ADB:Henneberg, Johann Baptist
Emanuel Schikaneder, dem damaligen Director des Freihaustheaters auf der Wieden, angestellt. Wegen der Kränklichkeit seiner Gattin gab H. diese Stellung auf und ging im J. 1804 nach Hof an der ungarischen Grenze. Er widmete sich dort der Landwirthschaft, nahm aber trotzdem später eine Stellung als Organist bei dem Fürsten Nikolaus Eszterházy an, in Eisenstadt, wo er auch später, nach Hummel’s Abgang, die Opernaufführungen leitete. Nach der Auflösung der fürstlich Eszterházy’schen Capelle begab er sich (1813) wiederum nach Wien und wirkte daselbst als Regens chori an der Stadtpfarrkirche am Hof. Im J. 1818 wurde H., nach Sebastian Oehlinger’s Tode, Hoforganist in Wien. Er starb an den Folgen einer Verletzung, die er sich beim Orgelspiel beigebracht hatte, am 26. November 1822.
Henneberg: Johann Baptist H., Musiker. H. wurde am 6. December 1768 in Wien als Sproß einer Musikerfamilie geboren. Sein Vater war Organist am Schottenstift in Wien; natürlich wurde auch der Sohn zum Musiker ausgebildet. Er scheint lange ohne feste Stellung geblieben zu sein; 1790 wurde er als Capellmeister beiFür uns kommt aus Henneberg’s abenteuer- und wechselreichem Leben nur die Zeit von 1790 bis 1803 in Betracht, während welcher H. unter Schikaneder am Freihaustheater und am Theater an der Wien in Wien thätig war. Das Freihaustheater war von dem routinirten Principal und scrupelfreien Theaterdichter Schikaneder 1789 übernommen worden, der seine ganze aus Regensburg, wo er bisher Theaterdirector gewesen war, mitgebrachte Sänger- und Schauspielergesellschaft in den Dienst des neuen Theaters hatte übergehen lassen. Für [192] Schikaneder mußte es sich in erster Linie darum handeln, auf dem Gebiet des volksthümlichen Wiener Schauspiels seinen Concurrenten, den Director des Leopoldstädter Theaters, Marinelli mit Namen, zu schlagen. Alle für ihn verfügbaren Mittel und Kräfte stellte er in den Dienst dieses Concurrenzkampfes. Schaulust und Lachlust, Rührseligkeit und Lust an der Musik – das waren die Dinge, auf die er bei dem Publicum, mit dessen Gunst er rechnete, Rücksicht nehmen mußte. So fabricirte er denn Spektakelstücke und komische Volkspossen, Ritterstücke und Zauberoperntexte, die er möglichst rasch einstudiren und aufführen mußte. Schnelle Composition der Opern, die er oft actweise zu gleicher Zeit von verschiedenen Componisten in Musik setzen ließ, war eine Hauptbedingung für seine Existenzmöglichkeit. Daß er sich darum gerade H. als Capellmeister aussuchte, ist für diesen in gleicher Weise schmeichelhaft und verdächtig: seine besonders günstige Verwendbarkeit für solche Zwecke, ohne die ihn der geriebene Prakticus Schikaneder nimmermehr engagirt hätte, läßt ihn in gleicher Weise als einen flinken und kenntnißreichen, wie als einen oberflächlich arbeitenden Musiker erscheinen. 1790 trat H. als Nachfolger Teyber’s als Capellmeister in den Verband des Freihaustheaters. Seit 1798 führen ihn die Personaltabellen als „Capellmeister und Compositeur“. Ihm wurde im Laufe der Zeit als weiterer Compositeur ein gewisser Anton Fischer beigegeben und ein „Musikdirector“ Gebler unterstellt. Das Orchester des Freihaustheaters, eines der besten Wiener Theaterorchester, bestand damals aus im Ganzen 35 Mann (9 Violinisten, 4 Bratschisten, 3 Cellisten, 3 Contrabassisten, je 2 Flötisten, Oboisten, Clarinettisten, Fagottisten, Hornisten und Trompeter, 3 Posaunisten und 1 Paukenschläger). 1801 erscheint Ignaz Ritter v. Seyfried als Capellmeister, H. wird bloß mehr als „Compositeur“ angeführt. 1803, zugleich mit der Uebergabe der Theaterdirection von Schikaneder an Bartholomäus Zitterbarth, scheidet H. aus dem Verband des Theaters. 1804 besitzt das Schikanedertheater 2 Capellmeister, 1 Compositeur und 2 Orchesterdirectoren; das Orchester besteht aus 37 Personen.
Henneberg’s Hauptarbeit war die rasch und effectvoll zu fertigende Musik zu den von Schikaneder und seinen theatralischen Leibdichtern fabricirten Stücken. Nicht selten wurde da die Composition actweise vertheilt; so componirte H. 1798 den zweiten Act von M. Stegmayer’s ländlichem Gemälde „Das Jägermädchen“, 1799 den ersten Act von Schikaneder’s Zauberspiel „Mina und Peru oder die Königspflicht“ – beide Male theilte er sich mit Seyfried in die Arbeit. Auch zu vielen anderen meist Schikaneder’schen Dramen hat er die Musik geschrieben. Aus dem Ritterstück „Konrad Langbart von Friedburg oder der Burggeist“ hat sich ein Marsch für Blasinstrumente (in Es–dur) erhalten, desgleichen eine „Favorit-Ariette“ aus der Operette „Die Kaufmannsbude“ (A–dur,in Form einer Da capo-Arie): beide im Besitz der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde befindlichen Compositionen sind nicht ohne frisches Leben, aber recht oberflächlich gemacht. Besser sind seine Clavierauszüge, wie derjenige von Schikaneder’s Oper „Babylons Pyramiden“, oder der des zweiten Theils der „Zauberflöte“ („Das Labyrinth“), die ihn sogar als einen sehr tüchtigen und gewissenhaften Musiker erscheinen lassen. Von seinen Werken sind noch zu erwähnen zwölf Menuette für Orchester, zwölf „Deutsche Tänze“, ein paar komische Gesangsstücke und ein Tantum ergo. – Es steckt viel Wissen und Können in Henneberg’s Werken; aber auch er war ein Künstler, dem das Leben in seinem harten Drang Ruhe und geistige Freiheit fast nie vergönnt hat.