ADB:Kanne, Johann Arnold
Goedeke’s Ausdruck zu acceptiren, „den Kampf ihrer Zeit dahin darstellen, daß sie sich das Princip absoluter Autorität in einer absoluten Kirche dachten.“ Seine Mitstreiter waren Männer wie Creuzer und Görres. Wie auf diese Weise sein Wirken nicht von der Geschichte seiner Zeit zu trennen ist, so kann man seine Thätigkeit andererseits auch schwer von seinem Leben, seinen äußeren Schicksalen loslösen. Es war ein abenteuerliches, zerfahrenes Dasein, welches dieser Mann führte, oder, besser gesagt: nicht führte – denn umhergeworfen von den Wogen des Geschicks, wurde sein Leben mehr von diesen bestimmt und geleitet, als umgekehrt. Er muß zu denjenigen Geistern deutscher Nation gerechnet werden, die, ausgerüstet mit hervorragenden Geistesgaben, dennoch unfähig waren, die Conflicte ihrer Zeit zu überwinden und an diesen schließlich zerschellten (Heinrich v. Kleist, Grabbe u. A.). Seine Biographie ist nichts als eine Kette von Kämpfen und Wandlungen in seinem Inneren, aber es fehlen die Ruhepunkte, die erlangte Harmonie, das endliche Resultat. Denn er, der anfangs von der Theologie, weil sie ihm nicht genügte, sich abwandte, sah zuletzt nur im streng dogmatisch Christlichen das alleinige Heil. Charakteristisch für seinen Lebenslauf sind die Gönner, denen er fast alle seine Errungenschaften verdanken sollte: nicht Charakter genug, sich selbst sein Lebensschiff zu zimmern, war er genöthigt, diese Arbeit Anderen zu überlassen. Wie den begabten Knaben ein Dorflehrer Namens Begemann und der Prediger Ludwig Passavant aus der Sphäre des unteren Bürgerthums hervorziehen mußten, um ihm Bildung und eine Carrière zu eröffnen, so waren in seinen gereifteren Jahren Jean Paul und Professor J. J. Wagner Stützen und Wegweiser seines Glücks. Erst verhalfen sie seinen censorisch beanstandeten „Ersten Urkunden der Geschichte oder Allgemeine Mythologie“ zu einem Verleger (Bayreuth 1808), dann kauften sie ihn gelegentlich aus österreichischem Kriegsdienste los und schufen ihm eine geordnete Stellung. Soldat war er mehrmals, in Oesterreich und Preußen, dann Privatlehrer und Gelehrter in Göttingen, Leipzig, Halle a. S., Berlin und Jena. 1809 gab man ihm eine Professur der Geschichte am Realinstitut zu Nürnberg; verheirathet, aber nicht glücklich, ward er 1817 Professor der Philologie am Gymnasium zu Nürnberg und 1819 der orientalischen Sprachen zu Erlangen. Er schrieb, außer unter dem eigenen Namen, unter dem Pseudonym von: Walter Bergius, Johannes Author, Anton von Preußen. Man sieht, welch’ unruhiges Leben K. hinter sich hatte, als er am 17. December 1824 zu Erlangen starb. Die bedeutendsten seiner Schriften, welche man in Goedeke’s Grundriß III. 86, 87 aufgezählt vorfindet, sind noch: „Neue Darstellung der Mythologie der Griechen und Römer“, 1805; „Pantheum der ältesten Naturphilosophie, [78] die Religion aller Völker“, 1811; „Sammlung wahrer und erwecklicher Geschichten aus dem Reiche Christi und für dasselbe“, 1815–22, und „Leben und aus dem Leben merkwürdiger und erweckter Christen“, 1816–17, welche beiden letzten Werke später (1824) noch eine Fortsetzung erfuhren. In der letzteren findet man auch seine bis 1817 reichende interessante Autobiographie.
Kanne: Joh. Arnold K., geb. zu Detmold im Mai 1773. K. gehört zu jener Gruppe von staatsmännischen Publicisten aus dem Anfang unseres Jahrhunderts, welche, um