Zum Inhalt springen

ADB:Ittner, Joseph Albert von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
(Weitergeleitet von ADB:Ittner, Johann Albrecht von)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ittner, Joseph Albert von“ von Daniel Jacoby in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 647–648, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ittner,_Joseph_Albert_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:08 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ittner, Franz von
Band 14 (1881), S. 647–648 (Quelle).
Joseph Albrecht von Ittner bei Wikisource
Joseph Albrecht von Ittner in der Wikipedia
Joseph Albrecht von Ittner in Wikidata
GND-Nummer 117212555
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|14|647|648|Ittner, Joseph Albert von|Daniel Jacoby|ADB:Ittner, Joseph Albert von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117212555}}    

Ittner: Joseph Albert v. I., Staatsmann und einst beliebter Schriftsteller, geb. am 2. März 1754 unweit Bingen. Des Vaters früh beraubt, fand er Aufnahme bei seinem Oheim, dem Leibarzte des Kurfürsten von Mainz. In dem von Jesuiten geleiteten Gymnasium erhielt er in Mainz den ersten höheren Unterricht; seine Jugend wurde ihm besonders durch die katholisch-bigotte, hartherzige Tante verbittert. Die Entdeckung eines unschuldigen Verhältnisses bestimmte den jungen Mann zur Flucht; ein preußischer Werbeoffizier brachte ihn zu einem Regiment unweit Magdeburg. Durch seine Verwandten befreit, widmete I. sich dem Studium der Rechte zuerst in Mainz, darauf in Göttingen. Seiner Liebe zu den alten Dichtern kam Heyne zu Hülfe, der ihn zur Erlernung der lange vernachlässigten griechischen Sprache begeisterte. In der juristischen Praxis übte sich I. beim Reichskammergericht zu Wetzlar, dann in Regensburg, endlich in der Kanzlei des Reichshofraths zu Wien. Im J. 1778 erhielt er eine Anstellung bei dem Fürsten von Hohenzollern-Hechingen; acht Jahre darauf wurde er Kanzler bei dem Maltheserorden, dessen Geschäfte mit dem Großmeisterthum und mit dem Deutschen Reiche er zu leiten hatte. In Heitersheim, fünf Stunden von Freiburg, dem Sitze des Großpriors und des Kapitels verlebte er die glücklichsten Jahre seines Lebens in schönster Natur, im Studium der alten und neuen Dichter, im Verkehr mit den Professoren zu Freiburg, wie Ecker, Joh. Leonh. Hug, dem Dichter J. G. Jacobi; auch mit dem Botaniker Gmelin und dem Dichter Hebel war er befreundet (ein Gedicht Hebel’s an I. in Ittner’s Schriften, herausgegeben von H. Schreiber, IV. 1829. S. 6 f.). Mit der Aufhebung des Maltheserordens war dieses idyllische Leben zu Ende: I. kam in Dienste der badischen Regierung. Im Auftrage des Großherzogs Karl Friedrich löste er mit schonendem Tactgefühl die Benedictinerabtei zu St. Blasien im Schwarzwalde auf; in diesem Winter von 1806 Ode in griechischer Sprache an J. G. Jacobi (Ittner’s Schriften, III. 418). Zum Curator der Universität Freiburg ernannt, suchte er die süddeutsche Hochschule nach dem Muster der norddeutschen, besonders Göttingens, einzurichten und trotz der ihm zu Gebote stehenden beschränkten Mittel trug er zur größern Blüthe Freiburgs nicht wenig bei. Mit der Curatie war das Amt eines Gesandten in der Schweiz verbunden; während der Dauer der Tagsatzung befand sich I. in dem Lande, für das er besondere Vorliebe auch in