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ADB:Hobbema, Meindert

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Artikel „Hobbema, Meindert“ von Joseph Eduard Wessely in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 516–518, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hobbema,_Meindert&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:52 Uhr UTC)
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Hobbema: Meindert H., einer der besten holländischen Landschaftsmaler, geboren zu Amsterdam 1638, gestorben daselbst im December 1709. Damit sind aber auch so ziemlich alle sicheren Nachrichten über sein Leben erschöpft und auch diese sind erst durch Forschungen der Neuzeit sicher gestellt worden, denn bevor Scheltema im Archiv der reformirten Gemeinde diese entdeckte, gab es eine ganze Musterkarte von Jahren und Geburtsorten, die man in verschiedenen Kunstbüchern anführte. Einige wollten ihn 1611 zu Antwerpen, Andere 1629 in [517] Harlem geboren werden lassen, dann nannte man Coeverden im Gelderland, Drentenar und in England sogar Hamburg als dessen Geburtsort. Ueber seinen Lehrer in der Kunst weiß man nichts Bestimmtes, man wird jedoch nicht fehl gehen, wenn man annimmt, daß er in Harlem bei Sal. Ruysdael den ersten Kunstunterricht genoß. Seinen, wenn auch nur zeitweiligen Aufenthalt in jener Stadt, documentirt eine Zeichnung desselben im Berliner Cabinet, ein knorriger, absterbender Baum, mit Feder gezeichnet und mit Bister lavirt, an deren Originalität kaum zu zweifeln ist, welche die Bezeichnung trägt: Myndert Hobbema 1651 Harlem. Daß er mit Jac. Ruysdael befreundet war, bezeugt sein von Scheltema mitgetheilter Ehecontract; er vermählte sich am 2. October 1668 mit Eeltje Vinck aus Gorcum und J. Ruysdael war sein Zeuge bei der Vermählung. – Weite Reisen wird der Künstler kaum unternommen haben, das Repertoire seiner Kunst ist eng begränzt: Waldpartien, Canäle, stehendes Gewässer, Mühlen, in späterer Zeit auch Hütten, Städteansichten und Ruinen, alles dies fand er in reicher Auswahl in seiner Nähe. H. starb arm; dieser Umstand dürfte schon allein die Fabel entkräften, die ihn von Haus aus reich sein läßt, so daß er nur zu seinem Vergnügen gemalt und die Bilder als Gunstbezeugungen an seine Freunde verschenkt haben soll; als praktischer Holländer würde er gewiß seine Zeit und Mühe so nutzlos nicht verschwendet haben. H. war lange Zeit ganz unbeachtet geblieben, erst der vorgeschrittenen Durchbildung des Kunstgefühls unserer Tage blieb es vorbehalten, dem Künstler seinen Ruf, seine wohlverdiente Ehre zurückzugeben. Man erkennt dies an der Steigerung der Preise bei einzelnen seiner Bilder; so kostete eine Landschaft im Cabinet Young 1806 nur 5040 Guld., 1827 schon 9324 Guld.; – 1844 wurde sie mit 23 304 Frc. bezahlt. Eine andere Capitallandschaft galt 1768 bei Caauw nur 300 Guld. und 1827 bei Muller 13 075 Frc. Es ist ein Verdienst von Waagen, der in seinen Briefen über Kunst und Künstler in England auf die vollendete Meisterschaft des H. aufmerksam machte. In England haben sich auch die meisten Bilder seiner Hand erhalten. Smith führt in seinem Catalog 124 Bilder Hobbema’s an, die fast durchweg die englischen Sammlungen zieren. Eins seiner Hauptwerke besitzt die Nationalgallerie „the avenue“, eine große Allee, kurz nach dem Regen; die Sonne kämpft noch mit den Ueberresten der Wolken und glänzt in den Tropfen, die an den Bäumen hängen. Das Bild gehört der Zeit seines künstlerischen Zenith’s an. Es ist nicht möglich, auch nur übersichtlich die Werke des Meisters vollständig anzuführen. Rob. Peele