ADB:Jamnitzer, Wenzel
Karl V., Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf I. ihn zu ihrem Hofgoldschmied ernannten. Er starb zu Nürnberg am 15. Decbr. 1585 und wurde neben „seinem Weibe und seinem Kind" auf dem Johanniskirchhofe begraben, wo sein Grab durch ein schönes, von seinem Freunde Jost Amman entworfenes Epitaph aus Bronce mit seinem Porträt geschmückt ist. – J. war ein Mann von edelstem Charakter, umfassender Bildung, großem Talent und bedeutender Erfindungsgabe. Er gab die von den anderen Goldschmieden seiner Zeit noch lange angewendeten, aus dem Mittelalter überlieferten gothischen Kunstformen ganz auf und wendete mit aller Entschiedenheit sich den Formen der italienischen Renaissance zu, welche er jedoch mit voller Freiheit handhabte und weiter ausbildete, sie auch mit orientalischen Ornamenten verband. J. war der Begründer einer ganz neuen Richtung in der Goldschmiedekunst und das Haupt einer bedeutenden Schule, welche bald über ganz Deutschland sich ausbreitete. J. war in allen Arten der Technik, Gießen, Treiben, Stanzen, Ciseliren, Graviren, Vergolden, Emailliren, Fassen der Edelsteine Meister, schnitt Siegel und Münzstempel in Stein und Eisen, modellirte in Wachs und war ein vortrefflicher Zeichner, auch geübt im Radiren in Kupfer und fertigte auch mathematische Instrumente verschiedener Art nach eigener Idee. Besonders bewundert wurden seine sehr sauber gearbeiteten, ganz naturalistisch behandelten Nachbildungen kleiner Thiere und Pflanzen (zum Theil Abgüsse über der Natur) in Silber, mit welchen man damals Kästchen und anderes zu besetzen pflegte. Die Zahl seiner Entwürfe zu künstlerischen Arbeiten verschiedenster Art ist sehr groß. Er war damit sehr freigebig; nur wenige davon sind unter seinem Namen bekannt. Mehr als dreißig Entwürfe zu Prachtgefäßen in edlen Metallen hat er selbst in Kupfer gestochen. Sie sind unter dem Namen des „Meisters von 1551“ bekannt, leider von höchster Seltenheit. Andere seiner Entwürfe zu Prachtgefäßen, Schmuckgegenständen und Ornamenten sind von Virgil Solis und anderen Kupferstechern in Kupfer radirt (seine Entwürfe zu Prachtgefäßen in Silber und Gold sind neu herausgegeben von R. Bergau – Berlin bei Paul Bette). Originalzeichnungen von ihm sind von großer Seltenheit, doch sind dergleichen in Basel, Berlin, Coburg, Nürnberg etc. noch erhalten. Zwei große figürliche Compositionen: Apotheose des Kaisers Maximilian II. und Triumph der christlichen Kirche hat Jost Amman nach Jamitzer’s Entwürfen in Kupfer radirt. Die meisten seiner Kupferstiche und Zeichnungen sind ohne jede Bezeichnung, daher viele als Werke dieses Meisters wol noch nicht erkannt. Einige derselben sind mit W. J., andere mit seinem vollen Namen bezeichnet. – Seine bedeutendsten erhaltenen – viele derselben sind leider zerstört – in edlen Metallen ausgeführten Werke sind: zwei Schmuckkästchen im grünen Gewölbe zu Dresden, zwei andere im Kunstgewerbemuseum zu Berlin und in der königl. Schatzkammer zu München, der berühmte Tafelaufsatz, bis vor Kurzem in Nürnberg, jetzt in Besitz des Baron Rothschild zu Frankfurt a. M. (von einem Seitenstück dazu ist noch eine Zeichnung erhalten), ein Reliquiar in Privatbesitz in England, ein großer Pokal im Besitz des Deutschen Kaisers, ein anderer in der königl. Schatzkammer [692] zu München, mehrere Pokale im Besitz des Baron