ADB:Larisch, Alfred von
[594] Gewerbeordnung vereinbart, die auf den Grundsätzen der Gewerbefreiheit beruht. Das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch wurde 1864 eingeführt, das Wasserrechtsgesetz 1865. Die obersten Landesbehörden wurden 1866 völlig umgestaltet. Mit vorzüglichem Interesse verfolgte L. in dem Jahrzehnt vor dem österreichischen Kriege die auf den einschlägigen Fürstentagen und zahlreichen Ministerconferenzen behandelte deutsche Frage wegen Neuerrichtung eines deutschen Kaiserreiches. Insbesondere ist zu erwähnen, daß bei diesen Verhandlungen L. öfters mit dem Erbprinzen Friedrich von Anhalt zusammentraf, dessen Wunsch bald dahin ging, den Altenburger Minister für Anhalt zu gewinnen, womit Herzog Leopold von Anhalt, † am 22. Mai 1871, im Frühjahr 1868 einverstanden war, so daß L. nach Dessau übersiedelte. Herzog Ernst schloß unter dem 21. Juni 1866 das entscheidende Bündniß mit König Wilhelm von Preußen und trat am 18. August dem von den norddeutschen Staaten mit Preußen vorläufig geschlossenen Bündniß, später dem Norddeutschen Bunde bei. Die neu entstandenen Bundesverhältnisse verursachten natürlich dem Minister bedeutende Arbeit, da die heimischen Verhältnisse der Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes angepaßt werden mußten. Zuletzt war L. noch mit Vorarbeiten beschäftigt zu einem 1868 erlassenen Gesetz über die Classensteuer und classificirte Einkommensteuer.
Larisch: Karl August Alfred von L., geboren zu Kümmeritz in der Niederlausitz am 17. November 1819, † daselbst am 11. October 1897. Vorgebildet zu Hause und in dem nahen Luckau bis 1837, studirte er in Bonn und Berlin Jura und Cameralia, interessirte sich aber auch für Geschichte, Philosophie und Theologie. Von 1840 ab als Auscultator beim Potsdamer Stadtgericht, von 1842 als Referendar bei der Regierung beschäftigt, ward er 1846 Assessor bei der Koblenzer Regierung, 1848 Hülfsarbeiter im rheinischen Oberpräsidium und im September im Ministerium des Innern zu Berlin. Seit December 1848 verwaltete er den Zeitzer Kreis, seit 1850 als Landrath. Von Februar 1853 ab bis 1867, wo ihm v. Gerstenberg-Zech folgte, stand er an der Spitze des Sachsen-Altenburger Ministeriums, zuerst, an Stelle des Grafen v. Beust, unter Herzog Georg und seit 3. August 1853 unter Herzog Ernst. Trotzdem L. 1864 das väterliche Gut in eigene Verwaltung übernommen hatte, hielt er sich doch bis 1868 noch oftmals in Altenburg auf. Vielfache Ausschreitungen der 1848er Demokratie, in der einzelne sogar für eine thüringische Republik schwärmten, mahnten dringlich an thatkräftiges Einschreiten des Ministers gegen die schädliche Zeitrichtung. Die herzoglichen Domänen wurden am 18. März 1854 wieder für Eigenthum des Herzogshauses erklärt, doch verblieb die Verwaltung derselben für die Dauer der regierenden Speciallinie bei der staatlichen Finanzbehörde. Eine neue Gerichtsorganisation und Strafproceßordnung erfolgte 1854. Der Landtag wurde, weil er ein neues, zeitgemäßes Wahlgesetz ablehnte, aufgelöst. Der Herzog hob einseitig das Wahlgesetz von 1850 auf und stellte mit geringer Abänderung das Wahlgesetz der 1831er Verfassung wieder her. Der hiernach gewählte Landtag vom 23. October 1855 bestätigte dies Wahlgesetz. Am 1. Mai 1857 wurde das Grundgesetz revidirt, am 20. April 1857 war bereits ein Gesetz über die Zusammenlegung von Grundstücken ergangen, Ergänzung und Ersatz dieses Gesetzes betraf 1882 und 1889 die als Fachgeometer hinzuzuziehenden Feldmesser. Für alle thüringischen Staaten wurde 1862 eineSchon vor dem 28. Juni 1869 wurde in Anhalt daran gearbeitet, die dem herzoglichen Hause am inländischen Privatgute und am anhaltischen Stammgut zustehenden Eigenthums- und Nutzungsrechte feststellen zu lassen, nachdem bisher der herzogliche Privatbesitz und das Staatseigenthum gemeinsam von der herzoglichen Finanzbehörde verwaltet worden war und alle Einkünfte mit den übrigen fiskalischen Einnahmen in die Landeshauptcasse geflossen waren. Die Privatgutsmasse und ein aus dem Domanium der Substanz nach auszuscheidender Theil des Stammguts hatte in die besondere Verwaltung des herzoglichen Fideicommisses überzugehen. Das Ergebniß der Domanialauseinandersetzung wurde bereits am 25. December 1871 veröffentlicht. Zufolge des Heimganges des Bernburger Herzogs Alexander Carl am 19. August 1863 und des Anfalls des ganzen Landes an die überlebende dessauische Linie war zu verhandeln mit den beiden Allodialerbinnen, der verwittweten Prinzeß Friedrich von Preußen, Wilhelmine Luise, geborener Prinzessin zu Anhalt, und der Herzogin Wittwe Friederike von Bernburg. Beide cedirten und übereigneten die ganze Erbschaft mit wenigen Ausnahmen dem Herzog Leopold, der die Ablösung der jährlichen Mannlehnsrente an die gräflich v. Westarp’sche Familie mit einem Capital übernahm, an dessen Zusammenbringung beide Erbinnen theilnahmen. Das Kaufgeld für die Abtretung der Allodialerbrechte ward am 2. Juli 1869 auf eine Million Thaler vereinbart.
