ADB:Horn, Ludwig Wilhelm
1/2 Jahren mit dem Zeugniß der Reife verließ. Seine Vorliebe für naturwissenschaftliche Studien führte ihn dem forstlichen Berufe zu; auch hoffte er, in der kräftigenden Waldluft seine zarte Constitution zu stärken. Den vorgeschriebenen zweijährigen praktischen Vorcursus bestand er bei seinem Onkel, dem Revierförster Horn, der das Revier Gandersheim verwaltete. Hierauf bezog er im Herbst 1848 die forstliche Abtheilung des Polytechnikums in Braunschweig, an welchem Theodor Hartig als Professor der Forstwissenschaft wirkte. Nach zweijähriger Studienzeit unterzog er sich (1851) in Braunschweig der ersten forstlichen Prüfung mit so glänzendem Erfolge (Note 1), daß ihm ein Stipendium zu einer forstlichen Studienreise gewährt wurde. Unter der Führung seines Lehrers und Gönners Hartig bereiste er den Thüringer Wald, Schwarzwald, Odenwald, Spessart, die Rhön und den Hardtwaldt. Die hierdurch erlangten Anschauungen und Kenntnisse gestalteten sich zu einer nachhaltigen Quelle, aus welcher er noch in späteren Jahren erfolgreich schöpfte. Im Herbst 1851 bezog er die Georgia Augusta zu Göttingen, um juristischen, cameralistischen und naturwissenschaftlichen Studien obzuliegen. Durch sein ernstes wissenschaftliches Streben zog er hier die Aufmerksamkeit des bekannten Nationalökonomen Georg Hansen derart auf sich, daß ihm von diesem die Aussicht auf eine forstliche Docentenstelle an dem neuerrichteten landwirthschaftlichen Institut zu Göttingen eröffnet wurde. Da ihm aber sein früherer Lehrer und väterlicher Freund Hartig bereits zugesagt hatte, für seine spätere Berufung als Lehrer der Forstwissenschaft am Collegium Carolinum Sorge tragen zu wollen, lehnte er das ihm gemachte Anerbieten ab. Es galt ihm nun zunächst darum, unter der Leitung eines tüchtigen praktischen Verwalters und ihm auch in wissenschaftlicher Hinsicht nahestehenden Mannes im praktischen Forstdienst sich auszubilden. In dieser Beziehung konnte kaum eine geeignetere Persönlichkeit gefunden werden, als der im Forstrevier Seesen am Harze amtirende, auch als Schriftsteller – namentlich auf forstentomologischem Gebiete – bekannte Revierförster Beling, der dem Inspectionsbezirke Seesen später als Forstmeister vorstand. Mit Genehmigung der Kammer siedelte daher H. dorthin über. Leider erkrankte er aber, infolge körperlicher Anstrengungen in dem bergigen Gelände, an einer Blinddarmentzündung, welcher sich später ein hoher Grad von Nervenschwäche zugesellte, so daß er seine Thätigkeit nach einiger Zeit einstellen und sich behufs Heilung in mehrere Bäder begeben mußte. Nachdem sich hierdurch sein körperliches Befinden gebessert hatte, übernahm er im Herbst 1861 vorübergehend Beschäftigung als Hülfsarbeiter bei der Herzoglichen Kammer in Braunschweig. Von einem schweren Rückfall im J. 1862 heimgesucht, der ihn mehrere Jahre arbeitsunfähig machte, erholte er sich so langsam, daß seine erste Anstellung im Forstdienste als Forstgehülfe erst am 1. August 1865 – in einem Alter von 36 Jahren – erfolgen konnte. Er bestand dann im J. 1866 noch das [470] zweite sogenannte Beförderungsexamen ebenfalls mit Auszeichnung, kehrte aber aus gesundheitlichen Rücksichten nicht wieder in den praktischen Forstdienst zurück, sondern bemühte sich um Verwendung im Bureaudienst, da die ihm früher in Aussicht gestellte Professur am Collegium Carolinum inzwischen anderweit besetzt worden war. Am 1. Juli 1868 trat er zunächst bei der Kammer als Kammerrevisor ein; am 20. Januar 1872 rückte er zum Kammersecretär auf, in welcher Stellung ihm 1875 der Titel Assessor verliehen wurde. Am 27. September 1876 erfolgte seine Ernennung zum Kammerassessor und Mitglied der Kammerdirection der Forsten, zunächst mit berathender Stimme; doch wurde ihm schon im folgenden Jahre das Votum verliehen. Am 22. Juni 1878 wurde er zum Kammerrath befördert, und am 8. Mai 1893 erhielt er das Prädicat Geheimer Kammerrath, nachdem er seit dem 1. October 1892 als ältestes technisches Mitglied der Forstdirection an die Spitze der braunschweigischen Forstverwaltung gestellt worden war.
