ADB:Jauer, Nikolaus
Konrad von Soltow (1405–1407 Bischof von Verden) wieder an. In der ersten Hälfte des Jahres 1407 war er Rector der Universität. In den Jahren 1407–1421 fungirte er als Vicekanzler bei den feierlichen Promotionen. Bald wurde er Senior und Decan der Facultät und blieb als Professor und Decan bis zu seinem im Alter von etwa 80 Jahren erfolgenden Lebensende thätig. Seit 1413 war er auch Kanonikus, und von 1413–1418 Decan des Stiftscapitels der Heiliggeistkirche, seit 1418 Canonicus senior. Im Jahre 1416 wurde J. mit Anderen als Vertreter der Universität zum Concil nach Konstanz gesandt, wo er eine handschriftlich erhaltene Rede hielt (gedruckt bei v. d. Hardt, Hist. lit. Reformationis III, 26–38 und auszugsweise in der unten genannten Monographie von Franz, Anlage 4, S. 224–289), 1432 als Abgeordneter des Kurfürsten (vgl. P. Albert in der Literarischen Rundschau 1898, Nr. 7, Sp. 203) zum Concil nach Basel. Auf einer zeitlich nicht näher zu bestimmenden Synode in Worms hielt er eine in zwei Wiener Handschriften erhaltene Synodalrede (darnach gedruckt bei Franz als Anlage 5, S. 240–248).
Jauer: Nikolaus J. (Nikolaus Magni de Jawor), Theologe, geboren ca. 1355 zu Jauer in Schlesien, † am 22. März 1435 zu Heidelberg. Der Familienname ist Magni (Groß); nach der Sitte der Zeit wird er aber gewöhnlich nach dem die Herkunft bezeichnenden Zusatz zum Namen genannt. Ueber seine erste Ausbildung, auch über Ort und Zeit seiner Priesterweihe ist nichts bekannt. Erst der Gang seiner höheren Studien an der Universität Prag läßt sich verfolgen, wo er 1378 als Cleriker zum Baccalarius in artibus, am 5. Februar 1381 zum Licentiaten in artibus promovirt wurde, worauf er Vorlesungen an der Artistenfacultät zu halten begann, der er bis 1395 als Magister angehörte. In diesen Jahren der philosophischen Lehrthätigkeit machte er zugleich in der herkömmlichen Weise den theologischen Studiengang durch, während er auch als Prediger und Inhaber eines Altarbeneficiums bei St. Gallus praktisch im geistlichen Amte thätig war. Wahrscheinlich im Jahre 1395 trat er als Magister in die theologische Facultät über. Im Sommerhalbjahr 1397 war er Rector der Universität. Im J. 1402 siedelte J. von Prag, wo sich die Verhältnisse durch die nationalen und religiösen Streitigkeiten immer unerquicklicher gestalteten, an die junge Universität Heidelberg über, um das Amt eines der drei Ordinarien der theologischen Facultät zu übernehmen. Andere Prager Magister waren ihm hierhin schon vorausgegangen; in der theologischen Facultät traf er seinen früheren Prager Lehrer Matthäus von Krakau (später 1405–1410 Bischof von Worms) undVon den handschriftlich erhaltenen litterarischen Arbeiten Jauer’s gehören [643] in die Prager Jahre der für klosterfrauen um 1400 geschriebene Tractat „De tribus substantialibus votis religiosorum“ (Handschriften in München, Leipzig, Prag, Wien, St. Florian, Wilhering und im Besitze von Franz) und ein „Sermo super quatuor passionibus Domini nostri Jesu Christi secundum concordantiam quatuor evangelistarum ad populum“ (in Codex lat. Mon. 23 863). Aus der Heidelberger Zeit sind erhalten eine Quaestio über das Mendicantenthum (in Cod. lat. Mon. 17 231; bei Franz gedruckt als Anlage 2, S. 206–216), eine Quaestio über die Behandlung der Häretiker (in Cod. Vat. Palat. 608; bei Franz als Anlage 3, S. 217–223), die schon erwähnten, auf dem Concil von Konstanz und auf einer Wormser Synode gehaltenen Reden, eine Anzahl von Predigten, die J. an Sonn- und Festtagen beim akademischen Gottesdienst in der Heiliggeistkirche hielt (theils in einer Trierer Sammlung von Predigten von Heidelberger Professoren aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh., Cod. 60 der Stadtbibliothek zu Trier, theils in einer aus Buxheim stammenden Handschrift, jetzt im Besitze von Franz); endlich die am meisten verbreitete Schrift Jauer’s, der 1405 verfaßte Tractat „De superstitionibus“, eine kurze schulmäßige Darstellung der Dämonologie und des damit zusammenhängenden Aberglaubens, worin J. den Aberglauben in allen seinen Formen bekämpfen will; Franz zählt 58 Handschriften dieses Tractats aus dem 15. Jahrhundert auf, davon 25 jetzt allein in der Münchener Staatsbibliothek; gedruckt wurde derselbe nie. J. war kein bahnbrechender, schöpferischer Geist, aber ein tüchtiger Vertreter der Schulgelehrsamkeit seiner Zeit, erfüllt von Liebe zur Wissenschaft wie zur Kirche und mit ernstem Sinn auf die Abstellung der schmerzlich empfundenen Gebrechen im kirchlichen Leben und im Volksleben dringend; er war einer von den Männern, welche das Ansehen der Heidelberger Hochschule begründet hatten.
- Ad. Franz, Der Magister Nikolaus Magni de Jawor. Ein Beitrag zur Literatur- u. Gelehrtengeschichte des 14. u. 15. Jahrhunderts. Freiburg i. Br. 1898. – Paulus, Nikolaus Jauer; Histor.-politische Blätter, 121. Bd. 1898, S. 815–819 (nach Franz).