ADB:Löffler, Adolph Friedrich
[100] Mayer“, Trajecti ad Viadrum (welche bereits einige Gegenstände enthielt, die, wie die Synchondrotomie, der Kaiserschnitt, ihn später mehrfach beschäftigten), die medicinische Doctorwürde. Er ließ sich darauf in Hamburg nieder, ging jedoch schon 1786 in Folge einer Aufforderung des Leibarztes Zimmermann, welcher von der Kaiserin von Rußland den Auftrag erhalten hatte, ihr einige geschickte Aerzte zu senden, dorthin und wurde Provinzialarzt zu Poloczk in Weißrußland, während er später die oben erwähnte Stellung in Witepsk einnahm. Bereits 1788 ließ er einen Band „Beyträge zur Wundarzneykunst“ erscheinen, dem 1791 unter dem Titel: „Beyträge zur Arzneywissenschaft und Wundarzneykunst“ eine neue Auflage in zwei Theilen folgte, welche alle Aufsätze der zuerst genannten Schrift mit Zusätzen und neuen Beobachtungen vermehrt enthielt, mit Ausnahme eines die Einleitung bildenden Aufsatzes über den Sklavenhandel in Afrika und wie die einzukaufenden Sklaven untersucht und geprüft werden müssen. Außerdem finden sich darin noch einige Erfahrungen, die er auf seinen Reisen gemacht hatte, niedergelegt, wie über „Dracunculus oder Vena medinensis“, über die Hautkrankheit „Yaws“. Demnächst enthält diese Sammlung von Beobachtungen eine Reihe von Mittheilungen aus der inneren Medicin (Epilepsie, Krämpfe, Wassersucht, Gesichtslähmung, Krätze, die Inoculation der Pest, über eine Epidemie von „faulicht-gallichtem catarrhalischem Fieber“ etc.), über eine Anzahl von Medicamenten und Behandlungsweisen (Blutegel, Aderlaß, Nutzen des Wachstuches, über Moschus, Brechwurzel, Quecksilber, Schwefelsäure, künstliche Bereitung mineralischer Sauerwässer, über Spießglanzpräparate, Sabadillsamen, Zinkblumen), ferner Beobachtungen aus der chirurgischen Pathologie (Scirrhus und Krebs, Gelenkkrankheiten, Knochenbrüche, Geschwülste, Mastdarmfistel, Hernien etc.) und Therapie (Wirksamkeit kalter Umschläge, Polypen-Exstirpationen, Einspritzungen in die Harnblase, Punktion derselben von der Vagina aus, Verfahren bei Verletzung der Rippenschlagader), endlich auch eine Anzahl von Mittheilungen aus der Geburtshülfe (übele Zufälle bei der Geburt, Scheintod der Neugeborenen, über Kaiser- und Schambeinfugenschnitt, Beschreibung eines Wassersprengers etc.). Besonders hervorzuheben ist die von L. unter dem bescheidenen Titel: „Einige Verbesserungen zum Verband der Beinbrüche“ beschriebene wichtige Erfindung der schwebenden Aufhängung gebrochener Gliedmaßen, die seitdem eine so umfassende Anwendung gefunden hat. – Zehn Jahre später (1801) folgte eine ähnliche Schrift „Vermischte Aufsätze und Beobachtungen aus der Arzneykunst, Wundarzneykunst, Geburtshülfe und gerichtlichen Arzneykunde. Mit einer Vorrede, Zusätzen und Bemerkungen von Sam. Gottlieb Vogel“, in welcher sich wiederum Beobachtungen aus allen Zweigen der Heilkunde verzeichnet finden, namentlich aus der Geburtshülfe und gerichtlichen Medicin („Zeichenlehre: Ob ein Kind lebendig zur Welt gekommen sey?