ADB:Hartung, Johann
Ferdinand I., wobei er immer seinen Lieblingsdichter, den Homer, bei sich trug. Nach Heidelberg zurückgekehrt übernahm er die Leitung der Realistenburse und widmete sich mehrere Jahre lang dem Studium der Rechtswissenschaft; doch zog ihn seine Neigung immer wieder zu den Griechen und er übernahm daher mit Freuden nach Micyllus’ Weggang von Heidelberg (im Herbst 1537) die Professur der griechischen Sprache an der Universität. Nach neunjähriger Lehrthätigkeit in Heidelberg folgte er einem Rufe als Professor der griechischen und hebräischen Sprache an die Universität Freiburg, wo er vom Beginn des Wintersemesters 1546/47 bis zu seinem am 16. Juni 1579 erfolgten Tode mit großem Erfolg über die griechischen Dichter (mit Vorliebe über Homer, Euripides und Theokrit) und einige griechische Prosaiker, bisweilen auch über Werke der römischen Litteratur Vorlesungen hielt, in welchen er seinen Stoff mit fast ängstlicher [713] Gründlichkeit, aber mit großer Klarheit behandelte. Die Professur der hebräischen Sprache trat er schon im Juni 1552 an Oswald Schreckenfuchs ab, übernahm aber nach dem Rücktritt Glareans (1560) eine Zeit lang neben seiner Professur der griechischen Sprache auch die der Poesie. Schriften: „Prolegomena in tres priores Odysseae Homeri rapsodias“, Frankfurt 1539 (kurze, durchgängig an Erklärung einzelner Worte oder Phrasen anknüpfende Erläuterungen zu den drei ersten Büchern der Odyssee). „Chilias Homericorum locorum qui a diversis Pindari, Hesiodi, Aristophanis, Aeschyli, Euripidis, Sophoclis etc. interpretibus vel sine autoris nomine vel mutilati usurpantur“, Basel 1568. „Decuria locorum quorundam memorabilium ex optimis quibusque authoribus cum Graecis tum Latinis excerptorum“, Basel 1559 (kritische und exegetische Bemerkungen zu einzelnen Stellen griechischer und lateinischer Schriftsteller; zu dieser ersten kamen noch drei weitere Decurien hinzu, Basel 1563–1568). „Apollonii Rhodii Argonauticorum libri quatuor nunc primum latinitate donati atque in lucem editi“, Basel 1550. „Lexicon graeco-latinum post Conradum Gesnerum – postremo nunc non mediocriter auctum“, Basel 1550 u. ö. Kurze Anmerkungen Hartung’s zu Virgils Aeneide finden sich in der Ausgabe des Virgil, Basil. apud Henr. Petri 1551 (wiederholt 1561 und 1575), zu den Gedichten des Horaz in der Ausgabe des Horatius ebd., 1555. Aus den von H. für seine Vorlesungen über Cicero „De officiis“ gesammelten Adversarien hat sein Schüler und Nachfolger, Johann Jacob Beurer, eine Sammlung moralischer Geschichten und Anekdoten herausgegeben unter dem Titel „ΗΘΙΚΙΣΤΟΡΙΑ sive Centuriae duae lectissimarum historiarum; ex adversariis Joann. Hartungi quondam V. Cl. doctissimique depromptae; Lemmatibus instructa [sic]; et ita dispositae ut aureo Lib. I Officiorum Ciceronis respondeant“, Hanau 1621.
Hartung: Johann H., Philolog, war im J. 1505 zu Miltenberg in Franken von dürftigen Eltern geboren. Unter harten Entbehrungen machte er in Heidelberg theologische und philologische Studien, die er aus Mangel an Subsistenzmitteln wiederholt unterbrechen mußte: so hielt er einige Zeit lang eine Schule zu Frankfurt und zu Alzei, arbeitete als Corrector in einer Druckerei in Augsburg, begleitete den Grafen von Falkenstein als Secretär durch Lothringen und Frankreich und diente endlich im J. 1532 in Ungarn als Soldat unter König- Vgl. Dr. Heinrich Schreiber, Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Breisgau, II. Theil, S. 179 ff. (Die von diesem benutzte Schrift J. J. Beurer’s Joh. Hartungus sive oratio in eiusdem obitum, Argentorati 1583, stand mir nicht zu Gebote.)