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ADB:Johann III. (Bischof von Verden)

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Artikel „Johannes III., Bischof von Verden“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 434–435, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_III._(Bischof_von_Verden)&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 09:20 Uhr UTC)
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Johannes III., Bischof von Verden. J. III., von Atzel, aus einem Hildesheimer Adelgeschlechte, Canonicus im Domcapitel zu Hildesheim, war 1380 geboren; als Bischof Heinrich II. (von Hoya), der das Stift mächtig herunter gebracht hatte, am 14. August 1426 resignirte, providirte Papst Martin V. ihn, seinen bisherigen cubicularius und doctor decretorum sofort mit dem Bisthume Verden. Das Domcapitel sah in ihm den Erlöser aus langen Leiden, er blieb Bischof bis 1470 und starb am 21. Juni 1472. Er war der letzte, der das Stift Verden allein verwaltete; ein gebildeter, feiner Mann, der in Rom seiner Sprache nach für einen Italiener galt, mäßig in allen seinen Bedürfnissen: für sich und 24 Diener ließ er sich vom Stifte jährlich 200 Gulden zahlen. Dabei war er der Waffen mächtig, ein leidenschaftlicher Jäger; im 88. Jahre kindisch geworden, ließ er sich noch unter Rüdengebell und dem Hatzruf durch seine Diener im Saal der Rotenburg auf einem Rollstuhl herumfahren und rief dazu das Jagdgeschrei. Trotz der Verschuldung des Stiftes, trotzdem er Schlösser verpfänden und gelegentlich Geld zu 10 und 12 Procent aufnehmen musste, trotz seiner Kriege hatte er bei seinem sparsamen Leben doch immer Geld zur Verfügung zum Staunen seines Stiftes. Er liebte die Alchymie und ließ sich daher gefallen, daß man glaubte, er mache Gold, während er seine Finanzkünste wol in Rom gelernt hatte. Seinen Sinn für Wissenschaft nach damaliger Zeit zeigt, daß er die Verdener Bischofschronik im vierten Jahre seiner Regierung (1430) bis auf seine Zeit fortsetzen ließ. Auch seine feine Diplomatie und den politisch klaren, vorurtheilslosen Blick, die Gleichgültigkeit gegen den Bannstrahl hatte er von Rom mitgebracht; so setzte er sich mit den auseinanderfahrenden Ständen seines Stiftes in Frieden, die lüneburgischen Herzöge verband er sich durch Auslösung des unter seinem Vorgänger verlorenen Rothenburg, trotzdem sie deshalb schon in Acht und Bann waren; er erkannte willig an, daß sein Stift auf ein Zusammengehen mit ihnen namentlich zur Bändigung des Adels angewiesen war; er forderte die Vasallenschaft der Herzoge nicht mehr, verzichtete aber auch nicht, um gelegentlich gegen sie ein hartes Druckmittel zu haben. Eine Fehde mit Bremen und dem Erzbischofe Nicolaus, in welche sich der Graf von Niederhoya mischte, endete siegreich, wegen der niedergebrannten Stadt Verden wurde das Baseler Concil angerufen, und Schadenersatz erlangt. Solches Ansehen hatte er erworben, daß er mit Bischof Paridam von Ratzeburg als Schiedsmann für die mit König Erich, dem Pommer, kriegführenden Städte: Lüneburg, Hamburg, Lübeck und Wismar den Verhandlungen zu Wordingborg am 23. Mai 1434 und seit dem 24. Juni 1435 beiwohnte. Er wesentlich brachte den Vertrag vom 19. Juli zu Stande, Hamburg zahlte ihm nachher 300 M. Als nach Nicolaus Tode Balduin Erzbischof von Bremen wurde (vgl. Bd II. S. 5 