Zum Inhalt springen

ADB:Heyden, Otto

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Heyden, Otto“ von Karl Siebert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 784–785, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heyden,_Otto&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:06 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Heyden, August von
Band 55 (1910), S. 784–785 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Otto Heyden in der Wikipedia
Otto Heyden in Wikidata
GND-Nummer 116787341
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|55|784|785|Heyden, Otto|Karl Siebert|ADB:Heyden, Otto}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116787341}}    

Heyden *): Otto Johann Heinrich H., Maler, wurde am 8. Juli 1820 in Ducherow, Regbez. Stettin, geboren. Er widmete sich dem Studium der Theologie, das er im Alter von 23 Jahren aufgab, um Maler zu werden. Er studirte zunächst an der Berliner Kunstakademie unter Wach und Klöber und wurde 1847 und 1848 Schüler von Cogniet in Paris, bei dem er sich eine tüchtige artistische Grundlage aneignete. Später zog es ihn nach Italien, wo er in den Jahren 1850–1854 besonders in Rom und auf Sicilien thätig war. Genrebilder mit italienischen Motiven und italienische Landschaften waren die Erstlinge seines selbständigen künstlerischen Schaffens. Seine erste größere Composition „Hiob, umgeben von seinen Freunden“ entstand 1855 und wurde vom Museum in Stettin angekauft. Bei einigen Porträts aus dieser Zeit fiel schon seine große Begabung für dieses Fach auf. 1856 beendete er sein großes Historienbild, das er zur 400jährigen Jubelfeier der Universität Greifswald, auf der er einstens studirte, gemalt hatte, um es für die Universitätsaula zu stiften. Es stellt die Scene dar, wo der Pommernherzog Wratislaw IX. in der Greifswalder Nikolaikirche dem vor dem Altar knieenden Rector die silbernen Scepter, die Insignien der Macht, übergibt. Ein zweites Historienbild aus der pommerschen Geschichte „Herzog Boleslaw auf seiner Wallfahrt im Kampf gegen die Türken bei Kandia 1497“ ist in kräftigen Farben gemalt und von einer lebendigen Handlung (Museum in Stettin). Ein weiteres größeres Bild „Feldmarschall Schwerin in der Schlacht bei Prag“ befindet sich im königlichen Schlosse zu Berlin.

Der Feldzug gegen Oesterreich im J. 1866 bildet einen Abschnitt in der künstlerischen Thätigkeit Otto Heyden’s, er sagte sich von der reconstruirenden Historienmalerei los und wandte sich der Darstellung der selbsterlebten Zeitgeschichte zu. Im Hauptquartier des Kronprinzen hatte er auf dem böhmischen Kriegsschauplatze als Augenzeuge reichlich Gelegenheit, über wichtige Vorgänge Studien zu künftigen Bildern zu machen. Am populärsten wurde sein Name durch das Oelgemälde in der Nationalgalerie „König Wilhelm reitet in den Nachmittagsstunden über das Schlachtfeld“ (1868), das eine figurenreiche Episode aus der Schlacht bei Königgrätz wiedergibt. Weitere Früchte seines Fleißes sind: „Das Eingreifen der II. Armee“, „Die Begegnung des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Karl“, „König Wilhelm übergibt dem Kronprinzen den Orden pour le mérite am Abend auf dem Schlachtfeld“ (im Besitze des deutschen Kaisers). Bei aller geschichtlichen Treue sinken diese Bilder doch nicht zu bloßen Illustrationen von historisch bemerkenswerthen Momenten herab, sondern ihr Schöpfer versteht es, trotz des manchmal etwas nüchternen Colorits über das Ganze eine künstlerische Stimmung auszubreiten. Seine vorzüglichen Porträts von Bismarck, Moltke und Steinmetz machten bei ihrer ersten Ausstellung ein wohlberechtigtes Aufsehen. Im J. 1869 unternahm er eine Studienreise nach dem Orient und verwerthete seine dort gewonnenen Studien zu einer Reihe von Bildern, die besonders das Straßenleben von Kairo in seiner Vielgestaltigkeit und Buntfarbigkeit lebenswahr schildern. Dem Feldzug von 1870/71 wohnte er ebenfalls bei und befand sich im Hauptquartier des V. Armeecorps. Als die bedeutendste Schöpfung aus jener Zeit stammt „Der Besuch des deutschen Kaisers bei den Verwundeten in Versailles“, ein Gemälde von gesundem Realismus und einer ausgeglichenen coloristischen Wirkung. 1878 überraschte er mit einer großen Composition: „Apollo mit den Musen und Grazien“, die für den Vorhang des Theaters in Posen Verwendung fand, doch war er einer solchen Aufgabe [785] nicht gewachsen, da seine Stärke in der getreuen Wiedergabe des wirklichen Lebens beruhte. Besser gelangen ihm seine Wandgemälde in der Dankeskirche zu Berlin (1883), unter denen besonders „Die Einsetzung des Abendmahls“ hervorzuheben ist. In den letzten Jahren malte er außer Porträts auch Genrebilder, von denen nur das Madonnenfest zu Subiaco“, „Am Meeresstrande“ und „Freigesprochen“ (1887) angeführt sein mögen. Eine gewisse Beimischung von Süßlichkeit oder auch Sentimentalität wie in „Freigesprochen“ läßt sich nicht leugnen. Erfreulich in der Composition und in der charakteristischen Wiedergabe der einzelnen Personen ist dagegen seine „Sprechstunde des Prälaten Kneipp in Wörishofen“.

Der Schwerpunkt der Kunst Otto Heyden’s ist im Porträt gelegen und in allem, was von dem Porträt ausgeht. Hier versteht er es meisterlich, das geistige Leben der dargestellten Persönlichkeiten zu erfassen und außerordentlich lebendig wiederzugeben. Seine gelegentlichen Versuche auf romantischem Gebiete gelingen ihm nicht, seine Figuren besitzen zu viel Erdenschwere und reichen an verwandte Schöpfungen seines Namensvetters A. v. Heyden nicht heran. Sein Colorit ist meist gediegen, wenn auch bei einigen Bildern etwas schwerflüssig und bis ins Trübe gehend. Seine Bilder aus dem Orient entbehren der blendenden Farbe der gleichzeitigen Berliner Orientmaler. H. war Ehrendoctor der Universität Greifswald, kgl. preußischer Professor und Hofmaler. Er starb am 21. September 1897 zu Göttingen.

F. v. Reber, Geschichte der Neueren deutschen Kunst. 2. Aufl. Leipzig 1884. Bd. 3, S. 356. – H. Becker, Deutsche Maler. Leipzig 1888. S. 222 u. 548. – A. Rosenberg, Geschichte der modernen Kunst. Leipzig 1889. Bd. 3, S. 153–155. – Müller-Singer, Allgem. Künstlerlexikon. Frankfurt a. M. 1896. Bd. 2, S. 175.

[784] *) Zu Bd. L, S. 310.