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ADB:Juvalta, Fortunat von

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Artikel „Juvalta, Fortunatus von“ von Christian Immanuel Kind in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 761–762, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Juvalta,_Fortunat_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:24 Uhr UTC)
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Juvalt: Fortunatus v. J., ward im J. 1567 am 16. August zu Zuz aus einem adeligen Ministerialgeschlechte des Bisthums Chur geboren. Seine erste Bildung erhielt er in Augsburg, und nachdem er zwei Jahre am Hofe seines mütterlichen Oheims, des Bischofs Petrus Rascher[WS 1], zugebracht hatte, bei den Jesuiten in Dillingen, wo er die classischen Studien abschloß, ohne jedoch deshalb seine protestantische Confession zu wechseln. Nach Hause zurückgekehrt, übernahm er nach der Sitte jener Zeit als junger Mann ein Kanzleramt im Veltlin, um sich in das gerichtliche Geschäftsleben einzubürgern. Durch eifriges Privatstudium des römischen Rechtes förderte er sich so rasch zu einem kenntnißreichen und geschäftsgewandten Manne, den seine vornehmen Familienverbindungen nicht weniger als seine persönliche Tüchtigkeit rasch in die höheren Regierungsgeschäfte einführten, und ihn in den politischen Angelegenheiten seines Landes eine bedeutende Stellung einnehmen ließen. – Durch den Abschluß eines Bündnisses mit Venedig im ausgesprochenen Gegensatze zu der spanisch-mailändischen Politik im J. 1603 eröffnete sich in Graubünden eine Reihe von innern Parteikämpfen, die nur durch die Ereignisse des dreißigjährigen Krieges abgelöst wurden, während dessen der Freistaat der drei Bünde zwei österreichische und zwei französische Occupationen durchmachte. In jenen Parteikämpfen hielt sich J. zu den Bestrebungen, welche ein gutes Einvernehmen mit Mailand für das vorzüglichste Mittel zur Erhaltung der innern Wohlfahrt erachteten, und wurde deshalb auch mehrfach zur Austragung der entstandenen Zerwürfnisse verwendet, eben deshalb aber auch von dem Parteigerichte zu Thusis, das den spanisch-mailändischen Unternehmungen entgegentrat, empfindlich gebußt. Die unmittelbare Folge jener im venetianischen Interesse unternommenen Handlungen war der mit Hinmordung der Reformirten im Veltlin eröffnete Aufstand, und nach mehreren unglücklichen Versuchen, den von Mailand aus genährten Aufstand zu bewältigen, das offene Bestreben der Innsbrucker Regierung nun auch ihrerseits die von ihr mehr oder weniger abhängigen Landestheile von Unterengadin und Prättigau von ihrem bisherigen Verbande loszureißen und dem vorderösterreichischen Gebiete einzuverleiben. Auch zur Beschwörung dieser Gefahren wurde J. als der geeignetste Mann ersehen, und er unterzog sich dieser dornigten Aufgabe, wiewol ohne Erfolg. Das Recht des Stärkern trat unverhüllt hervor. Nicht weniger schwierig waren die Unterhandlungen mit Frankreich wegen der Erstattung Veltlins. Frankreich bedurfte dieser Provinz um Oesterreich im [762] Schach zu halten, weil der Freistaat der drei Bünde zu schwach war, um dem Druck von dieser Seite zu widerstehen. Die Hauptschwierigkeit lag aber in der jener Zeit eigenthümlichen Vermischung der kirchlichen und der bürgerlichen Angelegenheiten, und über diese kam man auch in allen Unterhandlungen mit Frankreich nicht hinaus. Anstatt sich von dem französischen Hofe unter allerlei Vorwänden hinhalten zu lassen, erschien es dem schwachen Freistaate am Ende am zuträglichsten, sich mit Spanien zu verständigen, wenn Frankreich bessere Bedingungen nicht bieten wollte oder konnte. Als dieses Ziel erreicht war, Veltlin wieder in beschränkteren Verhältnissen als früher seinen Oberherrn erstattet war, begab sich J. nun bereits hochbetagt (74 Jahre alt) 1641 zur Ruhe, legte alle seine Aemter nieder, beschäftigte sich in den letzten Jahren (er starb 1654 in einem Alter von 87 Jahren) nur damit, die Erinnerungen aus seinem reichen und bewegten Leben schriftlich aufzuzeichnen, und hinterließ der Nachwelt so seine Denkwürdigkeiten in elegantem Latein verfaßt. Niemand würde in dem Verfasser dieser Darstellungen einen lebenssatten Greis vermuthen. Von sich selber spricht er mit Bescheidenheit und edlem Anstand, die Zeitereignisse schildert er, so weit sie ihn berührten, anschaulich und ohne Leidenschaftlichkeit; mit Sachkenntniß und Wahrheitsliebe. Sie können als eine Hauptquelle für die damalige Zeitgeschichte neben Sprecher und Salis dienen. H. L. Lehmann hat diese Denkwürdigkeiten schon 1787 in einer freilich sehr mangelhaften deutschen Uebersetzung erscheinen lassen. Im J. 1828 sodann hat Luz. Hold eine Ausgabe des lateinischen Textes unter Vergleichung der verschiedenen Handschriften nebst Zugabe der von J. verfaßten lateinischen Poëme herausgegeben. Eine berichtigte deutsche Uebersetzung mit Commentar ließ endlich Conradin von Moor im Archiv für die Geschichte der Republik Graubünden, erster Band, Chur 1848 folgen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Petrus Rascher, von 1581 bis 1601 Bischof von Chur