ADB:Jäger, Albert von
*): Albert von J., Director der pfälzischen Eisenbahnen in Ludwigshafen a. Rh. und kgl. Regierungsdirector, Sohn des kgl. Hofrathes, [473] Lyceal- und Gymnasialrectors Dr. Georg v. Jäger in Speier, war geboren am 23. November 1814 zu Kempten, wo sein Vater Vorstand des Gymnasiums war, bis derselbe 1817 als Gymnasialrector nach Speier versetzt wurde. J. besuchte das Gymnasium und das Lyceum in Speier in den Jahren 1825 bis 1833, studirte dann Rechtswissenschaft an den Universitäten München und Heidelberg 1833 bis 1837, prakticirte hierauf ein Jahr beim kgl. Landcommissariat (jetzt Bezirksamt) in Frankenthal und ein Jahr beim kgl. Bezirksgericht (jetzt Landgericht) in Zweibrücken und unterzog sich Ende 1839 der juristischen Staatsprüfung mit gutem Erfolge. Im März 1840 begab er sich zu seiner weiteren juristischen Ausbildung auf ein halbes Jahr nach Dijon in Burgund. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich wurde er Regierungsaccessist in Speier und erlangte noch Ende 1840 den Rathsacceß beim Fiscalat der kgl. Regierung der Pfalz in Speier. In den Jahren 1841/42 unterzog er im Auftrage der kgl. Regierung die ärarialischen Bergwerke der Pfalz einer Visitation zur vollen Zufriedenheit seiner vorgesetzten Behörde. In jener Zeit betrieb man aufs lebhafteste den Bau von Eisenbahnen in der Pfalz, 1844 wurde ein vorläufiges Büreau in Speier gebildet und in dieses wurde J. am 25. April als Geschäftsführer berufen und bereits am 23. September 1844 als Subdirector der von Ludwigshafen nach Bexbach zu erbauenden Ludwigsbahn vom Verwaltungsrath gewählt und am 23. October 1844 vom König bestätigt. Fast 40 Jahre wirkte J. bis zu seinem Tode in höchst ersprießlicher Weise im Dienste der Pfälzischen Eisenbahnen, deren hauptsächlichste Linien unter seiner Direction erbaut wurden. Als 1849 die erste pfälzische Eisenbahn von Ludwigshafen und Speier bis Neunkirchen in Rheinpreußen, deren Bau durch das Hartgebirg die größten Schwierigkeiten verursacht hatte, indem 12 zum Theil lange Tunnels hergestellt werden mußten, in ihrer ganzen Länge dem Verkehr übergeben war, wurde der Sitz der Bahndirection von Speier nach dem günstiger gelegenen Ludwigshafen verlegt und der seitherige Subdirector J. zum 2. Director ernannt (zum 1. Director der seitherige Baudirector Paul v. Denis). Als 1856 v. Denis, der Erbauer der ersten deutschen Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth, einem Rufe als Baudirector der bairischen Ostbahnen folgte, wurde. J. zum 1. Director ernannt. Unter seiner Direction wurde die besonders strategisch so überaus wichtige, aber mehrere Millionen kostende Eisenbahnbrücke über den Rhein zwischen den Städten Ludwigshafen und Mannheim 1865–1868 erbaut. Ebenso kam eine Verbindung der Pfalz mit der badischen Landeshauptstadt Karlsruhe durch die Errichtung einer Eisenbahnschiffbrücke bei Maxau 1865 zu Stande. Auch für die Herstellung einer Bahnverbindung zwischen St. Ingbert und St. Johann-Saarbrücken war er in den 70er Jahren mit Erfolg thätig. Am meisten aber bewährte sich Jäger’s ausgezeichnete Kraft in den Jahren 1870/71, indem die pfälzischen Bahnen durch Transport von Truppen und Kriegsgeräthen aller Art fast Unmögliches zu leisten hatten, aber allen, selbst den höchsten Anforderungen sich gewachsen zeigten. Für seine vielen und vorzüglichen Verdienste als 1. Director der pfälzischen Eisenbahnen, deren Vereinigung (es waren schließlich 4 Bahngesellschaften entstanden) er am 20. October 1869 glücklich nach größter Anstrengung zu Stande gebracht hatte, wurde er am 23. October 1869 bei seinem 25jährigen Dienstjubiläum hoch gefeiert. Der König von Baiern verlieh ihm den Verdienstorden der bairischen Krone, womit die Erhebung in den Adelstand des Königreiches verbunden ist, nachdem J. schon 1862 den Titel und Rang eines kgl. Regierungsrathes erhalten hatte. 1880 wurde er zum kgl. Regierungsdirector befördert. Für wie tüchtig man J. an allerhöchster Stelle hielt, geht daraus hervor, daß er öfters [474] mit Abschluß von Staatsverträgen beauftragt wurde. Mit den Nachbarbahnen Badens, Hessens, Preußens und Frankreichs verstand er die besten Beziehungen zu unterhalten und jedes mit den Interessen der Pfalzbahnen vereinbares Entgegenkommen zu zeigen. Wegen seiner diesbezüglichen mannigfaltigen Verdienste wurde er durch drei bairische, drei preußische und je einen badischen, hessischen und französischen Orden ausgezeichnet.
