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ADB:Henckel von Donnersmarck, Erdmann Heinrich Graf

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Artikel „Henckel von Donnersmark, Graf Erdmann Heinrich“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 731–732, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Henckel_von_Donnersmarck,_Erdmann_Heinrich_Graf&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:16 Uhr UTC)
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Henckel von Donnersmark: Graf Erdmann Heinrich H. v. D., Herr auf Pölzig in Sachsen-Altenburg, geboren zu Oderberg in Schlesien den 21. Sept. 1681, gest. den 1. Sept. 1752 zu Pölzig, Pietist und Erbauungsschriftsteller des 18. Jahrhunderts. – Er war der jüngste Sohn des im Jahr 1700 verstorbenen Grafen Elias Andreas von H., Freiherrn von Donnersmarck, und seiner Gemahlin, einer geb. Freiin von Malzahn. (Ueber die genaueren Familienverhältnisse s. Büsching a. a. O. S. 3 ff. und Allg. Encyklop. Sect. II, Bd. 5, S. 391.) Die Eltern übersiedelten besonders aus Rücksicht auf die evangelische Erziehung ihrer Kinder im J. 1691 aus ihrer schlesischen Heimat Oderberg nach dem aus der Mitgift der Frau neuangekauften Rittergut Pölzig. Nachdem er mit seinen Geschwistern in dem frommen Elternhaus eine christliche Erziehung genossen, bezog er 1698 mit seinem Bruder Wenzel Ludwig die Universität Leipzig, wo er nicht blos gelehrte Kenntnisse und eine gute Bildung sich erwarb, sondern auch durch strengen Lebenswandel und Charakterfestigkeit sich auszeichnete. Verschiedene der damals vielverbreiteten Secten, wie Dippelianer, Inspirirte etc., wollten ihn in ihre Netze ziehen, aber vergeblich, da er kein Sectirer und Sonderling, sondern ein einfacher Christ sein und bleiben wollte. Nach des Vaters Tod machte er Reisen durch Frankreich, Holland und England, scheint auch eine Zeitlang in Halle sich aufgehalten zu haben, dem damaligen Hauptsitz des von Spener und Francke begründeten sog. älteren Pietismus, dem der junge Graf schon von seinem Elternhaus her sich zugeneigt hatte und worin er nunmehr durch den Verkehr mit gleichgesinnten Freunden (besonders den Grafen Reuß, die Hallenser Theologen Francke und Anton, mit J. J. Moser, Steinmetz, Büsching etc.), aber auch durch manche schmerzliche Lebenserfahrungen mehr und mehr bestärkt wurde. Nachdem die Aussichten auf Anstellung im sächsischen oder dänischen Staatsdienst sich zerschlagen, nahm er seinen dauernden Aufenthalt auf dem Gut Pölzig, das er seiner Mutter abgekauft und noch bedeutend vergrößert hatte, und führte hier ein ländliches Stillleben, theils mit Verwaltung seiner Güter und mehreren schwierigen vormundschaftlichen Verwaltungen, theils mit frommen Uebungen, Lectüre, Correspondenz, schriftstellerischen Arbeiten und einem ausgebreiteten Verkehr mit gleichgesinnten Freunden beschäftigt, die „in des Grafen paradiesischem Haus Tage unbeschreiblichen Vergnügens und Nutzens“ zubrachten. Er war zweimal vermählt, zuerst mit einer Gräfin Luise Sophie von Solms († 1717), dann seit 1727 mit der Gräfin Charlotte Marie von Leiningen-Dachsburg, die er am Stuttgarter Hof kennen gelernt hatte, wo sie bei ihrer Tante, der Herzogin Johanne Elisabeth, der Gemahlin des regierenden Herzogs Eberhard Ludwig war erzogen worden. Durch sie, die eine Schülerin des Hofpredigers Gramlich und des Stadtpfarrers Georg Konrad Rieger in Stuttgart war, trat der Graf auch mit den frommen Kreisen Süddeutschlands in Verbindung und verlebte einmal längere Zeit auf dem Schloß Stetten, dem Wittwensitz der Herzogin. Von seinen Kindern machte ihm eine Tochter erster [732] Ehe, Henriette Helene, viel Herzeleid durch eine unglückliche Liebschaft mit einem Neffen und durch ihren Uebertritt zur römischen Kirche, doch trug er dies Leid wie andere häusliche Sorgen mit stiller Ergebung und verzeihender Liebe. Aus zweiter Ehe hinterließ er einen Sohn, Johann Erdmann und eine Tochter, der Eltern Liebling und Ebenbild, verheirathet mit dem preußischen Minister und Oberhofmarschall Grafen von Bees. – Unter jenen zahlreichen „erweckten Grafen und Grafenhäusern“ in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. nimmt Graf H. unbestritten eine der achtungswerthesten Stellen ein: in der Theologie stimmte er noch wesentlich mit Spener und den älteren Hallischen Theologen überein, und wenn er auch im Aeußeren etwas von der Hallischen Form und Sprache angenommen hatte, ließ er sich doch nicht von dem Formen- und Sectengeist beherrschen, sondern war in seinem Privatleben ein Muster einfacher christlicher Gottseligkeit, wahrer Menschenliebe und kluger Thätigkeit, – ein Beispiel, daß man von vornehmer Herkunft und zugleich ein wahrer Christ sein und sich dadurch Menschen von allen Ständen nützlich und angenehm machen könne. – Von seinen Schriften war es eine, welche weite Verbreitung fand und sogar mehrere Auflagen erlebte: seine „Christlichen Sterbestunden“ oder wie der Titel vollständiger lautet: „Die letzten Stunden einiger der evangelischen Lehre zugethanen, selig in dem Herrn entschlafenen Personen von unterschiedlichem Stand, Geschlecht und Alter, zum Lob Gottes und zu allgemeiner Erweckung, Erbauung und Stärkung zusammengetragen“. 4 Theile. Halle, 1720–33, mit Vorrede von Dr. Anton. Der erste Theil erlebte 2, der zweite 3, der dritte 2 Auflagen; das Werk, zunächst durch des Grafen Trauer um seine frühverstorbene erste Gemahlin veranlaßt, enthält biographische Nachrichten über Leben und Sterben von 51 verschiedenen Personen, aus verschiedenen Quellen geschöpft und zu erbaulichen Zwecken zusammengestellt, gleichsam „als ein collegium privatissimum über die wichtige Kunst, selig zu sterben“. – Von weiteren Schriften werden ihm beigelegt: eine Gratulationsrede an König Friedrich I. von Preußen, Halle 1701. Folio; „Schatzkästlein mit Sprüchen und Gedichten“. Grätz 1715, 16 und „Vorrede zum Responsum einer theologischen Facultät, ob es verboten sei, Geschenke anzubieten“. Berlin 1722, 8.

S. Adelung zu Jöcher; Büsching, Beiträge zur Lebensgeschichte denkw. Personen Th. 4, S. 1–50; Hirsching, Handb. III, 103; Meusel, Lex. Bd. V, S. 357; A. G. Hoffmann in der Allg. Enc. II, Th. 13, S. 152 fl.; Fr. W. Barthold, Die Erweckten, in Raumers hist. Taschenbuch III. Folge. 4. Jahrg. Leipzig 1853, S. 171 ff.; Tholuck, Gesch. des Rationalismus. Berlin 1865, S. 74.