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ADB:Haimerl, Franz Xaver

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Artikel „Haimerl, Franz Xaver“ von Anton Victor Felgel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 387–388, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haimerl,_Franz_Xaver&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:36 Uhr UTC)
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Haimerl: Franz Xaver H., wurde geb. am 15. Februar 1806 in dem Dorfe Gröna bei Marienbad in Böhmen, wo seine Eltern eine kleine Bauernwirthschaft besaßen. In der Dorfschule zu Ottenrieth erhielt er dürftigen Elementarunterricht. Nachdem er das Gymnasium in Eger absolvirt hatte, begab er sich an die Universität nach Wien. Mühsam verdiente er sich dort seinen Lebensunterhalt durch Ertheilung von Unterricht und Besorgung von Schreibereien und Correcturen, während er die philosophischen und juristischen Studien zurücklegte. Dolliner, Egger, Kudler, Springer, Wagner, Winiwarter waren seine hervorragenden Rechtslehrer. Insbesondere nahm sich Wagner des talentvollen und fleißigen Schülers mit väterlicher Liebe an. Nach dem Tode Wagner’s – 1833 – wurde H., der mittlerweile das Doctorat der Rechte erlangt und Wagner’s Lehrkanzel zeitweise versehen hatte, supplirender Professor derselben und in der Folge den commissionellen Berathungen beigezogen, die bei der niederösterreichen Regierung über den Entwurf einer Wechselordnung stattfanden. Das J. 1836 brachte seine Ernennung zum ordentlichen öffentlichen Professor des Handels- und Wechselrechts, des civilgerichtlichen Verfahrens in und außer Streitsachen und des Lehenrechtes an der Universität Prag. Um die neue Wechselordnung in ihrer Anwendung praktisch kennen zu lernen, trat er 1846 bei dem Prager Handels- und Wechselgericht als Votant ein. Im J. 1848 begründete er in Prag einen juridischen Leseverein und wurde dessen erster Präsident. In demselben bewegten Jahre wurde H. von dem Grafen Stadion, der damals Gubernial-Präsident in Prag war, als Vertrauensmann in eine Commission, welche derselbe zur Berathung der drängenden Zeitfragen sich an die Seite gestellt hatte, berufen, und trat später auch in den durch Verschmelzung dieser Commission mit dem tschechischen St. Wenzels Comité entstandenen sogen. Nationalausschuß, der die Vorbereitungen für den ersten böhmischen Landtag besorgen sollte. Ohne sich darum beworben zu haben, in zwei Bezirken gewählt, nahm H. als Deputirter für den deutschen Bezirk Elbogen (in Böhmen) an den Berathungen des österreichischen constituirenden Reichstages in Wien und Kremsier Theil. Er richtete in dieser Stellung ein vorzügliches Augenmerk auf Hebung und Förderung des Unterrichtswesens, namentlich in Kremsier als Vorstand des Schulausschusses. Mit Entschiedenheit und Ausdauer stand er zur deutschen Partei. Nationalen, namentlich tschechischen Velleitäten trat er mit muthiger Entschlossenheit entgegen. Im Mai 1849 forderte der Minister Bach ein Gutachten von ihm über die beabsichtigte Auflösung des Lehensbandes. Die Reform kam aber damals bekanntlich nicht zur Durchführung und die Allodialisirung der Lehen blieb einer späteren Zeit vorbehalten. An Leeb’s Stelle als ordentlicher öffentlicher Professor an die Wiener Universität berufen – 1852 – wurde H. Mitglied der judiciellen und 1856 Präses der rechtshistorischen Staatsprüfungs-Commission, wiederholt – 1855 und 1861 – Decan des rechts- und staatswissenschaftlichen Professoren-Collegiums und 1863–64 Rector der Wiener Universität. Dem zur Berathung des Entwurfes einer Civilproceßordnung, welche auf den von ihm in Wort und Schrift stets verfochtenen Grundsätzen der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit basirte, im österreichischen Justizministerium 1860 eingesetzten Comité, wurde auch H. beigezogen. Neben dieser [388] Wirksamkeit in Lehr- und Sitzungssälen lief eine reiche litterarische Thätigkeit her, deren Beginn in Haimerl’s Studienjahre zurückreicht. Er weilte noch als Rechtshörer an der Universität, als er schon an der Redaction der Wagner’schen „Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit“ sich betheiligte. Die Anzeigen, Abhandlungen und Kritiken, welche H. für diese Zeitschrift bis 1849 schrieb, sind alle in Stubenrauch’s Bibliotheca juridica austriaca verzeichnet. Außerdem betheiligte sich H. als Mitarbeiter an der „Deutschen Zeitung für Böhmen“ und an mehreren rechtswissenschaftlichen Fachblättern, namentlich dem von ihm begründeten und herausgegebenen „Magazin für Rechts- und Staatswissenschaft“ und dessen Fortsetzung „Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Rechts- und Staatswissenschaft“. Haimerl’s selbständige Publicationen, welche in den J. 1832–57 erschienen und zumeist das österreichische Civilproceßrecht mit Einschluß der freiwilligen Gerichtsbarkeit (adeliches Richteramt), das Lehen-, Handels- und Wechselrecht behandeln, sind in Wurzbach’s Biogr. Lex. Bd. VII, S. 217 ff. aufgezählt. Haimerl’s College (später Minister) Dr. Unger sagt, die besondere Bedeutung Haimerl’s als Rechtsgelehrter liege in dessen wissenschaftlicher Methode, die er kurz charakterisirt als „die Wiederanknüpfung des österreichischen Particularrechts an das gemeine deutsche Recht, als die Wiederherstellung des Zusammenhanges zwischen beiden“. Derselbe Rechtslehrer und Staatsmann rühmt den Fleiß und Scharfsinn, die Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit Haimerl’s, sein entschiedenes Wesen und die pünktliche Genauigkeit seiner Pflichterfüllung. H. starb zu Wien am 12. October 1867.

Wurzbach, Biogr. Lex. Bd. VII. S. 216–218 u. Bd. XI. S. 424. – Rede bei der feierlichen Inauguration des Rector magnificus F. X. Haimerl am 1. October 1863, gehalten von Prof. Joseph Unger in der Oesterreich. Wochenschrift für Litteratur, Kunst etc. (Beil. d. Wiener Ztg.) 1863, Bd. II. S. 417.