JägerFür die 1854 in Ludwigshafen gebildete katholische Kirchengemeinde war er bei seiner tief religiösen Gesinnung hervorragend thätig, insbesondere lag ihm der Bau der dortigen katholischen Kirche in den Jahren 1858–1883 sehr am Herzen; zur Hebung des Gottesdienstes gründete J., der ein großer Freund und Kenner der Musik war, den Pfarr-Cäcilienverein und dirigirte an Sonn- und Feiertagen sogar die Kirchenconcerte; daneben war er Leiter eines Singchors, der dann am Grabe Jäger’s Zeugniß von seinen Leistungen ablegte. Das „Jägerhaus“ in Speier und Ludwigshafen stand wegen der hohen musikalischen Genüsse, die dort geboten wurden, in hohem Ansehen, und es galt als großer Vorzug, dem Jäger’schen „Musikkranz“ anzugehören; Frau Director v. Jäger, eine geborene Olivieo[1], war gleichfalls musikalisch hoch gebildet und brachte die herrlichsten Tonschöpfungen unserer größten Meister vor einem auserlesenen Freundeskreise der Familie auf dem Flügel zum Vortrage, was stets ein Ereigniß in Ludwigshafen war. Leider verlor J. von seinen sechs Kindern zwei Söhne und eine Tochter, als sie im besten Jugendalter standen, wodurch tiefe Trauer in die Familie einzog und bei Frau v. Jäger der Keim zu einer 10jährigen Krankheit gelegt wurde, von der sie 1882 der Tod erlöste. Am 19. Februar[2] folgte J. seiner Gattin im Tode nach, nachdem er noch am 18. Februar am Abendessen der Familie theilgenommen und dann noch verschiedene Geschäfte erledigt hatte; in der Nacht wurde er von einer Lungenlähmung befallen, an der er nach sechsstündigem Leiden im 70. Lebensjahre starb. So war er für das große Institut, das er 40 Jahre als 2., dann als 1. Director vorzüglich geleitet hatte, bis zum letzten Tage seines Lebens unermüdlich thätig gewesen. In ihm verlor die Pfalzbahn ihre 40jährige „lebende Geschichte“, wie der Vorstand des Verwaltungsrathes der Bahn, Reichsrath v. Böcking, in der außerordentlichen Sitzung vom 1. März 1884 treffend bemerkte, er war „die Seele“ des mächtigen Getriebes gewesen. In den verschiedenen Nachrufen wird sein klarer Geist, seine überlegene Arbeits- und Willenskraft, sein eiserner Fleiß, seine gewissenhafte Pflichttreue und seine geradezu „monumentale Mannesruhe“ gepriesen, mit der er alles lenkte und leitete. J. hat sich nicht bloß in der Geschichte der Pfälzischen Eisenbahnen, sondern in der Geschichte der Pfalz überhaupt ein ehernes, unvergängliches Denkmal gesetzt.
- Ein großer Fascikel von Familienpapieren im Besitze der in Edenkoben wohnenden Wittwe des verstorbenen kgl. Bezirksamtsassessors Paul Jäger, Sohnes von Albert v. Jäger. – Zur Erinnerung an das 25jährige Dienstjubiläum des Herrn Albert Jäger, kgl. Regierungsrathes und Directors der pfälzischen Eisenbahnen, am 23. October 1869. Druck von J. Baur in Ludwigshafen a. Rh. – Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen von 1869, Nr. 45, S. 688 ff. – Der Actionär, Centralorgan für den Mobiliarbesitz, von 1869, Nr. 827, Beilage S. 670. – Pfälzer Zeitung 1869, Nr. 249, S. 3. – Pfälzischer Kurier von 1869, Nr. 251, S. 3. – Trauerrede am Grabe des Herrn Albert v. Jäger, gehalten zu seinem Gedächtniß von Stadtpfarrer Hofherr zu Ludwigshafen a. Rh. auf dem Friedhofe daselbst am 20. Februar 1884. Druck von Aug. Lauterborn in Ludwigshafen a. Rh. 1884. – Ludwigshafener Anzeiger 1884, [475] Nr. 44, S. 1. – Bericht der Direction der pfälzischen Eisenbahnen über die Verwaltung der unter ihrer Leitung stehenden Bahnen im Jahre 1883. Baur’sche Buchdruckerei in Ludwigshafen a. Rh., 1884, S. 19 f. – Albert v. Jäger, 1814–1884, Director der pfälzischen Eisenbahnen und kgl. Regierungsdirector, von Dr. Schmitt in Edenkoben im Pfälzischen Museum von 1905.
[472] *) Zu Bd. L, S. 623.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 474. Z. 17 v. o. l.: Olivier (statt Olivieo). [Bd. 55, S. 895]
- ↑ Z. 24 v. o. l.: 19. Februar 1884. [Bd. 55, S. 895]