Besonderen Fleiß widmete L. der allseitig durchzuführenden Sparsamkeit des gesammten Haushalts am herzoglichen Hofe und im Staate. Die Nothwendigkeit hierzu ergab wegen der eben erwähnten hohen Ausgaben zugleich die Steigerung der Kosten der gesammten Staatsleitung seit dem Eintritt Anhalts in den Norddeutschen Bund. Eine wesentliche Hülfe wurde der Staatscasse zu theil in der Milliardenzeit durch dauernd erhöhte Einnahmen aus dem Salzbergwerk Leopoldshall und durch steigende Summen aus den Einkommenssteuern der Einwohner. Dadurch ermöglichte sich manche kostspielige Neueinrichtung: durch die Kreisordnung vom 18. Juli 1870 gewannen die fünf Kreise, welche bis dahin nur willkürlich zusammengelegte Verwaltungsbezirke waren, erst die Stellung von wirthschaftlichen communalen Verbänden mit eigenem Vermögen und selbständiger Verwaltung, deren Hauptaufgabe Förderung des Baues öffentlicher Straßen und Wege und Uebernahme der öffentlichen [595] Krankenpflege in gemeinsamen Krankenhäusern ist. Ein Wegegesetz erschien zum 1. October 1871. Die Kreise erhielten vom 24. Januar 1872 ab hoch bemessene Dotationen, die später erhöht wurden. Auf Bauten konnten höhere Summen verwandt werden, für Kirchen, Schulen, Domänen u. s. w. In Dessau wuchs das neue Behördenhaus 1875 empor, das aber L. nicht mehr mit bezog, weil er damals seinen Abschied nahm. Ein Hauptverdienst erwarb sich L. durch Abänderung der alten Landschaftsordnung von 1859 vom 15. Juli 1871 ab (cf. Trenkel, Hof- und Staatshandbuch für Anhalt, 1902, S. 198). Die bisherigen Aenderungen erschienen bis zum 19. Mai 1895. Die Staatsschuldenverwaltung wurde von 1872 ab neu geregelt. Von behördlichen Neubildungen seit 1870 erwähnen wir die Ueberweisung der Geschäfte des Staatsministeriums, 28. April 1870, an Einen verantwortlichen Minister, dem vortragende Räthe zur Seite stehen; eine Behördenbibliothek erstand 1876; dem statistischen Bureau verdankt man zahlreiche Veröffentlichungen über die aus den Volkszählungen u. s. w. nachweisbaren Ergebnisse, 1872 wurde das Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst gegründet als gemeinsames an Stelle der bisherigen Einzelarchive des Landes (cf. Trenkel a. a. O. S. 208). Aufhebung der Jagd auf fremdem Grund und Boden erfolgte für Dessau-Köthen bereits 1870, ein Jagdpolizeigesetz schloß sich an. Wegen Unsicherheit aller Erträge aus Bergwerken wurde zunächst auf sechs Jahre 1871 die Erhebung von mindestens neun Einheiten zur Ergänzungssteuer angeordnet, zur Sicherstellung des Staatsshaushaltes, Ansammlung eines Reservefonds und zur Landesschuldentilgung durch alle Ersparnisse und Ueberschüsse der Landeshauptcasse. Eine allgemeine anhaltische Wittwencasse wurde 1872 gebildet. Die Leitung der anhaltischen Separationen wurde 1874 der Generalcommission in Merseburg übertragen, und deshalb die Dessauer gleiche Commission von 1850 aufgelöst. Die Oberleitung des Schulwesens übernahm von 1875 ab vom Consistorium eine Abtheilung der Regierung. Die Regierungsabtheilung des Innern trat ganz an die Stelle der bisherigen Abtheilung des Innern und der Polizei. Die Finanzverwaltung, die seit 1864 der Regierung obgelegen hatte, wurde von der neu gebildeten Finanzdirection übernommen. Zu Tragung kirchlicher Baulasten erfolgte, nachdem bisher in jedem einzelnen Fall entschieden worden war, 1873 feste Neuregelung. Ebenso wurde 1873 der staatliche Aufwand für das Volksschulwesen neu geordnet. Zur Neugestaltung der gesammten Kirchenverfassung wurden bereits im Februar 1875 die ersten Schritte gethan. Kirchenräthe und Vertretungen der Gemeinden wurden sogleich gewählt, zum Erlaß einer Synodalordnung kam es aber erst 1878. Die Aufhebung der Zahlung von Stolgebühren wurde bereits im März 1875 für die Zeit von 1876 ab verkündet. Mit seinen kirchenpolitischen Ansichten fand L. keinen rechten Anklang im Lande. Er hatte sich die oberen Beamtenkreise schon seit 1873 entfremdet, wo er sie durch Rundschreiben aufforderte, Hüter und Träger der sittlichen Ideen im Staate mit ihm zu sein, dem Volke durch Pflichttreue, Anspruchslosigkeit und sittliche Integrität voranzuleuchten und so der Entsittlichung im Volke entgegenzutreten. So durch starke Gegenströmungen, sowohl bei Hofe, als bei den Staatsbehörden, fast isolirt, nahm er seinen Abschied und zog nach Kümmeritz, wo er 1897 auch feierlich beigesetzt wurde. Wegen seines edlen Sinnes, seiner staatsmännischen Umsicht und Arbeitsfreudigkeit ist ihm in Anhalt eine dankbare Erinnerung gesichert, zumal sein persönlicher Verkehr ihm vollste Hochachtung einbrachte.