Zum Inhalt springen

ADB:Jaromar II.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Jaromar II., Fürst von Rügen“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 724–726, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jaromar_II.&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:01 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Jaromar I.
Nächster>>>
Jaroslaw
Band 13 (1881), S. 724–726 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Jaromar II. in der Wikipedia
Jaromar II. in Wikidata
GND-Nummer 136270387
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|13|724|726|Jaromar II., Fürst von Rügen|Theodor Pyl|ADB:Jaromar II.}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=136270387}}    

Jaromar II., Fürst von Rügen, ein Sohn von Wizlaw I. und Enkel Jaromars I., führte schon bei Lebzeiten seines Vaters, sei es wegen dessen hohen Alters oder seines Verweilens außer Landes, in den J. 1246–49 die Regentschaft, und erlangte dann in der Folge während der kurzen Zeit seiner fürstlichen Herrschaft von 1249–60 einen ebenso hohen kriegerischen Ruhm, wie sein Großvater. Während dieser jedoch an den Großthaten Waldemars I. und II. von Dänemark theilnahm, erwarb J. II. gerade durch eine feindliche Stellung gegen das nordische Reich einen Namen, der noch in späteren Zeiten von den Dänen mit bitterem Hasse belegt wurde. Eine Reihe von Unglücksfällen: Waldemars II. Gefangenschaft durch den Grafen Heinrich von Schwerin (1223–25), der schleunige Tod seiner Söhne: Erichs VI. durch Mord (1250) und Abels in der Schlacht gegen die Ditmarsen (1252), endlich der glänzende Sieg, welchen die stetig wachsende Macht Lübecks (1249–54) über Dänemark errang, in Folge dessen der Admiral Alexander von Soltwedel Kopenhagen und die zur Nebenbuhlerin emporblühende Stadt Stralsund eroberte, – trugen dazu bei, den dänischen Einfluß im Fürstenthum Rügen zu untergraben und den Ehrgeiz Jaromars II. in andere Bahnen zu lenken. Im Gegensatz zu seinem Großvater, trat er zu den pommerschen Herzogen Barnim I. und Wartislaw III. in ein freundschaftliches Verhältniß und erwählte den ersteren als Schiedsrichter bei der Landestheilung mit seinem Vetter Borante aus dem Hause Putbus im J. 1249, wobei das Land Strey auf Rügen Borantes Brudertochter Cecislava bei ihrer Verlobung mit Jaczo II. von Gützkow als Mitgift verschrieben wurde. Auch trat er in Gemeinschaft mit Pommern in ein friedliches Verhältniß zu Lübeck und den anderen Hansastädten, indem er ihnen freies Geleit zur See gewährte und das Strandrecht abschaffte. Im eigenen Lande förderte er das Emporblühen der Städte Stralsund und Barth im J. 1255 und gründete zum Schutze gegen Mecklenburgs Angriff an der Grenze die neue Stadt Damgarten. Andererseits erweiterte er den Grundbesitz und die Rechte der Cistercienserklöster Bergen, Neuencamp und Eldena, überließ an letzteres Mönchgut (Reddewitz) auf Rügen, [725] und war auch der Ausbreitung der Dominicaner und der Franziscaner insofern günstig, als er im J. 1251 den ersteren Orden bei Anlage eines Klosters in Stralsund unterstützte. Kantzow berichtet auch von einem Kriege Jaromars II. gegen Mecklenburg, welcher jene Anlage Damgartens hervorgerufen habe, eine Angabe, deren Möglichkeit nicht zu bestreiten ist, da Rügens Verbindung mit Pommern eine feindliche Stimmung des Nachbarlandes veranlassen mochte, und Jaromars erweiterte Machtstellung die Eifersucht herausforderte. Durch seine Vermählung mit Eufemia, einer Tochter Swantepolks des Großen von Ostpommern, hatte er nämlich an der südbaltischen Küste eine mächtige Stütze gewonnen, in Folge dessen sein Sohn Wizlaw II. später in jenen Gegenden auch zu bedeutendem Landbesitz bei Rügenwalde und Schlawe gelangte. Ebenso wichtig und zugleich verhängnißvoll für den Ausgang seiner Regierung war die Vermählung seiner Tochter Margarethe mit dem Sohne des Königs Abel († 1252), dem Herzoge Erich I. von Schleswig im J. 1257, der seinem Oheim, dem König Christoph I. (1252–59) entschieden feindlich gegenüberstand, und naturgemäß auch seinen Schwiegervater zu einer ähnlichen Stellung zu bewegen suchte. Das dänische Reich war schon seit 1253 durch einen Zwiespalt der