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ADB:Konrad II. von Hunenburg

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Artikel „Konrad von Hunenburg, Bischof von Straßburg“ von Wilhelm Wiegand in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 621–623, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_II._von_Hunenburg&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:18 Uhr UTC)
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Konrad von Hunenburg, Bischof von Straßburg (1190–1202), aus einem unterelsässischen Geschlecht stammend, erscheint zuerst urkundlich im Jahr 1185 als Archidiakon der Straßburger Kirche. Im Frühjahr 1190 erfolgte nach dem Ableben Heinrichs von Hasenburg seine Wahl zum Bischof, die König Heinrich VI. noch vor Antritt seines Romzuges bestätigt zu haben scheint. Wenigstens begleitet ihn K. auf demselben bereits als Bischof und am 17. April 1191 erhielt er im Lager bei Frascati vom Kaiser eine sehr beträchtliche Güterschenkung für sein Bisthum. Mag Scheu vor der gewaltigen Natur Heinrichs oder wahres Vertrauen ihn bestimmt haben, jedenfalls bewährte sich K. als treuer Anhänger des Kaisers, so lange derselbe lebte. Freilich an seinen weiteren [622] italienischen Feldzügen hat er nicht theilgenommen, weil ihn innere Unruhen im Elsaß festhielten; aber sowol in dem Lütticher Bischofsstreit, wie bei dem Aufstand der lothringischen und sächsischen Großen stand er auf Heinrichs Seite und es unterliegt keinem Zweifel, daß er auch seinen Plänen für Reform der Reichsverfassung gegenüber nicht die Oppositionspartei der deutschen Fürsten verstärkt hat. Mit des Kaisers Tode aber veränderte sich seine Stellung von Grund aus. Das bisher Bekannte reicht kaum aus, diesen jähen Wechsel der politischen Stimmung, diesen unvermittelten Uebergang von der staufischen zur welfischen Partei zu erklären. Allerdings lag schon seit dem J. 1196 Bischof K. in Fehde mit Heinrichs Bruder, dem Pfalzgrafen Otto von Burgund, einem rohen gewaltthätigen Fürsten, vor dem sich keiner seiner Nachbarn am Oberrhein sicher fühlte und gegen den auch Herzog Berthold von Zähringen, der Bischof von Basel u. a. zu Felde gezogen waren. Die Nachricht vom Tode des Kaisers steigerte nur den Kriegslärm und die Verwirrung. Die fürstlichen Gegner Otto’s, K. voran, griffen jetzt über dessen Territorium hinaus auch das im Elsaß gelegene Reichsgut an, welches sie für herrenlos und für ihre sichere Beute hielten. Mit Mühe gelang es dem aus Italien heimkehrenden Bruder des Kaisers, Herzog Philipp von Schwaben, hier wenigstens Waffenstillstand zu schaffen; aber alle seine Versuche, den Bischof für die Anerkennung und Vertretung der staufischen Erbfolge zu gewinnen, blieben erfolglos. Umsonst bot ihm Philipp die Auflassung aller Lehen, welche die Staufer vom Straßburger Bisthum trugen, K. trat offen zur Gegenpartei über und wurde der Führer der feindlichen Liga am Oberrhein, während am Niederrhein Erzbischof Adolf von Köln die Opposition organisirte. Mit allen Mitteln war K. bestrebt, seinen alten Bundesgenossen, Herzog Berthold von Zähringen, zur Annahme der Krone zu bewegen; als derselbe nach längeren Verhandlungen sich bestimmt weigerte, nahm er an der Wahl und der Krönung des Welfen Otto im Sommer 1198 den regsten Antheil. Inzwischen war auch längst die Fehde mit Otto von Burgund wieder ausgebrochen, derselbe nahm des Bischofs Bruder gefangen und ließ ihn hängen. Während K. zu Köln und Aachen bei König Otto weilte, brach König Philipp verwüstend in das Elsaß ein und verbrannte mehrere bischöfliche Städte und Burgen. Im raschen Siegeszuge gewann er fast ganz Deutschland, die Lage des Bischofs wurde von Tage zu Tage isolirter und verzweifelter. Im Sommer 1199 erschien Philipp abermals im Elsaß, bis an die Mauern Straßburgs drang er vor. Von König Otto war kein Entsatz zu hoffen, die Vorstädte gingen in Rauch auf, schon drohte der Sturm, da zwang die Bürgerschaft von Straßburg K. zur Unterwerfung. Er erhielt dafür von dem großmüthigen Gegner einen Lohn, den er nie gehofft; was ihm einst Philipp für den freiwilligen Anschluß geboten, die Aufgabe der Straßburger Kirchenlehen, das gewährte er jetzt dem Besiegten. Trotzdem blieb K. im Herzen Welfe. Offenen Widerstand wagte er zwar nicht mehr, aber als Otto IV. im Beginn des J. 1201 Mainz eroberte und bis in die Pfalz vordrang, da war er zum Abfall bereit und unterhandelte heimlich mit dem Feinde. Philipps Herannahen mit Heeresmacht ließ auch diese letzte Hoffnung scheitern. Fortan konnte sich K. dem staufischen Machtbereich nicht mehr entziehen. Nicht die Machinationen der päpstlichen Politik, die unter Innocenz III. entschieden für Otto IV. Partei ergriff, erst der Tod erlöste ihn aus dieser Zwangslage.

