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ADB:Koch, Friedrich

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Artikel „Koch, Friedrich“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 376–378, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Koch,_Friedrich&oldid=- (Version vom 31. Oktober 2024, 23:54 Uhr UTC)
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Koch: Karl Friedrich K., Dr., Philolog und Grammatiker, geb. am 15. Novbr. 1813 zu Berka a. W., stammte von armen Eltern, wäre vielleicht nie über den gewöhnlichen Unterricht in der Volksschule hinausgekommen, hätte ihm nicht sein Pathe zufällig eines Tages eine lateinische Grammatik geschenkt. Nun lernte er des Buches wegen Latein, machte gute Fortschritte, absolvirte das Gymnasium zu Eisenach, studirte in Jena 1832–35 Theologie, hofmeisterte etwas in einer Familie und begründete dann ein eigenes Unterrichtsinstitut und Progymnasium in Eisenach. Die mit den Erfolgen wachsende Lust an pädagogischer Thätigkeit, endlich 1843 eine Anstellung an der erst städtischen, dann zur Staatsanstalt erhobenen Realschule, bestimmten ihn, die theologische Laufbahn aufzugeben und sich dem Schulfach zu widmen, wo er mit eindringender und sorgsamer Auffassung den Lehrstoff bis in seine Details zu bewältigen, durch Einfachheit der Darstellung für die Schule zu gewinnen, durch Klarheit zu fesseln und zu überzeugen wußte. Bei seiner vorwiegend verstandesmäßig angelegten Natur betonte er hauptsächlich die grammatische Seite und gab sich mit Vorliebe dem Studium der dazu nöthigen Hülfsmittel hin. Jacob Grimm’s Vorbild, welcher die Sprache als „einen in der Zeit sich entwickelnden und wieder zersetzenden Naturkörper“ in ihrer ganzen Entwickelung beobachtet und die Grammatik zu einer „Geschichte und Naturbeschreibung der Sprache“ erhoben hatte, wurde sein Vorbild. K. unternahm die „Resultate der historischen Forschungen Jacob Grimm’s, soweit sie zum Verständniß der jetzigen, neuhochdeutschen Sprachformen nöthig sind, in einer für den Schulgebrauch geeigneten Form darzulegen.“ Im J. 1848 erschien seine „Deutsche Grammatik nebst Tropen und Figuren“, welche bei Koch’s allzufrühem Tode schon die 5. Auflage erreicht hatte. Die [377] bedeutenden Aenderungen und Verbesserungen in der 2. und 3. Auflage zeugen von dem Eifer und Erfolg, womit der Verfasser seine Studien fortsetzte; in der 4. Auflage suchte er auch einige Ergebnisse der sprachvergleichenden Grammatik für die Schule zu benutzen, die 5. Auflage bietet einen vermehrten Stoff aus den älteren Sprachperioden. Zu dieser größeren Grammatik kam 1860 noch eine kleine Elementargrammatik für die unteren Schulklassen als gemeinsame Grundlage des gesammten Sprachunterrichts, welche gleichfalls 5 Auflagen erhielt. K. strebte „das Verständniß dessen, was die Meister der deutschen Sprachforschung gefunden und das Licht, das ihr Geist über unsere Muttersprache verbreitet, aus den Hallen der Wissenschaft hinüber zu leiten in die Schulstube und durch sie unter die gebildete Welt.“ Durch diese Studien kam K. folgerichtig auf das Angelsächsische; er nahm 1845 Privatunterricht, ging einige Wochen nach England und widmete dann alle freie Zeit dieser Sprache. Als erste Frucht erschien 1863 der erste Band seiner epochemachenden „Historischen Grammatik der englischen Sprache“, die Laut- und Flexionslehre enthaltend. Neu und ihm eigenthümlich ist die Darlegung des historischen Verlaufs der Lautzeichen und Laute, die Geschichte des Accents und die grammatische Behandlung der Zwischenperioden des Neuangelsächsischen, Altenglischen und Mittelenglischen. Darauf folgte der zweite Band mit der „Satzlehre“ (1865) und der