geistlichen und weltlichen Herrschaft in arge Wirren gestürzt, indem Jakob Erlandson, aus dem Geschlechte Absalons, ohne Genehmigung des Königs Christoph, zum Erzbischof von Lund erhoben war, und, mit gleicher Umgehung des königlichen Ansehens, seinen Verwandten Peter Bang zum Bischof von Roeskilde ernannt hatte. Auf dem Reichstage zu Nyborg im März 1256 hatte J., in Verbindung mit den Mecklenburgischen Fürsten, den Streit zwischen den Parteien verglichen, jedoch willigte der König nur deshalb ein, weil ihn eine Fehde mit Norwegen beschäftigte, als aber 1257 der Erzbischof des Monarchen Kanzler Ketill in den Bann that und die Bauern gegen Christoph und seine Vasallen aufreizte, sodaß sie deren Burgen und Güter verheerten, ließ der König am 5. Februar 1259 Jakob Erlandson und seinen Verbündeten, den Bischof von Ripen, ins Gefängniß setzen, während Peter Bang von Roeskilde nach Schaprode auf Rügen floh und von dort, im Schutze Jaromars, das Interdict über das Königreich Dänemark aussprach. Auf den Wunsch des Papstes Alexander IV. zog nun J. mit seinem Schwiegersohn, Erich I. von Schleswig, und den Grafen von Holstein nach Seeland, um den König zur Freigabe und Einsetzung der geistlichen Würdenträger zu zwingen, da empfing er die Nachricht vom Tode Christophs am 29. Mai 1259, der angeblich an Gift gestorben sein soll. Die Königin Margarethe, eine Tochter Sambors II. von Ostpommern und als Feindin des Hauses Swantepolks, auch dessen Eidam J. grollend, stellte sich jedoch, nach dem Tode ihres Gemahls, dem rügischen Heere bei Nestved entgegen, wo es am 14. Juni zu einer furchtbaren Schlacht kam, in Folge welcher Kopenhagen erobert und die Bischöfe wieder in ihr geistliches Amt gesetzt wurden. Wahrscheinlich trug der Umstand, daß Peter Bang den gefallenen Dänen ein christliches Begräbniß verweigerte, dazu bei, daß Jaromars Name noch lange nach seinem Tode, wie die Chroniken von Detmar und Kantzow uns melden, mit unauslöschlichem Hasse des dänischen Volkes belastet blieb. Die Königin Margarethe fand jedoch Hülfe bei Hakon V. von Norwegen und Birger Jarl von Schweden, wußte den Erzbischof Jakob Erlandson zu versöhnen, und sah Weihnachten 1259 ihren Sohn Erich VII. Glipping zum Könige von Dänemark gekrönt. J., welcher auf diese Art seine eigenen Pläne und die Prätendenz seines Schwiegersohnes, Erichs I. von Schleswig, gescheitert sah, kehrte 1260 nach Rügen zurück, wo er, wie schon oben erwähnt ist, in Gemeinschaft mit Herzog Wartislaw III., zu Vilmnitz das Strandrecht abschaffte. Dann rüstete er sich zu einem zweiten Zuge, der ihn in Gemeinschaft mit dem Bruder Jakob [726] Erlandsons, Andreas, nach Bornholm, Moen, Laland und Schonen führte. Auch hier begleitete ihn überall der Sieg, und vermehrte der Fall der Besiegten, sowie die Eroberung der Städte und Schlösser den Haß der Dänen gegen den Slavenfürsten, bis ihm der rächende Dolch eines unbekannten Weibes im Jahre 1260 den Tod bereitete. Sein Leichnam wurde wahrscheinlich nach Rügen gebracht und dort im Kloster zu Bergen oder Neuencamp bestattet, seine Gemahlin Eufemia fand dagegen 1270 ihre Gruft im Johanniskloster zu Stralsund. Seine Tochter Margarethe starb mit ihrem Gemahl Erich I. in demselben Jahre 1272, während sein Sohn Wizlaw II. eine sehr lange Regierung von 1260 bis 1302 führte. Tritt uns in J. I. ein Fürst entgegen, dessen Jugend in Dunkel gehüllt ist, dessen späteres Leben aber bis zum hohen Greisenalter ihn als Vertreter christlicher Kultur und Begründer dauernder Zustände der Heimath erkennen läßt, so erscheint uns in J. II. ein glänzender Held, dessen ruhmvolle Kriegsthaten in dem kurzen Decennium seines Waltens ein fremdes Land tief erschüttern, ohne bleibende Erfolge zu erringen, welche ihn aber mit dem Reiz einer Sage umgeben, die seinen Namen bis nach Island erschallen läßt, und ihm in der Jaromars-Schanze auf Seeland ein äußeres Denkmal gewidmet hat.

Fabricius, Urk. z. Gesch. d. Fürst. Rügen, Bd. II. 1843. Barthold, Pomm. Gesch., Bd. II. 1840. Fock, Rüg.-pomm. Gesch., Bd. II. 1862. Karl v. Rosen, Dänemarks Einfl. a. d. christl. Arch. Rügens, Vereinsschrift des rüg.-pomm. G.V., 1872. Pyl, Gesch. d. Cist.-Klosters Eldena, 1881.