seinen Schriften zeigt. In Zürich hatte er treue Freunde an David Heß, Hottinger, den beiden Usteri, dem Junker Escher von Berg. Ganz besonders förderlich aber auf Entfaltung seiner schriftstellerischen Begabung wirkte Heinrich Zschokke in Aarau, für dessen Zeitschriften er seine gern gelesenen Beiträge lieferte. Durch die vorangesetzte Epistel im 2. Bd. seiner baierischen Geschichte hat Zschokke für das Andenken ihrer Freundschaft bei der Nachwelt gesorgt. Ittner’s Abberufung bedauerten die Schweizer lebhaft; 1812 war er als Director des Seekreises nach Constanz versetzt. Nachdem er noch im J. 1818 als badischer Bevollmächtigter in Frankfurt bei der Regelung der katholisch-kirchlichen Angelegenheiten thätig gewesen war, wo er gegen die monarchische Gewalt des Papstes sich geäußert, zog I. sich nach Constanz zurück, der Wissenschaft und seinen Freunden lebend. Zu den alten kamen Decan Strasser, v. Wessenberg und besonders der edle Freiherr v. Laßberg, der ihn mit der altdeutschen Poesie bekannt machte und der I. innig liebte: Die poetische Zueignung des „Lieder-Saals“, Bd. II. 1822, ist in mittelhochdeutscher Sprache an Meister Albrecht zu Constanz gerichtet. Im Juli 1820 besuchte ihn Freiherr [648] v. Stein, der sein Interesse für die „Monumenta Germaniae“ erweckte; mit diesem verlebte I. drei Tage in Arbeit auf der Bibliothek zu St. Gallen. Im Herbste Friedr. Aug. Wolf, mit dem I. beim Becher griechische Skolien sang. „Ich habe Niemand den Homer schöner und harmonischer vorlesen hören, als diesen Wolfius“ (Brief an Zschokke, Schriften. IV. 100). Im J. 1814 war J. G. Jacobi gestorben: das Leben des Dichters „von einem seiner Freunde“, Zürich 1822, ist von Ittner’s Hand. Nach dem Tode seines Sohnes Franz, Professors der Chemie in Freiburg (seine Schrift über die Blausäure rühmten alle Fachleute), verschwand die natürliche Heiterkeit des Greises; am 9. März 1825 verschied er, wie Laßberg an Uhland schrieb, nach seinem im Leben geäußerten Wunsche, ohne Schmerz, von den sanften Pfeilen des Helios getroffen. Laßberg betrauerte seinen Tod mit warmem Herzen, auch Uhland weiht „dem Biedermann wehmüthige Erinnerung“. – I. lebte in der Welt des Alterthums: die Stürme der Zeit berührten wenig sein Inneres. In seinen Erzählungen und Aufsätzen – viele auch in Jacobi’s „Iris“ erschienen – spiegelt sich sein aufgeklärter, milder Geist, seine classische Bildung; er liebte, wie Laßberg, die classischen Citate, aber er erscheint nie pedantisch. Am besten gelingen ihm Gemälde, in denen sein zartes Gemüth mit einem ihm eigenthümlichen Großsinn sich aussprechen kann, so „Der Prälat“, „Schiffscapitän Ali“. Der Geist der josephinischen Epoche stimmte mit seiner durch die Alten genährten Denkart überein: er ist gegen die Duelle, für Toleranz; die Geistlichen sollen der Wissenschaft leben und dem Volke sich nützlich zeigen. Seine humoristisch gefärbten Aufsätze waren sehr beliebt, z. B. „Lob der Böcke“, „Ueber die Beschränkung der Eßfreiheit“; vielleicht haben sie auch auf Ludwig Börne eingewirkt, wiewol diesem tiefere Glut und schneidigerer Witz eignen.

H. Schreiber in Ittner’s Schriften, Bd. IV. (1829), S. 121–209. – Neuer Nekrolog 1825, S. 325–338 von J. L. Hug. – H. Döring bei Ersch und Gruber. – Badische Biographien, I. 419–421. – Briefwechsel zwischen Laßberg und Uhland, herausg. von Pfeiffer, 1870, S. 51, 52, 55.