“, verbesserte Anlegung der Zange, Stillung der Gebärmutterblutung durch einen Sandsack etc.) und aus der Chirurgie. L. gab ferner heraus „Die neuesten und nützlichsten praktischen Wahrheiten und Erfahrungen für Aerzte und Wundärzte“, Bd. I–III 1803–9, ferner 1796 „Dav. von Gesscher’s Abhandlung von den Wunden. Aus dem Holländischen mit vielen Anmerkungen“, außerdem eine ganze Reihe von Aufsätzen in den damaligen verbreitetsten medicinischen, chirurgischen, geburtshülflichen Zeitschriften (mehrfach mit Zusätzen versehen, in den schon erwähnten gesammelten Beobachtungen später noch einmal abgedruckt). Diese Aufsätze finden sich in Richter’s chirurgischer Bibliothek von Bd. V, 1780, an bis Bd. XV, 1797, „Verschiedene chirurgische Wahrnehmungen“, „Bemerkungen“, „Taubheit durch die Jasser’sche Operation geheilt“ (Anbohrung des Zitzenfortsatzes), „Beitrag zu einer Abhandlung über die Abweichung der Knochen (diastasis)“ etc.; ferner in Blumenbach’s medicin. [101] Bibliothek, Bd. III, 1791: „Von der Verletzung der Rippenschlagader (art. intercostalis)“; sodann in Stark’s Archiv für Geburtshülfe von Bd. III, 1791 bis 1801, Aufsätze über Synchondro- und Hysterotomie, Bauchschnitt bei Ruptura uteri, Scheintod der Neugeborenen, Vorfall und Umschlingung der Nabelschnur, Lösung der Nachgeburt, Beförderung der Wehen durch Borax, Perforation des Kopfes etc.; endlich in Hufeland’s Journal der Heilkunde von Bd. III, 1797, bis Bd. XXXII, 1811, eine Anzahl von Mittheilungen hauptsächlich aus der Geburtshülfe und Chirurgie. Nimmt man hierzu noch einige andere Arbeiten, darunter die in russischer Sprache 1812 erschienene Anweisung „Vorbauungs-Verfahren wider die Wasserscheu“, so ist aus diesen wenigen Andeutungen schon ersichtlich, daß L. ein äußerst fruchtbarer, stets auf das Praktische gerichteter Schriftsteller war, dem unzweifelhaft eine sehr reiche Erfahrung in allen den Dingen, über die er schrieb, zu Gebote stand, und der sich gerade durch die Veröffentlichung seiner Erfahrungen um die verschiedenen Gebiete der Gesammtmedicin verdient gemacht hat. – Ueber Zeit und Ort seines Todes ist uns nichts bekannt geworden.
Löffler: Adolph Friedrich L., kaiserlich russischer Hofrath, Inspector und Geburtshelfer der Medicinalverwaltung des Gouvernements Witepsk, ein um die Förderung der Chirurgie und Geburtshülfe sehr verdienter Arzt, über dessen Lebensumstände wir jedoch nur sehr wenig Genaues wissen, war zu Berlin 175? geboren. Obgleich er Talent und Neigung zu den Wissenschaften hatte, erlaubten ihm die Vermögensumstände seiner Eltern nicht, zu studiren. Er entschloß sich daher, Wundarzt zu werden und trat als Lehrling bei einem wohlhabenden Wundarzt in Altona ein. Er benutzte jeden freien Augenblick, um sich wissenschaftlich weiter auszubilden und ging dann als Schiffsarzt nach Westindien. Nach einem Jahre kehrte er zurück, ließ sich in einem kleinen Orte (in Mecklenburg?) als Arzt nieder, verließ diese Stellung aber bald wieder, verheirathete sich in Altona und ging, seine Gattin zurücklassend, als Arzt auf einem Sklavenschiff nach der afrikanischen Küste, von dort nach St. Domingo. Nach zwei Jahren kehrte er in die Heimath zurück, studirte auf der Universität Frankfurt a. d. O. und erwarb daselbst am 26. Sept. 1785 mit der Dissertation „De nonnullis ad chirurgiam pertinentibus praes. Joh. Chr. Andr.- Vgl. Hans Schröder, Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart, Bd. IV, S. 522. – Ausführliches Verzeichniß von Löffler’s litterarischen Leistungen bei Callisen, Medicinisches Schriftsteller-Lexikon, Bd. XI, S. 429; Bd. XXX, S. 106.