ADB:Linker, Gustav Wilhelm Reinhard
Theodor Bergk classische Philologie, bei Waitz und Sybel Geschichte zu studiren. Er promovirte 1850 mit einer Dissertation „C. Sallusti Crispi Historiarum Prooemium e reliquiis, quae aetatem tulerunt, restituere tentavit“, welche seinem Lehrer Bergk gewidmet ist. Zur Fortsetzung seines Studiums begab er sich darauf nach Berlin, habilitirte sich jedoch bereits 1851 als Privatdocent an der Universität Wien, wo er gleichzeitig als Amanuensis an der Bibliothek eintrat. Nach der Erkrankung und dem Tode Professor Grysar’s leitete er das lateinische Seminar, bis er 1856 zum ordentlichen Professor der classischen Philologie an der Universität Krakau ernannt wurde. Dieses neue Amt trat er indessen erst 1858 an, nachdem Joh. Vahlen an die Wiener philosophische Facultät berufen war. Schon 1861 verließ L. Krakau wieder, um an die damals noch deutsche Universität Lemberg überzusiedeln. Als aber auch hier, gleichwie vorher in Krakau, die polnische Unterrichtssprache an Stelle der deutschen trat, wurde er im J. 1870 nach Prag berufen, wo er bis an sein, durch ein schweres physisches Leiden herbeigeführtes Lebensende verblieb.
Linker: Gustav Wilhelm Reinhard L., Dr. phil., ordentlicher Professor der classischen Philologie an der Universität Prag, geboren am 27. April 1827 in Marburg, † am 24. August 1881 in Prag. In den Jahren 1841–46 auf dem Gymnasium in Kassel vorgebildet, besuchte er 1846–50 die Universität seiner Vaterstadt, um dort beiLinker’s schriftstellerische Thätigkeit befaßte sich hauptsächlich mit Sallust, Cicero, Horaz und der älteren römischen Geschichte. Auf letztere bezieht sich seine Abhandlung „Ueber die Wahl des altrömischen praefectus urbis feriarum Latinarum“ (in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie, philos.-hist. Cl. Bd. 10, 1853, S. 7–28) sowie sein Vortrag „Die älteste Sagengeschichte Roms“, den er 1858 in einem Cyklus populärwissenschaftlicher Vorträge von Mitgliedern der Wiener philosophischen Facultät hielt (herausgegeben in der Samml. wissenschaftl. Vorträge geh. im großen Ständischen Saale, Wien 1858, 27 S.). Niebuhr und Mommsen waren auf diesem Gebiete seine Führer. Sehr wichtige „Emendationen zu Sallust“ lieferte er in den Wiener Sitzungsberichten, phil.-hist. Cl. Bd. 13, 1854, S. 261–292, die eine Ausgabe des Schriftstellers vorbereiteten. Diese erschien 1855 unter dem Titel: „Gai Sallusti Crispi Catilina Jugurtha ex Historiis quae exstant orationes et epistulae recognovit G. L. Ad Catilinam et Jugurtham additae sunt lectiones codicis Vaticani 3864 denuo conlati“, Vindob. 1855, und wurde 1864 [2] neu aufgelegt. Es war eine Textausgabe, in welcher L. die von Lachmann und Ritschl aufgestellten Grundsätze der lateinischen Orthographie durchführte, und zu welcher ihm Joh. Forchhammer durch eine Collation des Vaticanus neues handschriftliches Material geliefert hatte. Das nächste Jahr brachte von ihm eine Horazausgabe (Scholarum in usum, Wien 1856) mit kritischer Praefatio, worin er den Bahnen Haupt’s und Meineke’s folgte. Diesem Dichter blieb er auch späterhin treu; denn als 1877 die Carolina Ferdinandea der Tübinger Universität zum 400jährigen Jubiläum gratulirte, bildeten Linker’s „Quaestiones Horatianae“, seine letzte litterarische Publication, den Inhalt der Festschrift. Von Cicero gab L. 1857 eine „Orationum Tullianarum decas“ heraus, von der indessen nur die Catilinarischen Reden erschienen sind. In der Beurtheilung Cicero’s hatte sich L. schon in einer These seiner Doctordissertation an Drumann angeschlossen. Kleinere Arbeiten veröffentlichte er in den Fachblättern, wie in der Zeitschrift für österreichische Gymnasien. L. huldigte in seiner Behandlung des Textes der lateinischen Autoren einer fortgeschrittenen, etwas zu radicalen Kritik, die bei Horaz weniger angebracht war als bei Sallust, in dessen Catilina er unter Zustimmung von Dietsch u. A. ein ganzes Capitel versetzte; aber er blieb dabei immer geistvoll und scharfsinnig, wie auch in seinen anregenden Vorlesungen über römische Litteraturgeschichte, seinen Sallust- und Horazinterpretationen und seinen lateinischen Seminarübungen. L. besaß eine gewinnende Persönlichkeit und einen durchweg offenen Charakter, der ihm zahlreiche Freunde gewann, besonders in den deutschgesinnten Kreisen Prags, wo er stets für die Interessen des Deutschthums nachdrücklichst eingetreten ist.
- Vgl. Biograph. Jahrbuch der Alterthumskunde, hrsg. von C. Bursian V, 1882, S. 6–8 (Berlin 1883). – Eckstein, Nomenclator philolog. S. 337.