frühjahr 1828 und empfing die bleibenden Eindrücke von der alten christlichen Kunst, welche später seinem Wirken in der Diöcese Münster die leitende Richtschnur gaben.
Müller: Johann Georg M., Bischof von Münster (1847–1870), wurde am 15. October 1798 in Coblenz als Sohn eines Juristen geboren und in Neuwied in den Elementarfächern vorgebildet; am Gymnasium zu Coblenz bestand er das Abiturientenexamen und studirte Philosophie und Geschichte im bischöflichen Seminare zu Trier, sowie an den Universitäten Würzburg und Bonn. Am 9. September 1821 empfing er von dem damaligen Weihbischofe von MünsterNach der Rückkehr in die rheinische Heimath zogen Bischof v. Hommer und sein Nachfolger Arnoldi M. nach und nach zu immer einflußreicherer Mitwirkung bei der Verwaltung der Trierer Diöcese heran: zuerst fungirte er als Geheimsecretär Hommers, dann als Assessor beim Generalvicariat, Professor am Priesterseminar und geistlicher Rath, bis er 1842 zum Generalvicar [514] ernannt wurde. 1844 erhielt er von Papst Gregor XVI. die Würde eines Titularbischofs von Thaumacia i. p. i. und übernahm das Amt eines Weihbischofs der Diöcese Trier.
Nach Kaspar Max’ Tode erwählte ihn das Domcapitel von Münster am 1. Juli 1847 zum Bischofe, und am 22. December d. J. erfolgte seine Inthronisation als solcher.
Seine 22jährige Regierung war segensreich für seine Diöcese. In hoher Begeisterung für die christliche Kunst war er bemüht, damit auch die Geistlichkeit seines Sprengels zu erfüllen, wie er denn auch in seinen ersten Regierungsjahren selbst Vorlesungen über Kunstgeschichte am Priesterseminare gehalten hat. Vor allem aber machte er seine Kenntnisse auf diesem Gebiete nutzbar bei den überaus zahlreichen Neubauten und Erneuerungen von Kirchen, welche zu seiner Zeit in der Diöcese Münster vielfach auf seine unmittelbare Anregung hin ausgeführt wurden. Auch unterstützte er bereitwilligst kunstgeschichtliche Forschung, z. B. Lübke’s „Mittelalterliche Kunst in Westfalen“, so daß ihm der Verfasser als „einem ebenso einsichtsvollen Kenner wie eifrigem Beförderer der Kunst“ für „die nachdrücklichste Unterstützung“ besonders dankte. So sehr er auch den damaligen Enthusiasmus für Stilreinheit theilte, hütete er sich dennoch vor Uebertreibung und war nicht zu bewegen, den berühmten gothischen Lettner aus dem romanischen Dome in Münster zu entfernen, was leider nach seinem Tode die Puristen trotz des lebhaftesten Widerspruches von A. Reichensperger durchsetzten. Dagegen kam er selbst zu Reichensperger in Gegensatz, als er die Grablegung Christi und die Pietà des Bildhauers Achtermann in derselben Kirche zur Aufstellung gelangen ließ. Praktisch bethätigte er ferner sein Kunstinteresse durch Gründung des Diöcesanmuseums, welchem er auch seine eigenen, nicht unbedeutenden Sammlungen letztwillig zuwandte. Er war dadurch bestrebt, Künstlern und Kunsthandwerkern gute Vorbilder vor Augen zu stellen und hat so die Blüthe, welche die religiöse Kunst in Münster erreicht hat, wesentlich mit gezeitigt.
Aber nicht nur die bildende Kunst, sondern auch die religiöse Musik bemühte er sich zu reformiren, indem er den gregorianischen Gesang zur Grundlage des Choralgesanges machte und für den Volksgesang ein neues Diöcesangesangbuch veranlaßte, an dessen Herstellung er ebenso wie bei der des Trierer Gesangbuches sich auch selbst betheiligte.
Nachdem noch in den letzten Lebensjahren seines Vorgängers über das Volksschulwesen mit der preußischen Regierung ein friedliches Abkommen getroffen war, kamen zu seiner Zeit ernste Zwistigkeiten um so weniger vor, als der von 1850–1872 in Münster amtirende Oberpräsident v. Duesberg stets zu Entgegenkommen und Vermittlung bereit war. Aber seine Thätigkeit erstreckte sich auch über die Grenzen seiner Diöcese hinaus: so brachte er als Bevollmächtigter des Papstes die seit dem Jahre 1824 mit der damaligen hannoverschen Regierung schwebenden Verhandlungen über die Wiederherstellung des 1803 säcularisirten Bisthums Osnabrück 1857 endlich glücklich zum Abschluß.
M. war in der Jugend von der Hermesianischen Lehre nicht unbeeinflußt geblieben, trat aber im Alter immer mehr für den engen Anschluß an Rom ein, so daß er sogar unter Aufgabe des besonderen altmünsterschen das allgemeine römische Brevier und Missale in seinem Sprengel einführte.
Er starb kurz nach seinem 25jähr. Bischofsjubiläum am 19. Januar 1870.
- Vgl. Raßmann, Nachrichten von dem Leben Münsterl. Schriftsteller, S. 266 und Neue Folge S. 151, wo auch Nachrufe angeführt und die kunstgeschichtlichen Schriften des Bischofs angegeben sind. – Ferner mündl. Mittheilungen des Herrn Prälaten Dr. Hülskamp.