Während so das Verhalten des Bischofs in den Reichsangelegenheiten, wenigstens was den Verlauf der Ereignisse anbetrifft, klar vor uns liegt, ist dies mit seiner Stellung zur Stadt nicht der Fall. Gerade aber zu seiner Zeit haben sich tiefgreifende Veränderungen vollzogen. In den letzten Jahren seiner Regierung treten uns die Anfänge eines selbstständigen, [623] communalen Regiments urkundlich sicher nachweisbar entgegen, der Stadtrath aus Ministerialen und Bürgern zusammengesetzt, der ein eignes Siegel führt, und aller Wahrscheinlichkeit nach fällt um die Wende des Jahrhunderts auch die Entstehung des zweiten Straßburger Stadtrechts, das die straf- und verwaltungsrechtlichen Befugnisse jenes Rathscollegiums näher bestimmt. Wie die Bildung dieser städtischen Regierung vor sich gegangen, darüber fehlen sichere Nachrichten. Die kurze Notiz der Annales Argentinenses, daß im J. 1192 der Bischof von einigen Ministerialen der Stadt gefangen genommen worden, steht wol weniger damit im Zusammenhang, als gewöhnlich geglaubt wird. Bis zum Sommer 1199 erscheint K. als Herr der Stadt, die ihm auf den verwegenen Bahnen seiner Politik folgt. Erst während der Belagerung Philipps macht sich die Bürgerschaft zur Herrin der Situation und zwingt den Bischof zur Uebergabe der Stadt. Wahrscheinlich sind gerade in jener großen Krisis die Anfänge eines selbständigen Regiments der Bürger ins Leben getreten oder haben vielmehr öffentliche Anerkennung gefunden, wie sich erfahrungsmäßig solche Machtveränderungen zwar von lange her vorbereiten, dann aber nicht allmählich und still, sondern eruptiv und gewaltsam sich vollziehen. Jedenfalls hat unter K. die Entwickelung des Straßburger Gemeinwesens beträchtliche Fortschritte gemacht, wie denn auch an seinen Namen eine bedeutende Erweiterung der Stadt geknüpft wird. Dieser Einbuße an bischöflichen Rechten stehen große Landacquisitionen für das Bisthum gegenüber. Dazu ist neben der schon erwähnten Schenkung Heinrichs VI. und der Verzichtleistung Philipps auf die Kirchenlehen vor allem der Erwerb der Grafschaft Neuenburg im Breisgau zu rechnen, welche der nach dem heiligen Land ziehende Graf Berthold dem Bischof überließ, ferner die Regelung der Rechtsverhältnisse in der obern Mundat mit den Habsburgern und der Vertrag mit Otto v. Geroldseck über den Besitz von Zabern. Ueberall zeigt sich hier K. als ein umsichtiger, auf die Vergrößerung des bischöflichen Territoriums bedachter Fürst. Weil er sich indeß vor der Gewalt nicht scheute und den verhängnißvollsten Fehler seines Lebens beging, den in Süddeutschland übermächtigen Staufern entgegenzutreten, verbannte er für seine Lande die Wohlthaten des Friedens, so daß Mit- und Nachlebenden seine Zeit voll Unruhe und Elend erschien. Am 29. Oct. 1202 beschloß K. sein bewegtes Leben, in der Andreaskapelle des Münsters ward er beigesetzt.

Annales Argentinenses und Annales Marbacenses in Mon. Germ. SS. XVII; Würdtwein, Nova Subsidia X; Wiegand, Urkundenbuch der Stadt Straßburg, I.