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ADB:Karsch, Anton

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Artikel „Karsch, Anton“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 67–69, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karsch,_Anton&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:10 Uhr UTC)
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Karsch: Anton K., praktischer Arzt, Botaniker und Entomologe, geboren zu Münster in Westfalen am 19. Juni 1822, † ebendaselbst am 15. März 1892. Auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt vorgebildet, bezog K., 20 Jahre alt, die Universität Greifswald zum Studium der Medicin und Naturwissenschaften. In der Botanik waren Hornschuch, in der Zoologie der Entomologe Erichsen[1] diejenigen seiner Lehrer, die ihn besonders fesselten. Vor allem letzterer regte [68] ihn zu umfassenden Studien auf seinem Specialgebiete an, die K. befähigten, später ein größeres Werk über „Die Insectenwelt“ zu schreiben, das auch ins Russische übersetzt wurde. Auf Grund einer Abhandlung über Anatomie der Schnecken wurde K. 1846 zum Dr. phil. promovirt und erwarb sich auch kurz darauf den medicinischen Doctorgrad. Nach Absolvirung der ärztlichen Staatsprüfung habilitirte sich K. 1847 als Privatdocent für beschreibende Naturwissenschaften an der Universität Bonn, siedelte aber bald nach seiner Vaterstadt Münster über, um seine Docententhätigkeit an der dortigen Akademie fortzusetzen, neben welcher er gleichzeitig als praktischer Arzt wirkte. Da ein großer Theil der Studentenschaft in Münster aus Theologen bestand, so mußte K. anfangs neben Zoologie und Botanik auch über Pastoralmedicin lesen, erwarb sich aber bald durch sein großes Lehrgeschick einen vorzugsweise aus Pharmaceuten bestehenden, fachwissenschaftlich vorgebildeten Zuhörerkreis. Trotzdem sah er sich später genöthigt, seine Lehrthätigkeit einzuschränken, weil im Laufe der Jahre die einzelnen naturwissenschaftlichen Fächer an der Akademie besondere Vertreter erhielten. Er beschäftigte sich daher in den letzten Jahrzehnten, sofern ihm seine mehr und mehr ausgedehnte ärztliche Wirksamkeit Zeit ließ, nur noch mit litterarischen Arbeiten. In Anerkennung seiner Verdienste wurde K. 1853 zum außerordentlichen, 1859 zum ordentlichen Professor, 1873 zum Medicinalrath und 1888 zum Geheimen Medicinalrath ernannt. Nach kurzer Krankheit verschied er in seiner Vaterstadt im siebzigsten Lebensjahre. Karsch’s botanische Forschungen kamen in erster Linie seiner Heimathprovinz Westfalen zugute. Er wurde der Schöpfer der ersten wirklich zuverlässigen Flora dieses Gebietes, welche die älteren kritiklosen Compendien ganz verdrängte. Sie erschien 1853 als „Phanerogamen-Flora der Provinz Westfalen“ unter Einschluß der benachbarten Landstriche und mit einem Anhange der verbreitetsten Zier- und Culturpflanzen in einem stattlichen Octavbande, der 1126 Arten von Blüthenpflanzen beschreibt. Die Diagnosen sind sorgfältig und treffend, öfters mit Angaben der häufigsten Insecten begleitet, welche die betreffenden Arten besuchen. Ebenso ist die geographische Verbreitung gewissenhaft berücksichtigt und die Art der Verwendung der Pflanzen, da wo es geboten schien. Um für den praktischen Zweck des Botanisirens ein handlicheres Werk zu schaffen, ließ K. schon 1856 einen Auszug dieser Flora unter dem Titel: „Flora der Provinz Westfalen“ folgen, das die Vorzüge des größeren Werkes besitzt und weite Verbreitung gefunden hat. Die 1889 erschienene fünfte Auflage trägt das Bild des Verfassers. Da es K. verstand, viele seiner Schüler zur Mitarbeit anzuregen, so blieben die Angaben namentlich über die geographische Verbreitung dauernd zuverlässig, und die Erforschung der westfälischen Flora lag Jahrzehnte hindurch thatsächlich in seiner Hand. Außer dieser floristischen Thätigkeit beschäftigte sich K. auch eingehend und mit Erfolg mit Studien zur Erklärung naturwissenschaftlicher Werke aus dem classischen Alterthum. So veröffentlichte er eine Uebersetzung und Erläuterung der Aristotelischen Schriften: „Ueber die Theile der Thiere“ und „Naturgeschichte der Thiere“ in den: „Symbolae ad Aristotelis animalium praesertim avium anatomiam“. Den Plan, das gesammte zoologische und botanische Material aus den Schriftstellern des Alterthums zusammenhängend darzustellen, konnte er nicht mehr zur Ausführung bringen. K. war eine rückhaltlos wahre Natur und bekämpfte Unwahrheit und Heuchelei in jeder Form und wo er sie fand und nicht immer mit sanften Worten. Eine große politische Rolle spielte er in dem gerade in Westfalen besonders heftig entbrannten Culturkampf und trat namentlich in der polemisch-satirischen Schrift: „Naturgeschichte des Teufels“ mit großer Entschiedenheit gegen den Ultramontanismus [69] auf. Dennoch achteten auch seine Gegner die Lauterkeit seines Charakters, so daß er einen persönlichen Feind wol kaum gehabt hat.

Nachruf von P. Ascherson in: Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. X. 1892.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Wilhelm Ferdinand Erichson (1809-1848), deutscher Entomologe; vgl. Wikipedia.