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ADB:Kurzbauer, Eduard

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Artikel „Kurzbauer, Eduard“ von Friedrich Pecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 430–431, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kurzbauer,_Eduard&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:40 Uhr UTC)
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Kurzbauer: Eduard K., Genremaler, geb. in Wien am 2. März 1840, † in München am 13. Januar 1879. Unzweifelhaft gehörte K. zu den begabtesten jener großen Zahl österreichischer Künstler, die in der Metropole an der Isar eine zweite Heimath gefunden haben. Unter den Sittenbildmalern der Schule nimmt er wenigstens während der 70er Jahre neben Defregger den hervorragendsten Platz ein, obwol er sich von diesem sehr wesentlich dadurch unterscheidet, daß er entsprechend seiner Herkunft und Erziehung das Landvolk nicht wie seines Gleichen, sondern doch mehr mit den Augen eines Großstädters betrachtet und darum auch sehr häufig Dorf und Stadt in seinen Bildern zu verbinden trachtete. Sohn eines Professors am Wiener Polytechnikum wurde er auf Wunsch desselben nach tüchtig vollendeter Schulbildung Lithograph, was ihn aber so wenig befriedigte, daß er es durchsetzte die dortige Akademie besuchen zu dürfen. Sie genügte ihm indeß bald auch nicht mehr, obwol er dort schon verschiedene Preise davon trug. Da der Vater bei sehr zahlreicher Familie außer Stande war ihn weiter zu unterstützen, so wurde nur durch Freundeshilfe ermöglicht, daß er Wien, wo es ihm trotz aller Anstrengung nicht gelang sich zur Anerkennung durchzuringen, mit München vertauschen durfte. Dort bewirkte gleich sein erstes figurenreiches Bild, „Die Märchenerzählerin“, 1867, daß er in die Pilotyschule aufgenommen wurde. In dieser bald mit seinen Landsleuten Max und Makart sowie Defregger speciell befreundet, entfaltete sich sein Talent nunmehr sehr rasch im Umgange mit diesen hochbegabten jungen Männern. – So entstand denn schon 1870 jenes Bild der „Ereilten Flüchtlinge“, das sofort seinen Ruf in ganz Deutschland begründete und die Auszeichnung erfuhr, für das Wiener Belvedere angekauft zu werden. Es verdiente beides vollkommen, denn für eine solche Erstlingsarbeit ist es von gewiß äußerst seltener Trefflichkeit. Das Innere einer oberbairischen Wirthsstube darstellend, in der eine entführte Tochter aus feiner Familie mit ihrem irgend einem Künstler gleichenden Geliebten eben von der gnädigen Mama eingeholt wird, zeigt es sowol in der Schilderung dieser drei den höheren Ständen angehörigen Personen, als noch mehr in der einer Anzahl bald neugierig, bald theilnahmsvoll der nicht allzu tragischen Katastrophe zusehender bäuerischer Gäste soviel Fähigkeit dramatischer Schilderung und seiner individueller Charakteristik zugleich, überdies ein solch technisches, vorab coloristisches Talent, daß sich die große Wirkung dieses überaus glücklichen ersten Wurfes wol vollkommen rechtfertigt. Fortan nun der drückendsten materiellen Sorgen enthoben, ließ K., der nun die Schule bald verließ, diesem Bild rasch [431] eine ganze Reihe Anderer folgen. So „Der abgewiesene Freier“, dann „Das ländliche Fest“, jetzt in der Münchener Pinakothek, wo er zum ersten Male die Schilderung schwäbischer Land- und Stadtleute mit Glück versuchte. Hierauf „Das erste Bilderbuch“, in der Stuttgarter Staatsgalerie, ferner „Stürmischer Verlobungstag“, „Weinprobe“, „Wahlbesprechung“, wo ein