ADB:Herrad von Landsberg
Relindis in das Kloster, welche von Friedrich dem Rothbart hier eingesetzt worden war, die Zucht des Klosters herstellte und [206] die Studien pflegte. H. schloß sich diesen Bestrebungen an und hinterließ als Denkmal ihres Wirkens ein Manuscript „Hortus deliciarum“ (Lustgarten), das bis zum 16. Jahrhundert im Kloster war, später in die Straßburger Bibliothek kam, aber mit dieser bei der Beschießung im J. 1870 verbrannt ist. Da es aber von der Kunstwissenschaft, besonders von Waagen und Schnaase, eingehend studirt worden, da einige Nachbildungen vorhanden sind und namentlich das Werk von Chr. Mor. Engelhardt „H. v. L. … und ihr Werk H. d.“, Stuttgart und Tübingen 1818, mit Auszügen des Textes und Proben der Miniaturen, verbreitet ist, wird diesem Codex noch immer seine Stellung in der deutschen Kunst- und Culturgeschichte gewahrt bleiben. Er bestand zuletzt aus 324 Pergamentblättern, meist in groß Folio, mit 636 colorirten Federzeichnungen, auf zwei Blättern kamen die Jahrzahlen 1159 und 1175 vor. H. hatte, nach der Vorrede das Werk „aus verschiedenen Blüthen heiliger und philosophischer Litteratur wie ein Bienlein zusammengetragen“. Den Rahmen bildete ein kurzgefaßter Bericht der biblischen Geschichte, aber an passender Stelle war stets eingereiht, was „die Philosophen durch weltliche Weisheit, die aber auch der heilige Geist inspirirte, erforscht haben“, Auszüge über Astronomie, Geographie, Naturkunde, Philosophie, freie Künste, Chronologie, Gedichte in leoninischen Versen und gereimten Trochäen waren gelegentlich eingereiht. Das Ganze sollte ein Compendium des Wissenswerthen vom Standpunkte damaliger Frauenbildung sein, von den Nonnen als Ausgangspunkt bei dem Unterricht der ihnen anvertrauten Jugend zu benutzen; der Jungfrauenschar auf Hohenburg sollte das Buch nützlich und ergötzlich sein, heißt es im Einleitungsgedicht. Daß auch die Illumination von H. selbst herrührte, ist nirgends gesagt, aber es ist wahrscheinlich wegen der Stellung der Bilder zum Text; sie schmückten ihn nicht nur, sondern setzten seine Lehrtendenz fort, bereicherten und vervollständigten ihn, so daß auf sie ein Hauptgewicht gelegt war. Da kamen großartige repräsentirende Darstellungen vor, wie die Philosophie im Kranze der sieben freien Künste, erzählende Bilder aus der Bibel, Schilderungen der letzten Dinge, geistliche Allegorien, wie der Kampf der Tugenden und der Laster, die Himmelsleiter; Personificationen wie Sonne und Mond auf ihrem Wagen, Motive des Alterthums, wie Ulysses mit den Sirenen als Sinnbild der Versuchung, waren festgehalten. Das Werk war eine Fundgrube der mannichfaltigen Gegenstände, die damals im Bereich des künstlerischen Bewußtseins lagen, nicht neue Erfindungen Herrads, sondern längst von der Tradition festgestellt, ähnlich auch vielfach nach dem Malerbuch vom Berge Athos, in der byzantinischen Kunst üblich waren. Aber die Auffassung stand nicht, wie in dieser, unter dem Bann der Vorschrift, sondern durfte im Einzelnen selbständig sein, konnte gelegentlich in das eigene Leben greifen, und ist gerade durch solche Episoden, durch die Anschauung von Tracht, Geräthen, Bewaffnung, Sitte und Lebensweise der Zeit, wie sie hier gewährt wurde, von hohem culturgeschichtlichem Werth. Der Stil war derjenige der romanischen Miniaturmalerei ihrer Blüthezeit, aber die Behandlung war nur eine dilettantische, manchen anderen Kunstdenkmälern gegenüber: immerhin, trotz keineswegs fehlerfreier Zeichnung, trotz typischer Köpfe und unsicherer Durchführung, doch in den Intentionen voll Schwung und frischer Selbständigkeit der Phantasie.
Herrad von Landsperg, seit 1167 Aebtissin des Klosters Hohenburg (Odilienberg) im Elsaß, gestorben daselbst am 25. Juli 1195, klösterliche Schriftstellerin, wahrscheinlich auch Miniaturmalerin. Sie stammte aus einem elsässischen Adelsgeschlecht, dessen Burg als Ruine sich in der Nähe des Odilienbergs erhebt und kam unter der Aebtissin