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ADB:Lerchenfeld, Gustav Freiherr von

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Artikel „Lerchenfeld, Gustav Freiherr von“ von Max Freiherr von Lerchenfeld in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 421–422, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lerchenfeld,_Gustav_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:45 Uhr UTC)
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Lerchenfeld: Gustav Freiherr v. L., wurde als der älteste Sohn des damaligen Directors bei der Landesdirection in Ulm und späteren baierischen Finanzministers Max Frhrn. v. L. am 30. Mai 1806 in Ulm geboren. Er brachte seine Jugend im elterlichen Hause zu; die häufigen Versetzungen seines Vaters nach Ansbach, Nürnberg, Innsbruck und Würzburg nöthigten zu einem Wanderleben, das erst 1817 mit dessen Ernennung zum Finanzminister seinen vorläufigen Abschluß fand. L. besuchte das Gymnasium in München und bezog im J. 1824 die Universität in Würzburg, dann die zu Heidelberg und München. Schon auf der Universität hielt er sich fern von wüstem studentischem Treiben und neigte sich mehr den ernsteren Bestrebungen der Burschenschaft zu, obwol er sich ihr niemals wirklich anschloß. Nach beendeten Studien wendete er sich im J. 1828 zum Beginne der juristischen Praxis nach der Rheinpfalz, wo ihn das öffentliche und mündliche Verfahren des französischen Rechts anzog; dort wirkte er auch vom J. 1830–41 in Landau und Frankenthal als Richter. Im J. 1841 wurde er zum Appellationsgerichtsrath in Bamberg befördert. Am 31. Decbr. 1843 verließ er den Staatsdienst, da ihn der Tod seines Vaters in den Besitz eines Gutes gesetzt hatte, neben dessen Verwaltung er sich historischen und staatswissenschaftlichen Studien widmete. Im J. 1845 trat L. zuerst in den baierischen Landtag ein und zwar als Abgeordneter der adeligen Gutsbesitzer mit Gerichtsbarkeit. Er gehörte von da an bis zu seinem Tode ununterbrochen der Abgeordnetenkammer an. Von Anfang an entwickelte er hier eine bedeutende Wirksamkeit und bald war er einer der Führer der Opposition gegen das Ministerium Abel. In Finanzangelegenheiten war er in Folge seines eisernen Fleißes und seiner unermüdlichen Ausdauer bald die erste Autorität der Kammer und von 1845–66 stets Budgetreferent. Kurz nach dem Schlusse des Landtags von 1846 starb ihm die liebende Gattin nach 15jähriger, zwar kinderloser, aber äußerst glücklicher Ehe. Dieser Verlust, den er nur schwer überwand, hat auf seine ganze Lebens- und Charakterentwickelung den größten Einfluß gehabt. Er widmete sich von nun an mit seinem ganzen Denken und Fühlen den öffentlichen Angelegenheiten. Die Märzbewegung des J. 1848 rief ihn mit Thon-Dittmer und Heintz in das Ministerium, in dem er zuerst die Finanzen, dann, nach Thon-Dittmer’s Rücktritt, das Innere verwaltete. Am 19. Decbr. 1848 trat er aus dem Ministerium, das das Vertrauen des Königs nicht mehr besaß. Den revolutionären Bewegungen dieser Zeit trat er ebenso entschieden entgegen, als später der Reaction des Ministeriums Pfordten-Reigersberg. Im Verein mit dem Grafen Hegnenberg, mit dem ihn nicht nur die Uebereinstimmung der politischen Anschauungen, sondern auch die innigste persönliche Freundschaft verband, stand er eine Reihe von Jahren an der Spitze der Opposition und, als das Ministerium zurückgetreten war, an der Spitze der liberalen Kammermehrheit. [422] Daß diese sich nach dem J. 1863 spaltete, war dem Einfluß der deutschen Frage zuzuschreiben. L. stand auf dem großdeutschen Standpunkt. Ueberzeugt von der Unzulänglichkeit der deutschen Verfassung, wollte auch er die Einigung Deutschlands, aber im Verein mit Oesterreich. Er bekämpfte deshalb die Gothaer und den Nationalverein, und trat im J. 1862 an die Spitze des großdeutschen Reformvereins. Das J. 1866 machte diesen Bestrebungen ein jähes Ende. L. überlebte den Schiffbruch der großdeutschen Partei nicht lange; er starb an den Folgen eines in der Kolowratshöhle auf dem Untersberg bei Salzburg erlittenen Sturzes am 10. Octbr. 1866 zu Berchtesgaden. Wie er sich zu den späteren politischen Entwickelungen gestellt haben würde, ist deshalb nicht zu sagen; jedenfalls aber schlug sein Herz ebenso warm für das Vaterland, als für die engere Heimath. Er war ein Mann von großer Einfachheit der Sitten, der gewissenhaftesten Pflichttreue und seltener Uneigennützigkeit. Sein wahrhaftiger und edler Charakter erzwang selbst die Achtung der Gegner und trug zu dem großen Einfluß, den er auf seine Zeit ausübte, mehr bei, als Redegewandtheit oder politische Geschicklichkeit. Er war vielfach litterarisch thätig; im Verein mit Rockinger gab er die baierischen landständischen Freibriefe heraus, schrieb eine Geschichte Baierns unter Max Joseph I., die werthvolle Beiträge zur Verfassungsgeschichte dieses Landes enthält, und eine Anzahl politischer Broschüren; auch war er ein fleißiger Mitarbeiter der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“.