ADB:Isolano, Johann Ludwig Graf
Johann Marcus I., in kaiserliche Kriegsdienste trat, um im Kampfe gegen die Türken sein Glück zu suchen. Ganz unrichtig wird allgemein erzählt, er sei, bei Eroberung der Stadt Stuhlweißenburg [638] (1593) in türkische Gefangenschaft gerathen, schon 1598 in Konstantinopel gestorben. Noch in demselben Jahre war er bei der von Melchior von Rädern mit außerordentlicher Umsicht und Tapferkeit geleiteten Vertheidigung Großwardeins gegen ein vielfach überlegenes Angriffsheer in hervorragender Weise thätig. Es liegt ein kaiserliches Diplom vom 1. Juli 1599 vor, welches erklärt, daß Joh. Marcus „comes Insulanus“ bei jener Belagerung sich sehr wacker gehalten und insbesondere das seinem Befehle anvertraute Vorwerk, trotzdem es durch Unbedacht der eigenen Leute in Brand gerathen, gegen den Ansturm der Feinde mit großer Lebensgefahr behauptet, diese aber unter schweren Verlusten zurückgeschlagen habe, wofür ihn Rudolf II. in dankbarer Anerkennung zu seinem „außerordentlichen Feld-Kriegsrath“ ernennt. Auch Joh. Marcus’ Sohn, Johann Ludwig, verdiente sich auf ungarischem Boden die Sporen. Schon als 16jähriger Knabe soll er in türkische Gefangenschaft gewandert, jedoch bald mit Hülfe eines „Welschen“ nach Siebenbürgen geflüchtet sein.
Isolano: Johann Ludwig Graf I., kaiserlicher General der Cavallerie, geb. 1586, gest. 1640. Nach sehr glaubwürdigen Berichten dem ansehnlichen Geschlechte Lusignan aus Nikosia (Levkosia), der gartenreichen Hauptstadt Cyperns, entsprossen, erscheint der eigentliche Ahnherr der Familie der „Insulani“ = Isolani, Hercules I., gegen Ende des 15. Jahrhunderts zunächst in Bologna, dann als römischer Conte im Besitze von Minerbio, gleichfalls in der Emilia, nach dessen Verlust des Genannten Sohn,Wenige Oberoffiziere des Wallenstein’schen Heeres haben so viel von sich reden gemacht, wie I., während doch relativ nur wenig von ihm geschrieben werden kann, will man sich anders nicht fortwährend wiederholen. Im Sommer 1619 focht er als Capitän einer Compagnie Arkebusier-Reiter unter Dampierre in Nieder-Oesterreich; 1620 in Böhmen; 1621 wieder in Ungarn. Endlich am 22. Juni 1625 erhob ihn Ferdinand II. auf Wallenstein’s Empfehlung zum Obersten über ein Regiment von 600 Croaten. Mit diesen 600 überaus raschen, vielfach verwendbaren Reitern ward I. unter der Leitung seines Oberfeldherrn der Begründer einer in den modernen Heeren sofort zu großer Bedeutung gelangenden Waffengattung: der „leichten Cavallerie“, deren Ausbildung und Vermehrung Wallenstein von Anfang an die größte Sorgfalt zuwendete. Ihr vor Allem und ihrer bis dahin unerhörten Beweglichkeit verdankte des „Friedländers“ Armada den Respekt, den sie in Feindes- und Freundesland genoß. Unmittelbar nach seiner Obersten-Bestallung empfing I. ein weiteres kaiserliches Patent, „auf etlich hundert Pferde, aus Hungarn abzuführen“. Ihre Zahl wuchs in Monatsfrist auf neunhundert. Auf niederen, unansehnlichen, aber im höchsten Grade gewandten, ausdauernden Rossen flogen diese „Croaten“ – ein Gemisch halb-asiatischer Nationen der verschiedensten Zungen – der Avantgarde des regulären Heeres voran oder streiften sie meilenweit auf dessen beiden Flügeln und deckten sie gleichzeitig nicht minder in größeren und kleineren „Parteien“ den Nachtrab des Ganzen. Im Angriff die Ersten, im Rückzug die Letzten; bei Tag und Nacht auf den Beinen, waren sie unermüdlich im Recognosciren, im „Battiren“ und „Travailliren“. Ein wohlberechneter Flankenangriff Isolano’s entschied am 25. April 1626 die Vernichtung Ernsts von Mansfeld vor dem Dessauer Brückenkopfe. Dieselben „Croaten“ waren es, die Mansfeld’s flüchtige Reiter, immer „hart an den Eisen“, durch Schlesien nach Ungarn und endlich bis nach Dalmatien hetzten, nachdem sie bei Ungarisch-Neustadt mit Hülfe des braven Obersten Pechmann die feindliche Wagenburg erstürmt hatten. Und so finden wir sie in den nächsten Jahren wieder bei Bernstein an der pommerschen Grenze; bei Oldenburg wie bei Viborg, Hobro und Aalborg im nördlichen Jütland; vor Wismar und Wolgast am baltischen Meere: immer siegreich und beutebeladen.