Abschluß des Ganzen mit dem dritten Bande der „Wortbildung“, welche in zwei Theile: 1. „Angelsächsische nebst anderen germanischen Elementen“ (1868) und 2. „Fremde Elemente“ (1869) zerfällt. „Indem der Verfasser vom Angelsächsischen ausgeht, dessen Weiterbildung im Neuenglischen zeigt, die mannigfaltigen Formen des Englischen zusammenstellt und die vom Altenglischen bis zum Neuenglischen sich unter Zutritt und Einfluß des Romanischen gestaltender Formen nachweist, gelingt es ihm auf die Formen der modernen Sprachen ein ganz neues Licht zu werfen. Indem er ferner bei der Wortbildung von der sicheren Grundlage des Sprachstammes im Allgemeinen und des Deutschen im Besonderen ausgeht, die verwandten deutschen Sprachen stets zur Vergleichung heranzieht, weiß er die schwankenden Formen des Angelsächsischen genauer zu bestimmen, deren historischen Verlauf aufzuzeigen, Ordnung in das Chaos der englischen Sprache zu bringen und in dem so geordneten Sprachgebäude den fremden Elementen ihren Platz anzuweisen. Ein einfacher deutscher Lehrer, beim Beginn kaum mit den Elementen der englischen Sprache vertraut, schenkte somit nach 23jähriger Arbeit, unter der Mühe und dem Druck seines schweren Berufes, der englischen Nation die erste wissenschaftliche historische Grammatik ihrer Sprache, ein Werk deutscher Gründlichkeit, Gelehrsamkeit und Scharfsinns.“ Der Erfolg lohnte den Verfasser, wenigstens nach einer Seite. Nicht nur deutsche Gelehrte, wie Pott und Zacher in Halle, Mätzner in Berlin, beglückwünschten ihn und die gelehrte Welt wegen seiner vortrefflichen Arbeit. Das „Athenäum“ vom 26. Juli 1868 gesteht, daß Koch’s Grammatik an Gelehrsamkeit und Gründlichkeit alle englischen Grammatiken übertreffe; die „Philological Society of London“ ließ K., ebenso wie Mätzner, der fast gleichzeitig auf demselben Felde der Wissenschaft mit Erfolg thätig gewesen war, die außergewöhnliche Auszeichnung zu theil werden, beide zu Ehrenmitgliedern zu ernennen, und die „New-York Saturday Review“ der „Round Table“ vom 21. November 1868 erklärt, daß Koch’s Grammatik alle ähnlichen amerikanischen Werke in Schatten stelle.“ – Zwischendurch entstanden kleinere Arbeiten, Programme und Abhandlungen über „Die mehrfache Negation“, „Die grammatischen Methoden“, „Die Bildung der Nebensätze“, „Der englische Accent“, „Der Angelsachse im Kampfe mit dem Normannen“, „Der Christus der Sachsen“ etc., viele Kritiken und Besprechungen, z. B. über Max Müller’s „Etymologisches Wörterbuch“ und Stratmann’s „Dictionary of the Old English [378] Language“; eine Reihe von „Untersuchungen von Shakespeare’s Namen“, über „Die vocalischen Ableitungen im Angelsächsischen“. Mitten im Schaffen und ohne daß K. seine großen Pläne vollenden konnte, nahte ihm schon am 5. September 1872 zu Eisenach der Tod. Aus seinem Nachlasse erschienen „Linguistische Allotria. Laut-, Ablaut- und Reimbildungen der englischen Sprache“, herausgegeben (unter Beihülfe von Dr. Reinhold Köhler) von Dr. Eugen Wilhelm (1874), eine Erweiterung dessen, was K. im ersten Theile des dritten Bandes seiner historischen Grammatik unter der Rubrik „Lautnachahmungen“ auf wenigen Seiten kurz gedrängt behandelt hatte. K. war ein edler Mensch, trefflicher Lehrer und großer Forscher; das Leben hatte ihn nicht auf den Platz gestellt, auf welchen er durch Talente, Fleiß und Tüchtigkeit Anspruch machen durfte. Sein Wunsch, einige Jahre in Ruhe nur der Wissenschaft zu leben, erfüllte sich niemals.

Vgl. Nr. 251 Allg. Ztg., 9. Sept. 1872 u. den Nekr. in Beil. 272 Allg. Ztg. vom 28. Sept. 1872, dazu Dr. Hotzel, Zur Erinnerung an Dr. Fr. Koch, Eisenach 1873, und A. Witzschel in Bartsch, Germania, 1873, XVIII. 251 f.