Horn: Ludwig Wilhelm H., Forstmann, geboren am 8. April 1829 zu Wolfenbüttel, wo sein Vater als Kanzlist bei dem damaligen Herzogl. Landesgericht angestellt war, † am 4. April 1897 zu Braunschweig im Alter von 68 Jahren infolge eines Gehirnschlages, der ihn am 20. März betroffen hatte. Von Geburt an schwächlich, wurde er, da seine Mutter frühzeitig gestorben war, von der zweiten Frau seines Vaters liebevoll und sorgsam erzogen; jedoch blieb er zeitlebens kränklich. Nach dem Besuch der Bürgerschule seiner Vaterstadt, trat er im Herbst 1837 in das dortige Gymnasium ein, welches er 1846 im Alter von 17H. hat sich um die neuere Gestaltung der Forsteinrichtung hervorragende Verdienste erworben. Er betrieb und erreichte für die Ausführung der Vermessungen und Bearbeitung der Wirthschaftspläne in den fiscalischen Forsten die Gründung einer besonderen Forsteinrichtungsanstalt, zu deren Leiter er 1880 berufen wurde. Die von ihm befolgte Methode der Forsteinrichtung lehnt sich an das sächsische Verfahren an. Als Mitglied der Forstdirection bearbeitete er hauptsächlich die forstlichen Cultursachen, wobei ihm seine ausgezeichneten naturwissenschaftlichen Kenntnisse, zumal seine Ausbildung nach botanischer Richtung hin, sehr zu statten kamen. Mit ganz besonderem Eifer widmete er sich aber dem forstlichen Versuchswesen. Nachdem er die Nothwendigkeit der Errichtung einer forstlichen Versuchsanstalt für das Herzogthum Braunschweig in einer ausführlichen Denkschrift nachgewiesen hatte und die Anstalt infolge dessen ins Leben getreten war, wurde er 1876 zu deren Leiter ernannt. Als solcher veranlaßte er zunächst die Gründung einer forstmeteorologischen Station in Marienthal 1878, deren Beobachtungsergebnisse in den Müttrich’schen Jahresberichten über die preußischen Versuchsanstalten mitgetheilt wurden. Ferner wurde durch ihn eine größere Anzahl von Ertrags- und Durchforstungsprobeflächen in den braunschweigischen Forsten angelegt, deren exacte Behandlung nach dem hierfür bestehenden Arbeitsplane bei den Bereisungen durch die Delegirten der anderen forstlichen Versuchsanstalten durchweg die größte Anerkennung fand. Mit besonderer Vorliebe behandelte er die Exotenfrage, für die er das richtige Verständniß besaß (er war weder Schwärmer noch Pessimist) und in welcher er sehr orientirt war. Nach Hartig’s Tod war ihm der Versuchsgarten zu Riddagshausen zum Anbau von Ausländern überwiesen worden; hier züchtete er die verschiedensten Holzarten, die dann in die braunschweigischen Forsten wanderten und somit sein Andenken auch späteren Generationen erhalten werden.
Auf litterarischem Gebiet hat sich H. leider wenig bethätigt, obschon er durch seine gediegenen Kenntnisse und vielen Erfahrungen hierzu besonders befähigt erschien. Seiner Feder entstammen nur gelegentlich verfaßte kleine Arbeiten in den Jahrbüchern des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig, in den Veröffentlichungen der Section des landwirthschaftlichen Centralvereins für Acclimatisation und in den Jahresberichten des Harzer Forstvereins (s. z. B. den Bericht über die „Anbauversuche in Braunschweig“ im Jahrgang 1891, S. 6–30), sowie des Hils-Solling Forstvereins. Er betheiligte sich häufig und gern an den bezüglichen Jahresversammlungen, besuchte auch die Wanderversammlungen des Vereins der deutschen Forstwirthe, sowie die gewöhnlich zu derselben Zeit und am gleichen Ort stattfindenden [471] Versammlungen der Delegirten der forstlichen Versuchsanstalten fast regelmäßig. An den Debatten über die jährlichen Themata nahm er regen Antheil; zwar sprach er nicht häufig, aber wenn dies geschah, gründlich und streng sachlich. Manche werthvolle Anregung ist seinem kritischen Scharfblicke zu verdanken. Der „Arbeitsplan für forstliche Aestungsversuche“ wurde (unter Mitwirkung des Unterzeichneten als Correferenten) von ihm entworfen. Auch was er schrieb, zeugte von großer Gründlichkeit, so u. a. der schöne Nekrolog auf seinen Lehrer Theodor Hartig (Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1880, S. 292 bis 309), welchem er bis an sein Lebensende in dankbarer Verehrung zugethan blieb. Nur brauchte er – bei seinem bedächtigen, zu sehr überlegendem Wesen – zu seinen Arbeiten zu viele Zeit. Theils hierin, theils in seiner Ueberbürdung mit Verwaltungsgeschäften, nicht zum letzten auch in seiner Umständlichkeit und Kränklichkeit, ist es begründet, daß er die von ihm – auf Grund der von den deutschen forstlichen Versuchsanstalten angestellten Untersuchungen – übernommene Bearbeitung der Formzahl- und Massentafeln für die Rothbuche nicht zum Abschluß gebracht hat.
Seine Persönlichkeit war in jeder Beziehung sympathisch. Sein ruhiges, bescheidenes Auftreten zeugte von feiner Bildung und ausgeprägtem Zartgefühl. Sein Wesen war im Allgemeinen – zumal Fremden gegenüber – ernst und zurückhaltend, mitunter eigenartig, da er unverheirathet einsam durchs Leben gehen mußte, mithin die Freuden des Familienglücks entbehrte. Im Freundeskreise konnte er aber auch heiter und gemüthlich sein. Wohlwollen, Milde gegen andere, Liebenswürdigkeit und Menschenfreundlichkeit bildeten die Grundzüge seines Charakters.
- Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen 1897, S. 326 (Todesnachricht); S. 440 (Nekrolog, von Danckelmann). – Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung 1897, S. 184 (Todesanzeige); S. 414 (Nekrolog, von Grundner). – Forstwissenschaftliches Centralblatt 1897, S. 343 (Nekrolog, unterzeichnet L.). – Centralblatt für das gesammte Forstwesen 1897, S. 338 (Nekrolog mit Bild, unterzeichnet β.). – Eigene Kenntniß.