Wie viel bei alledem darauf ankam, welche höhere Hand diese Massen lenkte und zu rechter Zeit an der rechten Stelle verwendete, bewies nach Wallenstein’s Rücktritt in schlagender Weise die Haltung eben dieser Truppen. Weder Tilly noch Torquato Conti wußte sie im Herbst des J. 1630 in Pommern oder im folgenden Sommer in Sachsen irgendwie zur Geltung zu bringen. Sie theilten die Breitenfelder Niederlage, nachdem sie kurz vorher durch nicht weniger als vier Regimenter der Obersten Losy, Corpus, Mortzin und Hrastowacky verstärkt worden waren, und wurden fast völlig aufgerieben. Eins der ersten Geschäfte [639] Wallenstein’s bei Wiederübernahme des Oberbefehls war es, die so entstandene Lücke in seinem Heerkörper auszufüllen. Am 2. Januar 1632 empfing der „Freiherr“ I. „in Erwägung seines tapfern, aufrichtigen, redlichen Gemüths und seiner in Kriegssachen erlangten, bewiesenen und gerühmten Erfahrenheit“ etc. aus der Hand Kaiser Ferdinands II. den „Gehorsambrief“ als „oberster Commandant über alles kaiserliche Kriegsvolk zu Roß croatischer Nation und leichter Pferde“. Dann folgte der Befehl Wallenstein’s an den neuen General, seine eigenen Regimenter um 3500 Mann zu vermehren, sowie am 16. April, bez. 1. Mai darauf, nicht nur die bisherigen Croatenführer Losy, Corpus und Hrastowacky sondern auch Batthianyi, Dornberg, Keglewitz, Beygott und Blaskowitz als nunmehrige Oberste das Patent zur Werbung von je 1000 „croatischen Pferden“ erhielten, um davon allerdings Gebrauch zu machen. Die sächsischen Garnisonen in Böhmen erfuhren dies mit schweren Verlusten. In den ersten Tagen des Monats Juni mußten sie, durch I. von allen Seiten hart bedrängt, das Land gänzlich räumen. Im Lager zu Nürnberg war von Seite der Schweden und der schwedischen Hülfsvölker kaum Einer so gefürchtet wie I., der es trefflich verstand, Proviantzufuhren aufzuheben, Streifcorps zu überrumpeln und so den Feind ununterbrochen in Athem zu erhalten. Den größten Schaden verbreiteten seine Schaaren in dem Verheerungszuge Holk’s gegen das Voigtland und Meißen im Spätsommer 1632. Auf dem Felde vor Lützen war es abermals I., der in demselben Momente, als nach dem Falle Pappenheim’s ein Theil der kaiserlichen Reiterei die Flucht ergriff und dadurch die ganze Armee der äußersten Gefahr aussetzte, auf Wallenstein’s Wink mit 1000 Croaten im Rücken der feindlichen Aufstellung erschien und auf diese Weise die Schlacht wiederherstellte. Bekanntlich war Wallenstein bereits von der Wahlstatt abgezogen, als I. dorthin zurückkehrte, um die in Verlust gerathenen schweren Geschütze in Sicherheit zu bringen, was freilich fast ganz mißglückte.