f.), zugleich aber Abt in Lüneburg blieb, garantirte J. den darüber geschlossenen Vertrag 1435, ja soweit war sein Blick betreffs der Nothwendigkeit, die Zersplitterung zu beseitigen, daß er auf den Plan Adalberts zurückging, Verden von Mainz zu lösen und unter Bremen zu stellen. Das Anerbieten stellte er Balduins Nachfolger, [435] Gerhard III., um 1450, der es kurzsichtig ablehnte, wahrscheinlich im Interesse seines (des Hoya’schen) Hauses. Durch dieses kluge Gebahren erreichte J. ein Ansehen, wie es ein Verdener Bischof als Reichsfürst seit Jahrhunderten nicht gehabt. Erst durch den Lüneburger Prälatenkrieg gerieth er in mancherlei Ungelegenheit. Er hatte mit der Stadt von Anbeginn ein gutes Verhältnis gehabt, mit dem Rathe die Macht seines reichsten Archidiaconen definitiv gebrochen und eine vom Rath abhängige Propstei einzurichten gestattet, dadurch eine große Erleichterung der späteren Reformation geschaffen. Zum Rathe stand er auch fest bei dessen Bestreben, die Stadtschulden von den „Sülzbegüterten“, den geistlichen Inhabern der Salinenantheile, mittragen zu lassen. So schloß er am 5. Mai 1451 die „Concordia“, gegen welche die auswärtigen Prälaten alle Mittel aufriefen, und schließlich beim Papste den Bann über J. und die Stadt Lüneburg erreichten. Damit brach der von der Geistlichkeit geschürte Aufstand aus, der zur Gefangennahme oder Austreibung des alten Rathes 1454 führte und die Stadt bis Martini 1456 dem Schreckensregimente preisgab. Mit dem von Herzog Friedrich und Bischof Bernhard von Hildesheim zurückgeführten alten Rath schloß J. sofort am 1. August 1457 die „Neue Concordia“, welche unter Vermittelung des Königs Christian I. von Dänemark, trotz des Bannes, in dem J. noch lag, anerkannt werden mußte. Dieser Bann bot 1457 den Vorwand zu einer Raubfehde Wilhelms des Aelteren von Braunschweig, der Verden und das Land am Deister, auch die Neustadt Hannover verwüstete. Durch Anrufung Gerhards des Streitbaren von Oldenburg zu seinem Schutze ward J. auch in dessen Erbstreit mit seinem Bruder Moritz gezogen, gewann aber dadurch auch die Freundschaft König Christians, der für seinen Bruder Gerhard Partei nahm. Um die beiden letzteren dauernd zu gewinnen, nahm er Gerhards 1458 geborenen Sohn Adolf (von Burgpforde) 1462 zum Coadjutor an, ohne das dieser je zum Genusse kam. In die Fehde wurde zuletzt Hoya, Mecklenburg und Lauenburg verwickelt, endlich schlichtete sie J. mit dem Herzoge Otto 1467 durch einen Schiedsspruch. Von 1468 an wurde J. schwach; zwei Jahre lang verwaltete der Domdechant Bartold von Landsberg (vgl. Bd. II. S. 523 f.) stillschweigend das Stift für den Gedächtnißlosen, 1470 nahm man an, er habe resignirt. Der nun vom Domcapitel gewählte Bartold hielt ihn ehrenvoll auf der Rotenburg bis zu seinem Tode 1472. Unaufgeklärt bisher trotz einer ziemlichen Litteratur ist der mehrseitig bezeugte Versuch Johanns, die westfälischen Freigerichte in seinem Stifte zu Landfriedenszwecken wieder aufleben zu lassen.

Pfannkuche, Aeltere Geschichte des Bisthums Verden S. 232–262. Wegen Lüneburgs und des Prälatenkrieges: Vaterl. Archiv des histor. Vereins für Niedersachsen, 1843. Volger, Lüneburger Neujahrsblatt, 1863 u. 1864. Osterblatt 1862. Der betreffende Theil der Verdener Chronik. (Pratje), Altes und Neues, 10, S. 190 f. v. d. Ropp. Hanserecesse, I. S. 240 ff., 260.