Rothschild zu Frankfurt und eine Taufkanne nebst Schüssel in der Kirche S. Maria presso S. Celso zu Mailand. Unter den zerstörten Werken war besonders hervorragend ein großes Brunnenwerk, welches J. für Kaiser Rudolf II. gefertigt hat, von welchem uns aber nur eine ausführliche Beschreibung und einige Fragmente in der k. k. Schatzkammer zu Wien erhalten sind. Jamitzer’s officielle Goldschmiedemarke ist ein Löwenkopf en face (sein Wappen) und daneben ein W. Die von J. geschaffenen Formen wurden von vielen anderen Goldschmieden copirt und, zum Theil in unverstandener Weise zusammengestellt. Daher kommt es, daß viele Silberarbeiten vorhanden sind, deren Gesammtcomposition von anderen Meistern ist, während viele ornamentale Theile derselben von J. sind. – J. war auch wissenschaftlich vielfach thätig, beschäftigte sich mit Architektur, Mathematik und Mechanik. Er fertigte u. A. die Illustrationen zu der 1548 erschienenen deutschen Bearbeitung des Vitruv von Rivius, gab 1568 ein Werk „Perspectiva corporum regularium“ heraus, dessen Abbildungen Jost Amman nach Jamitzer’s Zeichnungen radirt hat. Die Bibliothek des South-Kensington-Museum zu London besitzt ein zweibändiges Manuscript von J., „Beschreibung von künstlichen und nützlichen silbern und vergulten neu erfundenen Instrumenten“ von 1585. Es giebt sechs verschiedene Medaillen mit dem Porträt Jamitzer’s, die schönste darunter von seinem Schwiegersohne Valentin Maler, auch verschiedene ältere Kupferstiche mit seinem Porträt.
Jamitzer: Wenzel J., auch Jamnitzer, Gamiczer oder ähnlich geschrieben, einer der ausgezeichnetsten deutschen Goldschmiede älterer Zeit und das Haupt der Nürnberger Goldschmiede im 16. Jahrhundert, wurde 1508, angeblich zu Wien, geboren, siedelte aber als Geselle mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder Albrecht, welcher später sein Mitarbeiter war, nach Nürnberg über, wurde daselbst 1534 Meister, heirathete, kaufte ein Haus in der Zisselgasse, wurde 1544 Geschworener seines Gewerks, 1556 Genannter des großen Raths und 1573, als Vertreter der Goldschmiede, Mitglied des kleinen Raths. Wie hoch er in der Achtung seiner Zeitgenossen stand, beweist wohl die Thatsache, daß die Kaiser- Johann Neudörfer’s Nachrichten von Nürnberger Künstlern, herausgegeben von Lochner (Wien 1875). Doppelmayr, Nachricht von Nürnbergischen Künstlern (Nürnberg 1730).
Christoph Jamitzer (auch Gamiczer geschrieben), ist wahrscheinlich ein Sohn von Albrecht J., also Neffe des berühmten Wenzel J., Nürnberger Goldschmied, wurde geboren zu Nürnberg am 11. Mai 1563 und starb daselbst am 22. Decbr. 1618. Von seinen Werken sind bekannt ein Tafelaufsatz in Form eines Elephanten im Kunst-Gewerbe-Museum zu Berlin, zwei große silberne Becher in Form von Himmels- und Erdgloben, welche der Rath der Stadt Nürnberg im J. 1632 dem Könige Gustav Adolf von Schweden, als er in Nürnberg eingezogen war, überreichte, jetzt im Grünen Gewölbe zu Dresden, ein großes ovales Becken, in dessen Mitte ein Triumphzug des Amor in figurenreichem Relief dargestellt ist, in der k. k. Schatzkammer zu Wien und ein in Kupfer radirtes, 1610 erschienenes, Vorlagenbuch, welches den Titel „Neu Grotesken Buch“ trägt. – Es giebt einen in Aquatintamanier ausgeführten Kupferstich mit seinem Porträt.
- Doppelmayr, Nachricht von Nürnbergischen Künstlern (Nürnberg 1730).