ADB:Lützelburger, Hans
Holbein’s in Holzschnitten von wunderbar feiner und verständnißvoller Ausführung überliefert hat, welche durch ihre rasche und ausgedehnte Verbreitung zum Ruhm des großen Malers kaum weniger beitrugen, als dessen Meisterwerke des Pinsels. Gleich Holbein scheint L. von Augsburg aus in Basel eingewandert zu sein. Das früheste Vorkommen seines Namens findet sich auf einem Holzschnitt Augsburger Ursprungs, welcher einen Kampf von Bauern gegen nackte Männer in einem Walde darstellt. Im Rande dieses seltenen Blattes liest man: Hanns Leuczelburger Furmschnider 1522. Eine andere Arbeit, die uns seinen vollen Namen Hanns Lützelburger, Formschnider, genannt Frank, überliefert, besteht in einem Uncialalphabet mit Todtentanzdarstellungen, deren Zeichnungen Holbein’s Meisterhand verrathen. Der Schnitt dieser kaum zollgroßen Bildchen ist von unübertroffener Feinheit, und dies gilt auch von zwei anderen Alphabeten kleineren Formats, wozu ihm Holbein die Zeichnungen lieferte, das eine mit Bauernscenen, das andere mit spielenden Kindern. Als 1523 Thomas Wolff zu Basel eine deutsche Bibel nach Luther’s Uebersetzung druckte, zierte er dieselbe mit einigen Holzschnitten, welche L. nach Zeichnungen Holbein’s fertigte, und wovon das Titelblatt mit Scenen aus den Evangelien und der Apostelgeschichte mit den Initialen seines Namens H. L. FVR. (Furmschnider) versehen ist. Wichtiger für ihn wurden die Aufträge, welche er von den Lyoner Buchdruckern Melchior und Caspar Trechsel erhielt. Er fertigte nämlich für dieselben die beiden berühmten Holzschnittfolgen, die Bilder des alten Testaments und die Todesbilder, wozu ihm Holbein die Vorzeichnungen lieferte. Erstere Folge, 91 Bilder, wovon jedoch mehrere von weit geringerer Hand sind, erschienen 1538 in einer Folio-Ausgabe der Vulgata, und gleichzeitig in einem besonderen Büchlein, betitelt: „Historiarum veteris Instrumenti Icones ad vivum expressae“. [719] Daß indeß schon viel früher in Basel gefertigte Probedrucke davon existirten, beweisen die Copien nach denselben in einer Zürcherbibel von 1531. Die Folge der Todesbilder erschien gleichfalls erst 1538, wiewohl die Holzstöcke bereits seit 1526 in den Händen der Lyoner Verleger waren. In diesem Jahre starb nämlich L. zu Basel, worauf jene die Auslieferung der Holzstöcke, auf welche sie Vorschüsse gemacht hatten, forderten und erlangten. Da aber L. von den 58 von Holbein vorgezeichneten erst 41 vollendet hatte, so sahen sich die Verleger, wie aus der Vorrede hervorgeht, für den Schnitt der 17 übrigen lange vergeblich nach einem eben so geschickten Formschneider um, und mußten sich endlich entschließen, nur die 41 von L. geschnittenen herauszugeben. Erst 1545 erschien die 5. Auflage mit einer Vermehrung von 12, und 1562 die 10. mit einer solchen von 17 Bildern. Bekanntlich giebt es auch von den 41 von L. geschnittenen Todesbildern Probedrucke, welche in Basel vor deren Absendung nach Lyon gefertigt wurden. – Noch eine Anzahl anderer Holbein’scher Compositionen schnitt L. So darf unter anderen das schöne aber seltene Blatt mit der Satire auf den Ablaßkram, obschon mit keinem Monogramm bezeichnet, ihm dennoch mit Sicherheit zugeschrieben werden; denn hier, wie in allen seinen Arbeiten wußte er den Strich des Meisters mit solcher Genauigkeit wiederzugeben, daß die Ansicht, Holbein habe selbst das Schneidemesser geführt, lange Zeit von bedeutenden Kennern, wie z. B. Rumohr, verfochten wurde, bis die neueren Forschungen dem bescheidenen L. wieder zu seinem ihm gebührenden Recht verhalfen.
Lützelburger: Hans L. heißt der vorzügliche Formschneider, dessen kunstgeübte Hand der Nachwelt eine namhafte Anzahl historischer Compositionen
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Johann Daniel Ferdinand Sotzmann (1781-1866), preussischer Beamter, Sohn von D. F. Sotzmann.