ADB:Lyncker, Ludwig von
Zach. Der Krieg zwischen Napoleon einerseits und Rußland und Preußen anderseits 1806 und 1807 fand ihn im Felde. Bei der Belagerung von Graudenz nahm er diese Festung unter dem feindlichen Feuer topographisch auf, eine Aufnahme, die für die Belagerer von größtem Nutzen war und später in Kupfer gestochen im Buchhandel erschien. Kaum nach Hause zurückgekehrt, wurde L. am 16. Januar 1808 zum Ritter erster Classe des neu gestifteten großherzoglich hessischen Haus- und Verdienstordens und am 17. August dess. Jahres zum Premierlieutenant ernannt. Im Kriege Napoleons gegen Oesterreich (1809) erhielt er für sein Benehmen in der Schlacht bei Aspern die französische Ehrenlegion. Die Ruhe des kurzen Friedens benutzte L. zu wissenschaftlichen Arbeiten, unter denen seine „Anleitung zum Situationszeichnen“ hervorzuheben ist. Sie kam 1811 in den Buchhandel, zeichnet sich durch klaren, gediegenen Text und die Schönheit der Vorlegeblätter aus und hat mehrere Auflagen erlebt. Der russische Krieg rief ihn von diesen Arbeiten ab. Als Chef des Generalstabs des großherzoglich hessischen Contingents machte er den ganzen Feldzug mit. Wenige Tage nach der Heimkehr, am 14. Januar 1813, wurde er zum Capitän erster Classe ernannt. Die Feldzüge von 1813, 1814 und 1815 fanden ihn ebenfalls an der Spitze des hessischen Generalstabs. [737] Verschiedene hohe Orden, darunter der russische St. Annenorden 2. Classe, das Commandeurkreuz 2. Classe des hessischen Haus- und Verdienstordens, belohnten seine Verdienste. – Bald nach der Rückkehr aus den Feldzügen wurde der vielseitig brauchbare Mann wieder mit wichtigen Aufträgen betraut. Es beschäftigte ihn die Liquidation zwischen Hessen und Baden, die Isenburger Militärangelegenheiten, die Mainzer Festungsverhältnisse, dann landesmilitärische Verhandlungen. Auch begann er wieder seine militärisch-wissenschaftlichen Vorträge. Im Winter 1817/18 trug er Waffenlehre und Heerverfassungslehre, im Winter 1821/22 Heerführung vor. Diese Vorlesungen wurden von jüngeren und älteren Offizieren mit Vorliebe besucht und trugen nicht wenig dazu bei, den wissenschaftlichen Sinn des hessischen Offiziercorps zu erhalten und zu kräftigen. – Am 14. Juni 1820 avancirte L. zum Oberstlieutenant und am 8. Oct. 1822 wurde er zum Commandeur des Generalstabes ernannt. Außer seinen zahlreichen Arbeiten, die er zum Behufe der Reorganisation des hessischen Contingents und seiner möglichsten Gleichstellung mit andern Contingenten veranlaßte, ist als von besonderem wissenschaftlichen Interesse hervorzuheben die von ihm angeordnete topographische Aufnahme des Großherzogthums Hessen. Die desfallsigen Arbeiten begannen unter seiner Leitung bereits im Jahre 1823 und er erlebte die Freude, die Aufnahme von 1/25000 beendigt zu sehen. Mehrfach wurde L. zu den Arbeiten zwecks Reorganisation des deutschen Bundesheeres herangezogen. Zahlreiche Reglements für das Heer, insbesondere für das 8. Bundesarmeecorps, dem die hessischen Truppen angehörten, sind von ihm ausgearbeitet. Im Auftrage des Bundes vorgenommene Inspicirungen führten ihn in andere Bundesstaaten. Seine letzten Arbeiten bezogen sich auf das Projekt einer gemeinschaftlichen Karte der das 7. und 8. Armeecorps bildenden Staaten. – Im In- wie im Auslande gewürdigt, sollte die Anerkennung des ausgezeichneten Mannes mit seinem Verdienste gleichen Schritt halten. Am 19. Febr. 1827 avancirte er zum Obersten und am 26. August 1840 zum Generalmajor. Zahlreiche höhere Orden wurden ihm verliehen; auch wurde er am 30. Mai 1835 von seinem Großherzog in den erblichen Adelstand erhoben.
Lyncker: Ludwig Jakob Friedrich Wilhelm von L. wurde zu Pirmasens am 20. August 1780 geboren und starb als Generalmajor und Generalquartiermeister am 21. Juli 1844 zu Homburg v. d. H. beim Gebrauch des dortigen Bades. – Keine glänzende Jugend sollte das Wirken des später in so hohem Maße Gefeierten ankünden; frühe Entbehrungen schienen ihn für seine schwierige Laufbahn vorbereiten zu sollen. So wurde sein Vater, hessen-darmstädtischer Lieutenant i. P. zu Pirmasens, von da 1793 als Geisel nach Frankreich geschleppt. In dieser Noth unterstützte der kaum 13jährige Sohn die Mutter und half ihr durch Ertheilen von Schreib- und Leseunterricht über die schweren Nahrungssorgen. Die Gelegenheit, etwas Tüchtiges zu lernen, war indessen in Pirmasens sehr beschränkt, und darum war es für den Jüngling ein Glück, daß seine Eltern nach Freigabe des Vaters 1794 nach Darmstadt überzogen. Dort fand er in dem Artilleriehauptmann Haas einen tüchtigen Lehrer. Zeichnen und Mathematik wurden zuerst vor Allem getrieben, dann arbeitete L. bei der Terrainaufnahme, die sein Lehrer leitete, eifrig mit. Haas war es denn auch, welcher die Anstellung des jungen Mannes beim Militär und zwar im Ingenieurcorps veranlaßte. Bereits am 7. Mai 1803 avancirte der Fähnrich L. zum Secondelieutenant im großherzoglich hessischen Generalstab, in welchem er sein Leben hindurch verblieb. Höhere Mathematik und praktische Astronomie studirte der aufstrebende junge Mann vom 1. Juli 1804 bis 1. October 1805 zu Gotha unter der Leitung des berühmten Astronomen