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ADB:Krebs, Johann Ludwig

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Artikel „Krebs, Johann Ludwig“ von Philipp Spitta in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 96–97, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Krebs,_Johann_Ludwig&oldid=- (Version vom 17. Dezember 2024, 10:40 Uhr UTC)
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Band 17 (1883), S. 96–97 (Quelle).
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Krebs: Johann Ludwig K., geb. den 10. Febr. 1713 zu Buttelstädt bei Weimar. Sein Vater, Johann Tobias Krebs (geb. 1690), Cantor und Organist daselbst, war musikalisch gut begabt und nahm noch von Buttelstädt aus Unterricht bei Seb. Bach zu Weimar im Orgel- und Clavierspiel. Die Verehrung, welche er in Folge dieses Unterrichts für seinen genialen Lehrer gewann und zeitlebens bewahrte, veranlaßte ihn später seine drei Söhne auf die Thomasschule nach Leipzig zu schicken, wo Bach inzwischen als Cantor angestellt worden war. Von ihnen war der älteste, Johann Ludwig, für Musik der begabteste. Er kam auf die Thomasschule 1726 und vollendete seine Ausbildung auf derselben 1735. Da er sich auch tüchtige wissenschaftliche Kenntnisse erworben hatte, so gefiel es ihm, noch zwei Jahre auf der Leipziger Universität zu studiren. Er wollte nur seine allgemeine Bildung vervollständigen; eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen, wie dies später seine jüngeren Brüder Johann Tobias und Johann Karl thaten, war nicht seine Absicht. Die Natur hatte ihn mit zu großer Entschiedenheit auf den Weg des Musikers gewiesen. Keiner erkannte dies sicherer als sein großer Lehrer Bach, der für K. eine besondere Vorliebe hatte. Außer den eigenen Söhnen und etwa dem späteren Schwiegersohne Altnikol hat unter seinen zahlreichen Schülern ihm wol keiner so nahe gestanden. Dies Verhältniß erlitt durch Krebs’ Abgang von der Schule keine Veränderung. In dem von Bach dirigirten Musikverein mußte K. als Cembalist, also als eine Art Unterdirigent wirken. In den Kirchenaufführungen unterstützte er Bach auch als Student noch, und sprang wenn es Noth that [97] sogar als Dirigent ein. Wie sehr Bach seinen Schüler schätzte, beweisen die warmen Worte des Zeugnisses, mit dem er ihn bei seinem Abgange von der Schule versehen hatte, und aus dem hervorgeht, daß K. nicht nur in der Composition, im Clavier- und Orgelspiel, sondern auch auf der Violine und Laute sich zu einem Meister herangebildet hatte; es beweist es ferner der Umstand, daß Bach sich sogar dazu verstand, die Compositionen seines Schülers zu vertreiben. K. war schon als Student in Leipzig ein sehr geschätzter Musiklehrer; er verkehrte als solcher auch in Gottsched’s Hause, dessen Frau er mit Erfolg in der Composition unterwies. Von Leipzig ging er nach Zwickau, wo er im April 1737 als Organist angestellt wurde. 1744 wurde er Schloßorganist in Zeitz und 1756 Hoforganist in Altenburg. In dieser Stellung ist er 1780 gestorben. Was sein Künstlerthum anlangt, so gehört er als Orgelspieler zu den größesten, welche Deutschland gesehen hat. Bach selbst meinte, keinen größeren je gezogen zu haben. Schon in den zwanziger Jahren seines Lebens wurde K. in Mitteldeutschland eine Berühmtheit und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts war er als unübertroffener Meister in weitesten Kreisen anerkannt. Auch seine Compositionsbegabung war eine bedeutende, wennschon er in dieser Beziehung nur als sehr talentvoller Epigone gelten kann. Die Richtung, welche er verfolgte, war durchaus diejenige seines Lehrers. Wer mit Bach’s Compositionen vertraut ist, erkennt sofort, wie K. sich an diesen anlehnt. Auch einzelne Wendungen Bach’s finden sich bei ihm wieder, ähnlich gestaltete Tongedanken, ja ganze Tonstücke scheinen absichtlich nach bestimmten Bach’schen Mustern gebildet zu sein. Daß hiermit dennoch eine gewisse Originalität vereinbar ist, weiß man, und K. hat es durch die That bewiesen. Vor allem ist die hohe Stilreinheit seiner Compositionen anzuerkennen; tief aus dem Wesen der Orgel heraus geschöpft ist alles was er für sie geschrieben hat. Auch in dieser Beziehung steht er andern Bach’schen Schülern voran, z. B. Kittel, bei welchem ein Liebäugeln mit dem Mozart’schen Clavierspiel manchmal die Reinheit der Wirkung stört. Wäre das Interesse und Verständniß für wahre Orgelmusik einer späteren Zeit nicht so sehr abhanden gekommen, so würde K. eine allgemein gekannte Künstlerpersönlichkeit sein. Verdient hat er es gewiß. Er hat auch Kammermusik für Clavier und Flöte und kirchliche Vocalcompositionen geschrieben. Doch treten die Werke dieser Gattung hinter seinen Orgelcompositionen weit zurück. Drucken ließ er mancherlei; Forkel im Musikalischen Almanach für Deutschland auf das Jahr 1783, S. 145 ff. giebt ein vollständiges Verzeichniß seiner veröffentlichten Werke. Schöne Orgelstücke finden sich in der zu Nürnberg gestochenen „Clavierübung“. In neuerer Zeit hat G. W. Körner zu Erfurt im „Orgel-Virtuos“ achtzehn Orgelfugen veröffentlicht, und eine „Gesammtausgabe“ der Krebs’schen Orgelcompositionen in drei Abtheilungen erschien bei Heinrichshofen in Magdeburg unter Redaction von Karl Geißler.

Spitta, J. S. Bach I, S. 517 ff.; II, 721 ff. und 731 ff.