ADB:Hollonius, Ludovicus
David Chyträus. Sein „Freimut“ (Alten Stettin 1603) behandelt die Geschichte des verlorenen Sohnes, der Erfindung nach ähnlich wie ältere Stücke, der Ausführung nach sehr gewandt, mit lebendigem Dialog, Ansätzen von satirischer Charakteristik und in einer nach dem Maßstabe der Zeit wirklich poetischen Sprache, die durch hübsche volksthümliche Wendungen und Sprichwörter erfreut. Nichts pflegt in Dramen des 16. Jahrhunderts langweiliger zu sein als die Tugend, und unter den Tugendhaften verdienen den Preis der Langeweile die moralisirenden Knechte und Mägde. H. aber hat das Kunststück fertig gebracht, eine solche Magd, die vor den Zudringlichkeiten des verlorenen Sohnes aus dem Wirthshause flieht, ganz interessant vorzuführen. Sein zweites Stück „Somnium vitae humanae“ (Alten Stettin 1605) ist noch besser im Einzelnen, obgleich seltsam in der Anlage. Dem aus Shakespeare und Holberg bekannten Stoffe vom trunknen Bauer, den ein Fürst in Fürstenkleider stecken, dann aber in neuer Trunkenheit wieder degradiren läßt, hat der Verfasser gar keine komischen, sondern nur erbauliche Seiten abgewonnen; er hat aber sehr viel komisches Beiwerk daran angebracht. Der eigentliche Spaß ist, wie die Schlemmerei des verlorenen Sohnes, hinter die Scene verlegt und wird nur erzählt, und die Lehre daran geknüpft, daß das menschliche Leben ein Traum sei; weil nämlich der Bauer (der hier nicht eigentlich als Bauer, sondern als städtischer Plebejer genommen wird) geträumt zu haben glaubt. Aber die plattdeutsch sprechenden Bauern und die Typen katholischer Geistlicher sind ganz vortrefflich, auch das übrige nie ohne dramatisches Leben.
Hollonius: Ludovicus H. (Holle), Pastor zu Pölitz in Pommern und Dramatiker des 16. Jahrhunderts; ein Schüler des