besitzt vier Hauptwerke, dabei eine vorzügliche Mühle und die Ruinen des Schlosses Brederode, die sich im Wasser spiegeln, mit Rembrandt’scher Wirkung. Auch bei Marquis Stafford, Lord Ashburton, Lord Grosvenor, in der Bridgewater Gallerie ist der Künstler vertreten; Lord Hatherton besitzt eine Bauernhütte mit Wasserpfuhl und Baumgruppen, die nach Waagen eine ganze Gallerie aufwiegt. Dem Besitzer wurden vergeblich 3000 Lstr. für das Bild geboten. Auf dem Festlande sind Hobbema’s Bilder selten, besonders die vorzüglichen. Man findet einzelne in Berlin (Eichenwald mit Wasser), Wien, im Belvedere (Flache Landschaft), Darmstadt, im Städel’schen Institut zu Frankfurt, in München (Bauernhütte), Paris, Brüssel (Partie aus dem Harlemer Holz, 1874 um 60 000 Frc. erworben), im Museum v. d. Hoop in Amsterdam (Mühle) und weitere mehr. In der Sammlung des Baron Mecklenburg in Berlin, die 1854 in Paris versteigert wurde, befand sich ein Hobbema, der mit 72 000 Frc. bezahlt wurde. Auch Suermondt besitzt ein vorzügliches Bild des Künstlers: das Ufer (rad. von Flameng in Lützow’s Kstztschrift), das mit seiner Sammlung nicht nach Berlin kam, weil man sich über den Preis nicht einigen konnte. Das Bild ist meisterhaft durchgeführt, die Baumgruppen rechts erinnern stark an [518] J. Ruysdael. Es ist auch H. der einzige Künstler, der sich mit diesem kühn messen darf. Im J. 1875 sah ich in Wien beim Kunsthändler Miethke ein vorzügliches Bild des Meisters, das im Machwerk dem Bilde des Londoner Nationalmuseums gleichkommt, dessen Pendant es auch bei gleicher Größe mit demselben bilden dürfte. Links sah man ein großes Gebäude am Wasser, vielleicht eine Mühle, im Grunde rechts eine Stadt. Das Braunrothe der Massen stach wunderbar gegen den leuchtenden Silberton des Himmels ab. Näher ist das Bild von v. Lützow in seiner Zeitschrift besprochen, wo auch eine Radirung von Unger beiliegt. – Wenn wir nun fragen, was denn diesen Werken einen so besonderen Reiz verleiht und den Künstler zu einem der ersten Meister dieses Gebietes stempelt, so finden wir die Antwort in der vollendeten, aus einem tief empfindenden Gemüthe entsprossenen und den Kunstkenner fascinirenden Naturwahrheit. Man glaubt nicht ein Bild der Natur, sondern diese selbst, wie sie sich in den verschiedensten Stimmungen des Tageslichtes zu einem Gedichte entfaltet, vor sich zu sehen. H. versteht es, mit dem Lichte die wunderbarsten Erscheinungen hervorzuzaubern; in der Luftperspective ist er ein Meister ersten Ranges, die Wolken sind durchsichtig, wie das Clairobscur seiner Massen; er versteht es, die Landschaft mit den Sonnenstrahlen stets in die innigste Harmonie zu bringen, seine Morgenlandschaften wie die des Mittags sind ebenso fein betont, wie beim abnehmenden Lichte des Abends. Hierin überbietet er vielleicht noch Ruysdael. In der Zeichnung von Figuren war er nicht geübt und es sollen darum seine Staffagen durch andere Künstler, wie A. van d. Velde, Ph. Wouwerman, Lingelbach, Helt Stockade u. A. ausgeführt worden sein. – Originalzeichnungen des Künstlers gehören zu den größten Seltenheiten; außer der oben erwähnten in Berlin kennt man nur noch zwei bei de Vos in Amsterdam: auch in der Sammlung von Verstolk van Soelen befand sich eine. Nach seinen Bildern wurde nur wenig gestochen; es sind nur einzelne Blätter von J. Browne, J. Mason, Vivares zu nennen. R. Earlom schabte eine Mühle nach dem Bilde bei Lord Trevor, J. H. Blees radirte eine solche nach dem Bilde bei van der Hoop.

Immerzeel. Kramm. Rathgeber. Parthey, Bildersaal. Waagen. v. Lützow, Zeitschr. f. b. K. Smith.