Wieder im Januar 1633 stand I. in Sachsen, indem er durch eine Diversion gegen Freiberg und Dresden den von Holk geplanten Entsatz von Zwickau zu decken suchte. Nach dem Verluste Zwickaus mit der Completirung seiner Regimenter eifrigst beschäftigt, stieß er bald nachher zu Gallas in Schlesien, um nach des Generalissimus Auftrag die dort stehenden Sachsen „unaufhörlich zu travailliren.“ So kam es, daß diese nach Gallas’ Bericht manche Woche hindurch „ihre Rosse niemals durften absatteln“. Es wäre ermüdend, die Scharmützel alle aufzuzählen, in welchen I. den Meister spielte. Schon mit Kaufbrief vom 6. Juni 1627 hatte ihm Wallenstein um verhältnißmäßig geringen Preis Schloß und Herrschaft Zasadka mit zwölf dazu gehörigen Dörfern, sowie mit Urkunde vom 6. März 1628 den Rittersitz Kozniowitz mit sechs incorporirten Dörfern, sämmtlich im Herzogthum Friedland, als Lehen übergeben. Während der Herzog in allen solchen Lehen u. A. das „Bräuurbar“ als besonderes Hoheitsrecht sich selbst ausdrücklich vorbehielt, erklärte er mit Diplom vom 25. August 1633 ausnahmsweise – es ist der einzige Act dieser Art, den Wallenstein vollzog – „der croatischen Reiterei Generalen, Herrn Joh. Ludwig I. auf seinen im Herzogthum Friedland gelegenen Gütern das Bräuurbar … wegen seiner in allen Occasionen gegen den Feind erwiesenen Tapferkeit zugelassen und verwilligt zu haben.“ Vier Wochen später schenkte der Feldherr, vorbehaltlich der Zustimmung des Kaisers, sowol dem General I. als auch sechs Obersten seines Commando’s als „wohlverdiente Recompens“ je ein liegendes Gut aus den „nächsteingehenden Confiscationsmitteln“ im Werthe von 60-, bez. 30 000; jedem ihrer Capitäne aber ein solches von 10 000 Gulden, mit der Weisung, hievon den Untergebenen „eine Ergötzlichkeit zu thun“, und der Begründung, daß General und Oberste „nebst ihren unterhabenden Offizieren und Reitern sich in allen Occasionen gegen den Feind herzhaft und tapfer gehalten [640] und Ihrer Majestät Dienst mit unerschrockenem Gemüth, auch ungespart ihres Lebens alles Fleißes verrichtet, insonderheit bei diesem Feldzug, als wir gegen den Feind gelegen, denselben unablässig und dergestalt travaillirt, daß er in die äußerste Noth dadurch gerathen.“ Es begreift sich, wie flink die so reich Belohnten dabei waren, als nach allzu langen Friedensverhandlungen der Krieg wieder eröffnet wurde. Sie trieben die Sachsen durch ganz Schlesien, in die Lausitz, über die Elbe und drangen wieder in die Vorstädte von Dresden, während Wallenstein selbst das zurückgebliebene schwedisch-brandenburgische Corps bei Steinau umging und mit Sack und Pack gefangen nahm. Kaum wagte es Arnim wieder, die Elbe zu überschreiten, als I. die Ordonnanz empfing, „auf alle Weise darob zu seyn, daß er sich an den Feind henke und denselben, bis wir mit der Armada, welches denn ehestens geschehen wird, dahin angelangt, unablässig travaillire – inmaßen er wohl zu thun weiß.“
Die gleichzeitigen Begebenheiten an der Donau; mehr noch aber gewisse unzeitige kaiserliche Befehle, hervorgerufen durch Beeinflussungen feindseligster Art, veränderten die Lage der Dinge vollständig. Es kam zu dem ersten Pilsener „Schluß“ vom 12. Januar 1634, den auch I. unterzeichnete; der zweite „Schluß“ am 20. Febr. trägt seinen Namen nicht. Die Ratten verließen das Schiff. Wer am meisten bot, der hatte, wie fast ohne Ausnahme alle übrigen Genossen, auch I. – Für eine kaiserliche „Gnade“ von 100 000 Gulden gab er den Gebieter, den Freund und Wohlthäter preis. Wallenstein mußte fallen, und – „die Führer seiner Leiche spielten Würfel auf seinem Sarge.“ Bei der Theilung der Beute empfing I. die auf 158 906 Gulden geschätzte Herrschaft Böhmisch-Aicha aus dem in seine Atome zerschlagenen Herzogthum Friedland, und wurde ihm hiebei von Ferdinand II. nach langem Repliciren der die „Gnade“ übersteigende Betrag von 58 906 Gulden gänzlich nachgesehen – „unter Anderem auch darum“, wie es in der bezüglichen Aufschreibung des kaiserlichen Hofkammer-Beamten bezeichnend heißt, „weil I. die Zeit seines Lebens, bis auf den jüngsten Tag, nichts weiter bei Ihrer Majestät zu prätendiren sich erklärt hat.“ Zum Ueberfluß erhob ein Patent vom 6. Mai 1634 I. in den Grafenstand. – Nicht eben lange Zeit genoß er die Früchte seiner Handlungsweise. Wir finden ihn noch 1634 vor Regensburg, wie in der Schlacht bei Nördlingen. Im folgenden Jahre nahm er Salzungen ein, dann ging er mit Gallas nach Frankreich. 1637 operirte er in Hessen, 1638 in Pommern.
Seine Kriegführung, der besseren Oberleitung entbehrend, artete immer mehr in sinn- und planloses Plündern und Morden aus. Bemerkenswerthe Thaten sind nicht weiter zu verzeichnen. Er starb im März 1640 zu Wien mit Hinterlassung zweier Töchter, Anna Maria Elisabeth und Regina, durch deren Letztere die Haupterwerbung ihres Vaters, Böhmisch-Aicha, dem Kloster der Augustinerinnen zu St. Jakob in Wien überlassen wurde. Der Name I. ist nicht ausgestorben; er findet sich noch heute in Oesterreich und Ungarn.
- Nach Urkunden der öffentlichen Archive zu Wien, Prag, Dresden etc.