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ADB:Hildebrandt, Eduard

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Artikel „Hildebrandt, Eduard“ von Joseph Eduard Wessely in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 402–403, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hildebrandt,_Eduard&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:24 Uhr UTC)
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Hildebrandt: Eduard H., Genre- und Landschaftsmaler, geb. am 9. Sept. 1818 zu Danzig, † am 25. October 1868 zu Berlin. Als Sohn eines armen Stubenmalers hatte er keine glänzenden Aussichten vor sich, aber mit einer bewunderungswürdigon Energie riß er sich von den beengenden Verhältnissen des Vaterhauses los und wanderte (er war 19 Jahr alt) zu Fuß nach Berlin, um Künstler zu werden. Die Akademie nahm ihn nicht auf, weil sie kein Künstlertalent an ihm entdecken konnte (wie später so viele Kritiker); er trat also in das Atelier von Krause und malte nebenbei kleine Marinebilder, um sich zu erhalten und noch für Studienreisen etwas zu erübrigen. Neben der Liebe zu seiner Kunst war ihm auch ein mächtiger Reisetrieb angeboren. Seine Lebensgeschichte ist so zu sagen eine Reisebeschreibung. Im J. 1838 besucht er Rügen, dann England und Schottland, 1841 ist er als Schüler im Atelier von Isabey in Paris, 1843 besucht er im Auftrag des Königs Brasilien, wo er zwei Jahre malt. Eine Frucht dieser Reise ist der „Tropische Regen“ und der „Brasilianische Urwald“. 1847–49 werden England, Schottland, Spanien, die canarischen Inseln, 1851 Italien, Nordafrika, Egypten, Nubien und die Sahara bereist, 1856 besucht er das nördliche Eismeer, nachdem er ein Jahr vordem für seine große Marine die goldene Medaille und das Kreuz der Ehrenlegion erhalten hatte. Die Frucht der letzten Reise war die „Mitternachtssonne am Nordpol“. Im J. 1862–64 unternahm er seine Reise um die Erde, von welcher er über 400 Aquarelle zurückbrachte. Kossak arbeitete seine Tagebücher zu einer Beschreibung dieser Weltumseglung aus. Die Mühseligkeiten dieser großen Reise scheinen aber einen Nagel zu seinem Sarge geschmiedet zu haben. Was seine Kunstrichtung und Kunstthätigkeit anbelangt, so wurde derselben einerseits die maßloseste Verhimmelung entgegengebracht, andererseits saß die strengste Kritik über ihn zu Gericht und brach den Stab über ihn. Die Wahrheit wird wohl, wie stets in ähnlichen Verhältnissen, in der Mitte sein. Es bleibt so ziemlich eine müßige [403] Frage, ob er ein echter Künstler war. Wenn bei der fabelhaft großartigen Production, wie sie selten gefunden wird, Einzelnes als verfehlt oder mißglückt bezeichnet werden muß, so ist das ein allgemein menschliches Schicksal. Daß er Land und Leute mit einem gesunden Künstlerauge aufzufassen verstand, zeigen diejenigen seiner Gemälde (der ersten Zeit), deren Stoff er in seinem Vaterlande oder überhaupt in Europa fand. Die innere Wahrheit derselben können wir controlliren, die Regionen des Ganges, des Reiches der Mitte, des Aequators sind uns zu fern und fremd und wir glauben dem Maler der daselbst waltenden Naturwunder nicht so leicht. Hildebrandt’s Kunst hat darum grade in diesem Gebiete die größten Ausstellungen zu bestehen gehabt. Vielleicht, wenn diese Regionen wie etwa Egypten unserem Gesichts- und Gedankenkreise näher gerückt sein werden, wird das Urtheil über den Künstler, der die Natur der ganzen Erde als die Diöcese seiner Kunst betrachtete, minder herbe sein. – Daß er Wunderbares von seiner Weltreise mitbringe, war ihm wohl bewußt, er bekennt auch ausdrücklich, daß er die äußerste Grenze des Phänomenalen gar nicht erreicht habe; würde man, sagt er von Ceylon, die Beleuchtungseffecte in nüchternen Zonen auf die Leinwand übertragen, man müßte sie für eine Münchhauseniade des Pinsels halten. Im stillen Ocean machte er am 15. Februar die Bemerkung: „Das entzückende Blau, in welchem das ganze Universum prangt, erquickt das Auge. Auf malerische Nachbildung des Phänomens muß die Kunst verzichten.“ Dennoch ließ er sich zu einer solchen Nachbildung verleiten, aber zur Vollendung kam es nicht, trotz zweijähriger Mühe und wurde von der Kritik das „blaue Wunder“ getauft. Die Vollendung des Landschaftsmalers bezeichnet die volle Bewältigung des Naturlebens, die Vermälung des Lichtes und der Luft mit der Erde und ihren Gebilden. H. schien ganz in dieses Liebesspiel der Naturgestalten eingeweiht zu sein; sein Land und Wasser sind nicht denkbar ohne den bald dichten, bald dünnen Schleier, womit Luft und Licht sie umspinnen (Morgen von Benares, Abend in Siam). Als Aquarellist kann sich H. kühn neben die besten Deutschlands, Englands oder Frankreichs stellen; freilich war er in ununterbrochener Uebung, was ihm jedoch ohne angebornes Genie wenig geholfen hätte. Seine Aquarelle besitzen den Vorzug, daß sie unmittelbar nach der Natur fertig gestellt sind, also die Wirklichkeit getreuer wiederspiegeln, als wenn sie nach Monden im Atelier nach flüchtigen Skizzen ausgearbeitet wären. Wie es bei solchen Aufnahmen oft zuging, erzählt uns H. in Siam: „Der Schweiß fällt auf die Aquarelle, Ameisen fressen die eben aufgetragenen Farben dicht vor dem Pinsel weg, vor Hitze rollt das Papierblatt zusammen und ich muß an die heimathliche Kritik denken. Die Herren würden gewiß so manche Schwäche derartiger Arbeiten nachsichtiger beurtheilen, wenn sie die unsäglichen Schwierigkeiten der Anfertigung erwägen wollten.“ Eine Auswahl seiner Aquarellen sind in gelungener Chromolithographie erschienen. Wenn wir aus dem staunenswerthen Reichthum seiner Gemälde und Aquarellen nur das Beste auswählen, so wird dies immerhin ein glänzendes Monument seines Kunststrebens, einen Triumph seiner Kunstthätigkeit darstellen.

E. Hildebrandt’s Reise um die Erde, von Kossak. – Br. Meyer, Studien und Kritiken; daselbst S. 418 ff. eine Aufzählung seiner Werke und ihrer Besitzer. – A. Rosenberg, Die Berliner Malerschule. – F. Arndt, E. Hildebrandt, der Maler des Kosmos. Berl. 1869.