Hetzkaplan die Bauern aufzuwiegeln sucht, „Der Trutzige“, „Sonntagsjäger“, „Der erste Schritt“ eines Einjährigen von der Mutter zur Tante und voll feiner Beobachtung der Kindernatur. Dazwischen kam nun eine Reise nach Rom und Neapel, ohne daß ihn indeß die italienische Bevölkerung angeregt hätte ihre Schilderung mit jener der schwarzwälder oder oberbairischen zu vertauschen. Leider legte er aber hier durch ein vernachlässigtes Leiden den Grund zu seinem frühen Tode. Es folgten nun noch jene kleinen Meisterwerke, „Die Kartenschlägerin“, welche einem schwarzwälder Mädchen Erfüllung ihrer stillen Wünsche prophezeit, „Die Verleumder“, wo ein junges Mädchen sich gereizt gegen die neckischen Beschuldigungen zweier Bursche verwahrt, jetzt in der Dresdener Galerie, eine „Bauerndeputation“ u. A. m., die in ihrer hohen künstlerischen Vollendung und ihrem ächten Naturgefühl K. allmählich unmittelbar neben sein Vorbild Defregger stellten, den er an feinem Reiz der Färbung meist sogar übertraf. Weitaus am glänzendsten bewies er indeß dies große Talent, die coloristische Stimmung seiner Bilder genau dem jeweiligen Gegenstand anzupassen und dadurch die Wirkung derselben aufs Gemüth außerordentlich zu erhöhen, in jener herrlichen „Vor dem Begräbniß“ betitelten Composition, die man als die Krone seiner Leistungen bezeichnen muß, wie sie leider die letzte seiner größeren Arbeiten blieb (jetzt im Wiener Belvedere). Sie stellt das Condoliren der „Freundschaft“ bei der jungen Wittwe eines schwarzwälder Bauern unmittelbar vor der Beerdigung mit solch ergreifender Wahrheit aller einzelnen Figuren wie der ganzen Scene dar, daß unsere deutsche Genremalerei diesem vollendeten Meisterwerk nur sehr wenig Ebenbürtiges an die Seite zu setzen haben möchte. Leider schilderte er nur vorahnend das Schicksal, das bald die eigene junge Gattin mit ihren Kindern treffen sollte. Denn sein von Italien heimgebrachtes Leiden verschlimmerte sich jetzt trotz mehrfacher, mit heroischem Muthe ertragener Operationen so, daß es ihn, der bis zum letzten Augenblicke mit demselben muthvoll gerungen, endlich dahinraffte. Selbst entkräftet, wie er es war, hatte er den Stift dennoch keinen Augenblik niedergelegt, sondern auf dem Todtenbette noch „Romeo und Julie auf dem Dorfe“ von Gottfried Keller illustrirt. Unstreitig war sein Tod ein schwerer Verlust für die deutsche Kunst, zu deren Zierden er sich emporgeschwungen hatte, sowol durch die Tiefe seines Gefühls wie die seltene Liebenswürdigkeit, die er entsprechend dem eigenen Naturell all’ seinen Gebilden mitzutheilen verstand. Sie war von der gesundesten Gestaltungskraft, der feinsten künstlerischen Bildung begleitet, wie er denn an coloristischem Talent kaum überboten worden ist und in seinen späteren Arbeiten besonders eine Gluth und Tiefe des Tones, eine Meisterschaft in Beherrschung des Helldunkels entwickelte, wie sie keiner seiner Genossen erreichte. Noch werthvoller ist aber seine feine Charakteristik der verschiedenen deutschen Volksstämme sowol als der einzelnen Individuen, ihres allgemeinen Charakters nicht minder als ihres der momentanen Situation immer in hohem Grade entsprechenden Ausdruckes. Dabei ist er ungewöhnlich dramatisch, seine Figuren charakterisiren sich durchaus durch ihr Handeln und Thun und dieses entspricht ihrer Persönlichkeit wiederum so ganz, daß sie nur innerer Nothwendigkeit zu gehorchen scheinen. – Obwol kein eigentlicher Humorist, ist ihm doch auch Einzelnes auf diesem Gebiet gelungen.