Zum Inhalt springen

ADB:Heer, Jakob

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Heer, Jakob“ von H. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 96–98, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heer,_Jakob&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:54 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Hecker, Karl von
Nächster>>>
Heer, Oswald
Band 50 (1905), S. 96–98 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juni 2016, suchen)
Jakob Heer in Wikidata
GND-Nummer 116565012
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|50|96|98|Heer, Jakob|H.|ADB:Heer, Jakob}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116565012}}    

Heer: Jakob H., von Glarus, wurde am 12. April 1784 in Kerenzen (Kt. Glarus) als Sohn des dortigen Pfarrers geboren. Nach dem Tode seines Vaters 1796 ward er von seiner Mutter für den Kaufmannstand bestimmt, wandte sich dann aber aus eigenem Entschluß doch im Einverständniß mit seinen Verwandten der Theologie zu und bezog die Hochschule Basel, wo er gleichzeitig im Umgang mit den Pestalozzischülern Tobler und Nenny Einblick und Verständniß für die neue Lehrmethode gewann. Schon 1802 ward er in seinem Heimathkanton ordinirt und erhielt das Diakonat in Mollis, mit dem zugleich Lehrthätigkeit an der dortigen Gemeindeschule verbunden war. 1805 siedelte er als Pfarrer in den Kanton St. Gallen über, zunächst nach Azmoos, 1807 nach Henau im unteren Toggenburg; hier holte er mit eisernem Fleiße die Mängel seiner wissenschaftlichen Bildung nach, die die Kürze seiner Studienzeit und dann der sofortige Uebergang in die pfarramtliche Praxis verschuldet [97] hatten. Infolge schwerer Erkrankung resignirte er 1811 von seiner Stelle und trat nun als Lehrer der alten Sprachen und der Mathematik in das neubegründete von seinem jüngeren Bruder geleitete Institut in Glarus ein. Die Noth der Zeit brachte aber diese Anstalt höherer Bildung im Kanton Glarus nach hoffnungsvollen Anfängen an den Rand der Auflösung, was Jakob H. bewog, 1816 die Wahl zum Pfarrer der glarnerischen Gemeinde Matt anzunehmen, wo er nun sechsunddreißig Jahre lang segensreich wirkte; zunächst für die Interessen seiner Gemeinde, die wie das ganze Land in den Hungerjahren 1816/1817 und unter deren Folgen schwer litt. Mit Erfolg verwandte er sich für den Bau einer Straße und für geordneten Betrieb des Plattenbergwerks, wodurch Verdienst in das bis jetzt vom Verkehr ganz abgeschlossene Sernfthal und vor allem in das zunächst gelegene Matt kam. Dem Schulwesen half er mit Sachkenntniß und Energie auf, verwandte seine Mußezeit zur Heranbildung junger Lehrer und ermöglichte durch Veranstaltung einer Collecte durch das ganze Land den Bau eines neuen Schulhauses in dem zu Matt gehörenden Dorfe Engi. Der glänzende Erfolg dieser Geldsammlung ermuthigte ihn, die Gründung eines kantonalen Schulvereins in die Hand zu nehmen, der unter seiner Leitung am 1. März 1832 zustande kam und auf dem Wege freier Thätigkeit im Geiste Heer’s vor allem für die Heranbildung tüchtiger Lehrer („ein allseitig ausgebildeter, geistig und moralisch tüchtiger Lehrer ist die beste Schulmethode, das beste Schulbuch und das beste Schulgesetz!“) thätig, aber auch für die Erstellung neuer Schulhäuser und für all das zu sorgen bemüht war, was das Schulwesen mit Erfolg in einem Kanton fördern konnte, dessen Bevölkerung bis dahin nach der Confession auch politisch auseinanderging und dessen Gemeinden im Schulwesen völlig autonom (der Kanton als solcher verausgabte für letzteres 1829 volle fl. 210) dastanden. Dem thatkräftigen und zielbewußten Eingreifen dieses Vereins verdankte der Kanton, daß ringsherum die Schulverhältnisse sich rasch hoben und schon 1835 durch Landsgemeindebeschlüsse die Grundlagen für die staatliche Regelung derselben gelegt wurden. H. war und blieb wie der Leiter, so die Seele dieser Bestrebungen, die er durch seinen gedruckten „Plan zur Stiftung eines Vereins von Freunden des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens im Kanton Glarus“ (Glarus 1832) eingeleitet, durch seine Schrift „Das Volksschulwesen in Demokratien“ (Glarus 1832/33) in den Anfängen ihrer Verwirklichung begleitet hatte und nachher mit seiner Broschüre „Einige Worte der Belehrung, der Warnung und des Trostes hinsichtlich der neuesten kirchlichen Vorfälle im Kanton Zürich an meine geliebten Mitbürger“ (Glarus 1839) vor den Rückschlägen zu bewahren suchte, die infolge der durch die Berufung von Dr. Strauß an die zürcherische Hochschule veranlaßten Volksbewegung zu befürchten standen. Eine Reihe von Jahren wirkte er als kantonaler Schulinspector; seine Befähigung zum praktischen Pädagogen fand auch außerhalb des Kantons so sehr Anerkennung, daß ihn Fellenberg zur Leitung des Lehrerbildungscurses berief, den er im Sommer 1834 auf Hofwyl abhalten ließ; als Mitredacteur bethätigte H. sich bei der ersten größeren vaterländischen, pädagogischen Zeitschrift, den „Allgemeinen schweizerischen Schulblättern“ 1835–45; seinen Ruf als Methodiker trug in weiteste Kreise sein mehrbändiges „Methodisches Lehrbuch des Denkrechnens“, das zuerst 1836 im Druck erschien; wol die größte Wirkung hat dasselbe in der nächsten Umgebung, im eigenen Kanton, gethan, wo das Erscheinen dieses Werkes geradezu das Durchbrechen einer rationellen Rechenmethode in der Schule bezeichnet.

Auch als H. infolge zunehmenden Alters 1842 seine Pfarrstelle in Matt [98] aufgab und sich von den Bergen in die Ebene zurückzog, setzte er, bis in sein hohes Alter unermüdlich thätig und geistig völlig rüstig, sein pädagogisches Wirken weiter, 1842–53 als Vorsteher einer von ihm gegründeten Privaterziehungsanstalt in Wädensweil (Kanton Zürich), nachher in der Nähe von Zürich selbst, in der Erziehung seines jüngsten Sohnes und einiger junger Leute, die er in sein Haus aufnahm. Hier ist er, nahezu achtzigjährig, im Januar 1864 gestorben.

Gottfried Heer, Pfarrer Jakob Heer, in Hunziker’s Geschichte der schweizerischen Volksschule Bd III, S. 311 ff.
H.